Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP).

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Wenn nicht einmal mehr Peter Filzmaier und Thomas Hofer sich die Politik von Sebastian Kurz erklären können – und der Bevölkerung schon gar nicht –, wie sollen sich dann erst gewöhnliche Journalisten im angemaßten Handwerk bewähren? "Man weiß nicht, ob er hier als Kanzler oder als Parteichef agiert", betätigte sich Filzmaier als Nussknacker an einer längst geknackten Nuss. Und Hofer, auch im "Standard", sprach von der enttäuschten Erwartung, "dass es auf einer sachlichen Ebene bleibt", die Auseinandersetzung nämlich mit der Justiz.

Die Verständnislosigkeit für das Geniale am Bundeskanzler hat in den letzten Tagen also stark zugenommen, wie selbst dem "Kurier" anzumerken war. Dienstag erlaubte sich die Chefredakteurin einen Lechzer nach Veränderung: Sehnsucht nach einer Brigitte Bierlein, sprach sie sich in ihrem Leitartikel Kummer von der Seele. Die Vorstellung ist verlockend: Wäre eine reine Expertenregierung denn nicht um vieles besser als ein politisches Kabinett? Das kommt immer auf das politische Kabinett an, aber vor einer Beantwortung der Qualitätsfrage rettete sie sich in die grundgesetzliche Realität: Wer Politiker/innen abschaffen will, rüttelt an der demokratischen Verfassung. Und das ist Sebastian Kurz auch wieder nicht wert.

Satire der Verzweiflung

Zwei Tage später an derselben Stelle: Die ÖVP am falschen Dampfer, hieß es da, voll böser Vorahnungen: So wird das nichts mit dem Neustart nach der Krise. Es gab aber, in den "Salzburger Nachrichten", auch einen konstruktiven Vorschlag, Kurz wenigstens vor einer von ihm aufgebauschten und der Staatsanwaltschaft dementierten Namensverwechslung zu schützen. Er bestand in der Forderung nach einer gesetzlichen Namensraritätenpflicht. Paragraf 1: Der Bundeskanzler hat Unterhochreutmayer zu heißen. Paragraf 2: Wenn er nicht Unterhochreutmayer heißt, hat er sich Obermittermeierhuber zu nennen. Das klingt nach Satire der Verzweiflung.

Auch der reale Adlatus des spirituellen Unterhochreutmayer wurde in seinem Versuch, sich verschwörend reinzuwaschen, nicht angemessen unterstützt. Dieser Tage geistert immer wieder der Begriff "Eidesstattlichen Erklärung" durch die Medien, musste "Die ganze Woche" feststellen. "Eidesstattliche Erklärungen" sollen die eigene Glaubwürdigkeit unterstreichen. Hinter dem Begriff steckt aber weitaus weniger.

Mit Walrosszahn auf eine Eisplatte ritzen

Wie wenig, das zu klären mobilisierte das Blatt niemand Geringeren als den Wiener Anwalt Dr. Georg Prchlik. Sein Urteil: "Im Allgemeinen stellt eine eidesstattliche Erklärung eine ‚gewöhnliche Urkunde‘ dar. Sie gilt nicht als unter Eid abgelegt. Zudem gibt es dafür keinerlei Formvorschriften. Ich kann sie auch mit einem Walrosszahn auf eine Eisplatte ritzen. Auch braucht es keinen Zeugen."

Selbst im Besitze eines Walrosszahns könnte sich Blümel noch nicht im Besitz ungetrübter Glaubwürdigkeit wähnen, weiß doch Anwalt Prchlik: "Die Abgabe eidesstattlicher Erklärungen lässt sich exzellent für eine ‚Show-Politik‘ instrumentalisieren, zumal die eigene Glaubwürdigkeit durch den gut klingenden Begriff ‚Eid‘ unterstrichen wird." Den Abwehrzauber eines Walrosszahns könnte man unter Umständen aber noch benötigen, sieht doch Dr. Prchlik die Gefahr eines rechtlichen Nachspiels. "Wird eine unrichtige eidesstattliche Erklärung verfasst, kann dies unter ‚Fälschung eines Beweismittels‘ fallen. Dafür droht bis zu ein Jahr Freiheitsentzug. Ob ein Walrosszahn davor schützt?

Hoffnungsschimmer

Geht er auch nicht von der Regierung aus, gibt es in diesen düsteren Zeiten der Seuche doch einen Hoffnungsschimmer. Das von Kurz gesichtete Licht am Ende des Tunnels hat Gestalt angenommen, und zwar die des Verlegers Christian Mucha. Seine Bemühungen, fern jeder Publicitysucht der Menschheit Gutes zu tun, haben sich diese Woche in "News" niedergeschlagen. Mucha will nämlich der Corona-Pandemie, die die ganze Welt knechtet und in ihrer Freiheit limitiert, einen Tritt verpassen, indem er hochklassige Impfreisen anbietet.

Antrieb für seine Impfreisen sei keineswegs der schnöde Mammon, gibt es doch neben dem Luxuspaket bei 20.000 Euro pro Person auch das Vorteilspaket für Ärmere. Der umtriebige Unternehmer ist bezüglich des Zustandekommens der Impfreisen ziemlich optimistisch, wenngleich er einräumt, dass ihm noch diverse Faktoren einen Strich durch die Rechnung machen können. Egal, um seine megamediale Präsenz kann ihn aber niemand mehr bringen, und "News" hat mit dieser Erkenntnis und einer Doppelseite zu dieser Sozialleistung beigetragen. (Günter Traxler, 28.2.2021)