Bei Luigi Zucchino gibt es Espressi und eine schnelle Nadel für die Änderung.

Foto: Gregor Fauma

Manche Begebenheiten des Alltags sind so richtig lästig. Dazu gehören Fälle für die Änderungsschneiderei. Ist so eine Schneiderei in österreichischer Hand, hat sie meist geschlossen. Wird sie von Türken betrieben, bekommt man problemlos, was man braucht. Wird sie von Italienern geführt, geht es zusätzlich presto, und schon ist das Kleidungsstück pronto. So in der Textilwerkstatt XÒ in der Alser Straße 39.

Das Geschäft ist ziemlich italienisch, also das Design passt. Hell, fesch ausgestattet, gut inszeniert – das soll eine Änderungsschneiderei sein? Schöne Stoffe, wo man hinsieht. Aus diesen kann man sich Covid-Masken maßschneidern lassen, die zur Bluse, zum Stecktuch oder zur Krawatte passen. Man kann sich aber auch um lächerliche 80 Euro eine Jeans anfertigen lassen, die bereits auf spätere Reparaturen vorbereitet ist. Um jene Stellen, an denen Jeans am ehesten verschleißen, sind bereits Nähte angebracht, sodass man im Schadensfall flott den Stoff lokal tauschen kann.

Tempo ist für Betreiber Luigi Zucchino alles. Egal was man am Kleidungsstück geändert oder repariert haben möchte: Zucchino und seine Mitarbeiterinnen machen das binnen weniger Minuten.

Das Warten wird in einem Coffee-Corner mit Espresso, Wasser und Zeitschriften überbrückt – oder man geht auf ein Sandwich zu Punky's Whips, dem neuen Laden in der Spitalgasse. Eine australische Bäckerei, die aus Innungsgründen noch kein selbstgebackenes Sauerteigbrot verkaufen, dieses aber aufgeschnitten und belegt unter die Leut bringen darf: Egg Brioche, Chicken Mama Sandwich, vegane Sandwiches – der Duft allein wäre Grund genug, in Zeiten des Lockdowns vor dem Eingang herumzulungern. Wenn man dann dran ist, kauft man sich ein paar Cinnamon Buns und geht damit hausieren. Macht beliebt, versprochen!

Schon sind zwanzig Minuten um, und man kann sich seinen wiederhergestellten Fummel von der Änderungsschneiderei abholen. Das Tempo in der Textilwerkstatt ist das eine, das andere sind die Preise. Die Schnellreparaturen sind auffällig preiswert. Schritt flicken – unter zehn Euro. Futter der Hosentasche stopfen, ab zehn Euro. Hose komplett enger schneidern, keine 30 Euro, und der Rocksaum ist ab 16 Euro repariert oder verändert.

Die niedrigen Preise gingen nur durch das hohe Volumen an Aufträgen, erklärt Luigi Zucchino. In Italien gibt es von diesen Geschäften 75 Filialen, die erste Filiale war in Mailand. In Wien gäbe es viel zu wenige Schneidereien wie die seine, meint er. Da wäre noch richtig Business zu machen. Zucchino hasst es, wenn Kleidung wegen kleiner Schäden entsorgt wird. In einer Jeans steckten über 7.600 Liter Wasser, die im Rahmen der Produktion notwendig seien. So eine Hose durch eine neue zu ersetzen habe in einer ressourcenschonenden Gesellschaft einfach keinen Platz mehr. Zucchinos Helden sind auch nicht die glitzernden Modemacher seiner Heimat; es hängen Bilder von Mahatma Gandhi, Iqbal Masih und Rosa Parks an den Wänden. Ein klares Statement. (Gregor Fauma, 26.2.2021)