200 Topfpflanzen wird es im Eingangsbereich des Hotel Gilbert geben.

Visualisierung: BWM Architekten

Die Glocken der Peterskirche im ersten Bezirk Wiens läuten – und übertönen fast den Lärm der Großbaustelle nebenan. In der früheren Zentrale der Erste Bank am Graben entsteht in fünf Gebäuden ein Hotel der Luxuskette Rosewood. Und das inmitten einer Pandemie, durch die im Vorjahr der Wiener Hotellerie mehr als 70 Prozent der Nächtigungen weggebrochen sind.

Corona führt bei einigen Entwicklern und Hoteliers bereits zu einem Umdenken. Bei manchem geplanten Hotelprojekt, aber auch in existierenden Häusern stellt man sich die Frage, wie und ob es weitergehen soll. Auch wenn es bisher in den meisten Fällen noch bei Überlegungen bleibt: "Diese Diskussionen kriegen wir mit, und wir führen sie auch", sagt Martin Schaffer vom Beratungsunternehmen mrp hotels.

Verzögerungen bei Eröffnungen

Drei Szenarien würden bei solchen Diskussionen in Betracht gezogen. Erstens: einen neuen Deal mit dem Bestandspächter auszuverhandeln. Zweitens: sich einen neuen Pächter zu suchen. Drittens: eine Umnutzung, etwa in ein Wohnhaus. Denn gewohnt wird auch in der Pandemie. Nur die Sache mit dem Urlaub ist durch Corona schwierig geworden. Im Leopoldquartier der UBM im zweiten Bezirk wurden daher Pläne, ein 700-Betten-Hotel zu errichten, mittlerweile verworfen.

Und bei einigen geplanten Eröffnungen habe es im Vorjahr Verzögerungen gegeben, berichtet eine Sprecherin von Wien-Tourismus. Rund 20 neue Hotels wurden bzw. werden in Wien heuer fertig, darunter das Hotel Motto auf der Mariahilfer Straße und die Superbude im zweiten Bezirk. Auch für die Folgejahre sind Häuser in der Pipeline.

Grüne Fassade

Im siebten Bezirk ist man schon weiter. In der Breite Gasse wird an einem neuen Hotel in mehr oder weniger alter Hülle gebaut. Aus dem ehemaligen Hotel Viennart wird durch ein Refurbishment das Gilbert. "Vom Timing her hatten wir großes Glück", sagt Geschäftsführer Jörg Kleindienst-Giendl, der auch das frühere Hotel betrieben hat.

Geplant war schon lange vor Corona, das Hotel im Mai des Vorjahres für ein Jahr zu schließen, um dem Bestandsgebäude nach Plänen der BWM Architekten einen skandinavisch anmutenden Anstrich zu verpassen. Derzeit ist man hinter dem Museumsquartier noch mit dem Dachausbau beschäftigt. Die Pflanzen für die grüne Fassade wachsen aber bereits in den Niederlanden und werden Mitte Mai an der Fassade angebracht. Die unterschiedlichen Pflanzen sollen das ganze Jahr über für Grün in der grauen Stadt sorgen.

Auch sonst wird Grün im Gilbert eine große Rolle spielen. 200 Topfpflanzen werden allein in der Hotellobby ihren Platz finden. "Das Gießen wird viel Arbeit werden, aber das kriegen wir hin", sagt Kleindienst-Giendl und schmunzelt. 57 Zimmer entstehen, und damit etwas weniger als im Vorgängerhotel. Im Dachgeschoß wird es Apartments mit Kochmöglichkeit, eines sogar mit eigener Sauna geben.

Rückkehr der Konferenzen

Mit diesem Angebot richtet man sich vorrangig an Individualreisende. Kleindienst-Giendl glaubt nämlich nicht, dass Geschäftsreisende im selben Umfang zurückkommen werden wie vor Corona. "Man hat bemerkt, dass sich vieles via Skype erledigen lässt", sagt er. Und dass Leute nicht mehr für alles in den Flieger steigen, das befürworte er auch.

Hotelexperte Martin Schaffer glaubt trotzdem nicht, dass Onlinemeetings die analogen Konferenzen ganz ablösen werden: "Ich glaube, dass das Networking auf den Konferenzen vielen schon abgeht."

Was von Corona bleibt

Im Sommer soll das Gilbert hinter dem Museumsquartier jedenfalls aufsperren – wenn es die Corona-Situation zulässt. Mit einer Rückkehr zur wirtschaftlichen Normalität rechnet Kleindienst-Giendl aber erst ab 2024. Doch er ist sich sicher: "Die Touristen werden wiederkommen." Und auch wieder unbeschwert Urlaub machen.

Kleinere Verhaltensänderungen könnten von Corona aber erhalten bleiben: In Kleindienst-Giendls Hotel wurden Frühstücksbuffets schon vor vier Jahren abgeschafft – und zwar aus Hygienegründen. Auch im Gilbert wird es nur ein Frühstück à la carte für die Gäste geben. Diesen Verlust des All-you-can-eat-Prinzips betrauern die einen, die anderen finden das gut. Kleindienst-Giendl selbst zum Beispiel: "Wenn man der Pandemie etwas Gutes abgewinnen will, dann, dass es das Ende der Frühstücksbuffets bedeutet." (Franziska Zoidl, 27.2.2021)