Die einen schätzen ihn als kompetenten Strafrechtler mit hervorragendem Gedächtnis, für die anderen ist er ein gefährlicher Machtmensch. Die Suspendierung von Christian Pilnacek, Sektionschef für Legistik und für sein leicht reizbares Temperament bekannt, lässt am Wiener Parkett kaum jemanden kalt. Zuvor hat die Staatsanwaltschaft Wien sein Handy konfisziert, sie ermittelt gegen Pilnacek wegen des Verdachts, eine anstehende Razzia verraten zu haben; es gilt die Unschuldsvermutung.

Strafrecht-Sektionschef Christian Pilnacek wurde vom Dienst suspendiert.
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Fest steht: 1963 in Wien geboren, in bürgerlichen Verhältnissen mit katholischer Prägung aufgewachsen, hat der Spitzenbeamte schon ein knappes Dutzend Justizminister überlebt. Doch zuletzt sorgte sein Clinch mit der Korruptionsstaatsanwaltschaft immer wieder für Aufsehen.

Als Pilnacek ihren Vertretern bei einer Dienstbesprechung riet, Teile des vertrackten Eurofighter-Verfahrens zu "daschlogn", zeigten ihn die wegen Amtsmissbrauchs an – was letztlich aber folgenlos blieb. Für Wirbel sorgte auch, dass Pilnacek prominente Beschuldigte in der Causa Casinos in seinem Büro empfangen hatte. Justizministerin Alma Zadić (Grüne), derzeit in Babypause, zerschlug wenig später Pilnaceks Sektion, der bis dahin auch die Weisungsabteilung unterstand. Doch er bewarb sich erneut für einen von zwei offenen Posten und holte sich so zumindest die Legislative zurück.

Vielarbeiter mit Machtfülle

Im Jänner folgte der nächste Eklat: Die Korruptionsjäger zeigten Pilnacek erneut an, diesmal angesichts einer Korrespondenz zum Ibiza-Video, in der er der Anklägerbehörde offenbar keine aktive Rolle zukommen lassen wollte.

Bei seinen Auftritten in U-Ausschüssen (BVT, Ibiza, Eurofighter) sah man dem einstigen Richter oft an, wie sehr er als Auskunftsperson bei den nicht immer ganz geschickten Fragen von Abgeordneten an sich halten musste, um nicht gleich zu explodieren. Sich selbst bezeichnete er im Zuge einer Befragung einmal als "Diener des Staates". Fakt ist, dass Pilnacek die heutige Strafprozessordnung erheblich mitersonnen hat, aber auch, dass er als früherer Chef der Fachaufsicht über die Staatsanwaltschaften bis 2020 eine enorme Machtfülle innehatte.

Nun ist der Vielarbeiter, der mit der Präsidentin des Grazer Straflandesgerichts verheiratet ist und unter der Woche in Wien oft im Schwarzen Kameel gesichtet wird, vorläufig zum Nichtstun verdammt. Denn die Bundesdisziplinarbehörde hat einen Monat Zeit, über seinen Fall zu befinden. (Nina Weißensteiner, 26.2.2021)