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Pentagon-Sprecher John Kirby erklärte bei einer Pressekonferenz die Hintergründe des Angriffs.

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Damaskus/Bagdad/Teheran – Die US-Luftwaffe hat auf Befehl des neuen Präsidenten Joe Biden Milizenstellungen im Osten Syriens angegriffen. Es war der erste offiziell bekannt gewordene Militäreinsatz unter Bidens Oberbefehl. Ziel seien Anlagen von Einheiten gewesen, die vom Iran unterstützt würden, teilte das US-Verteidigungsministerium am Donnerstag mit. Es handle sich um eine Reaktion auf Raketenangriffe auf US-Ziele im Irak, die solchen Milizen zugeschrieben werden. Russland verurteilte die Angriffe.

Das syrische Außenministerium nannte den Militäreinsatz am Freitag einen "offenen Verstoß" gegen internationales Recht und eine "feige Aggression", wie die staatliche Agentur Sana berichtete. Er reihe sich in eine Serie von anderen Angriffen gegen die Souveränität Syriens ein, die unter "fadenscheinigen Vorwänden" erfolgt seien.

Auch der Iran kritisierte die Luftangriffe scharf. "Diese illegalen Angriffe sind ein klarer Verstoß gegen internationales Recht und die territoriale Integrität Syriens", sagte Außenamtssprecher Said Khatibsadeh am Freitagabend. Solche "Aggressionen" würden die Krise in Syrien nur weiter eskalieren und die Friedensbemühungen untergraben, so der Sprecher laut Nachrichtenagentur Tasnim.

Mindestens 19 Tote laut Ärzten

Das syrische Staatsfernsehen berichtete am Freitag, die Angriffe hätten mehreren Gebieten an der Grenze zum Irak gegolten. Ärzte und Behördenvertreter vor Ort sprachen von mindestens 19 Toten, die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte sprach von mindestens 22 getöteten Milizionären. Auch wenn die USA offenbar eine Eskalation vermeiden wollen, könnte der Angriff auf Verbündete des Irans mögliche Beratungen zwischen beiden Ländern über das internationale Atomabkommen erschweren.

Bidens Entscheidung, zunächst Milizenstellungen nur in Syrien und nicht auch im Nachbarland Irak anzugreifen, gibt der dortigen Regierung Zeit, ihre eigenen Untersuchungen des Angriffs auf US-Einrichtungen am 15. Februar voranzutreiben. Bei diesem Angriff auf einen US-Militärstützpunkt auf dem Flughafen von Erbil im Nordirak waren ein ziviler Mitarbeiter getötet und mehrere Menschen verletzt worden, darunter ein US-Soldat. Den Angriff reklamierte die kaum bekannte Gruppe Saraja Aulija al-Dam für sich, der Verbindungen zum Iran nachgesagt werden.

Mehrere Optionen

"Präsident Biden wird handeln, um amerikanische Soldaten und Soldaten der Koalition zu schützen", sagte Pentagon-Sprecher John Kirby. "Zugleich haben wir bewusst gehandelt, um die Gesamtsituation in Ostsyrien und im Irak zu deeskalieren." Die Angriffe hätten mehrere Einrichtungen an einem Grenzkontrollpunkt zerstört, der von einer Reihe militanter Gruppen genutzt worden sei, die Unterstützung vom Iran erhielten.

Unter diesen Gruppen seien die Kataib Hisbollah und die Kataib Sayyid al-Schuhada. Die Kataib Hisbollah ist eine der wichtigsten Milizen im Irak, die Verbindungen zum Iran unterhält. Sie hat eine Verwicklung in den Angriff auf den Stützpunkt in Erbil sowie weitere Attacken auf US-Ziele im Irak bestritten.

Aus US-Regierungskreisen verlautete zudem, mit der Entscheidung für die Luftangriffe solle das Signal gesendet werden, dass die USA zwar die Milizen bestrafen wollten, dies solle aber nicht zu einem größeren Konflikt führen. Biden seien mehrere Optionen für einen Angriff vorgelegt worden, und er habe den am engsten begrenzten gewählt.

Kritik aus Moskau

Der russische Außenminister Sergej Lawrow sagte der Nachrichtenagentur RIA zufolge, die USA hätten Russland mehrere Minuten Vorwarnzeit gegeben. Ein solcher Zeitrahmen sei unangemessen. Laut Interfax rief Lawrow die US-Regierung auf, den Kontakt mit Russland in der Syrien-Frage wieder aufzunehmen, um Bidens Position dazu darzulegen. Eine Sprecherin des Außenministeriums sagte, Russland verurteile den Angriff scharf. "Wir fordern die bedingungslose Achtung der Souveränität und der territorialen Integrität Syriens."

Irans Außenminister Jawad Zarif telefonierte wenige Stunden nach dem Angriff mit seinem syrischen Amtskollegen. Beide Seiten hätten unterstrichen, dass der Westen sich an die Resolutionen des UN-Sicherheitsrates bezüglich Syrien halten müsse, erklärte die Regierung in Teheran.

Die deutsche Bundesregierung gab dem Nato-Partner USA für den Einsatz Rückendeckung. Es handle sich um eine Reaktion auf Raketenattacken gegen Angehörige der Anti-IS-Koalition im Irak, die "scharf zu verurteilen" seien, sagte Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer am Freitag in Berlin. (APA, 26.2.2021)