Norman Fowler will, wie er sagt, keine Zeit verlieren.

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83 Jahre alt und kein bisschen müde: Norman Fowler, seines Zeichens Vorsitzender des britischen House of Lords, will es noch einmal wissen. Am Donnerstag kündigte der Konservative an, als "Lord Speaker" zurücktreten, um sich voll und ganz seiner politischen Leidenschaft widmen zu können, dem Kampf gegen HIV und für die Rechte der LGBTQI-Minderheit nämlich.

Fowler, dessen fünfjährige Amtszeit ohnehin im September geendet hätte, will ab April "offen über politische Themen sprechen", die ihn zeit seiner 50-jährigen Karriere als Abgeordneter im britischen Ober- und Unterhaus bewegen. "Ich bin 83, und wenn ich nicht aufpasse, werde ich keine Zeit mehr haben, eine neue Karriere zu beginnen", erklärte er den bass erstaunten Lords und Ladys in seiner Kammer.

Der überzeugte Konservative, der unter der "Eisernen Lady" Margret Thatcher in den 80er-Jahren als Gesundheitsminister als einer der ersten über die damals neue Seuche Aids sprach, will zu diesem Zweck auch aus der Tory-Fraktion ausscheiden und fortan als Unabhängiger tun, was er tun zu müssen glaubt.

"Stirb nicht an Unwissenheit"

Damals, als Fowler noch in hohen Regierungsweihen stand, galt der frühere Journalist ("The Times") als Vorreiter, was die Aufklärung der Britinnen und Briten über die Gefahren der Aids-Pandemie betrifft. Ein von ihm in Auftrag gegebener TV-Werbespot, in dem der Grabstein eines Aidstoten ("Don't die of Ignorance" – Stirb nicht an Unwissenheit) zu sehen ist, erwies sich als richtungsweisend. 35 Millionen Menschen sind bisher Schätzungen zufolge an den Folgen einer HIV-Infektionen gestorben.

HBO Max

Nun sollte abermals das Fernsehen zu einem wichtigen Wegstein in Fowlers politischem Leben werden. Seinen Rücktritt als Lord Speaker habe er erwogen, als er sich wenige Tage zuvor die überaus erfolgreiche Channel-4-Miniserie "It's a Sin" angesehen hat, erzählte Fowler den Parlamentariern. Dort wird der Ausbruch der HIV-Krise im Großbritannien der 80er-Jahre nacherzählt – einer Zeit also, in der Fowler selbst schon an vorderster Front kämpfte. 1986, erinnert er sich, habe er gegen den Widerwillen seiner Chefin Thatcher die erste Informationsbroschüre des Landes durchgesetzt, in der die Übertragungsarten der damals neuen Krankheit dargestellt wurden.

Nun will Fowler den Rest seines politischen Lebens ganz dem Bestreben widmen, dass Aids und HIV auch in Zeiten von Corona nicht in Vergessenheit geraten. (flon, 26.2.2021)