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PRO: Mit dem Test zum Bier

von Regina Bruckner

Es steht Spitz auf Knopf. Die Zahl der Covid-Neuinfektionen ist hoch, das 50er-Ziel bei der Sieben-Tages-Inzidenz in weite Ferne gerückt. Kein Zweifel, die Zahlen sind kein Anlass zur Beruhigung. Das Schreckensszenario harter Lockdown sitzt den Österreichern nicht umsonst im Nacken.

Kann es die Regierung in dieser Lage tatsächlich verantworten, dass Wirte und Hotels wieder aufsperren? Vieles spricht dafür. Die Corona-Müdigkeit schlägt in Aggressivität um. Nicht nur den Menschen, auch den Betrieben geht die Luft aus. Da darf man schon fragen, was all die Lockdowns und Beschränkungen nützen, wenn viele gleich gar nicht mitmachen.

Kein Zweifel, rasches Impfen ist ein wichtiger Teil der Lösung. Doch bis es so weit ist, braucht es motivierende Schritte, klare Ansagen und Hilfen. Dazu gehören konkrete Öffnungstermine, die sich neben der Inzidenzzahl an Auslastung der Krankenhäuser und Zahl der schweren Verläufe orientieren, und strenge Auflagen, die auch kontrolliert werden: Testen vor dem Bier, Abstand im Lokal, Masken bei Eintritt ins Hotel und beim Gang zum Klo, Einkaufen in manchen Geschäften vielleicht mit Terminen, so wie beim Friseur.

Gemütlich ist das alles nicht, aber es erlaubt Durchlüften im Kopf, Durchhalten und Lernen, mit der Pandemie umzugehen. Jetzt ist es angezeigt, den Menschen etwas zu erlauben. Operation gelungen, Patient tot, kann nicht die Lösung sein. (Regina Bruckner, 27.2.2021)

KONTRA: Nicht die Zeit für Übermut

von Thomas Mayer

In Österreich steigen die Zahlen der Neuinfektionen seit Tagen wieder an. Alle bekannten Mutationen des Coronavirus, die infektiöser sind als das Urmodell und seit Weihnachten vor allem in Portugal, Südostengland, aktuell in Nordfrankreich und Saarland eine tödliche Spur ziehen, breiten sich auch hierzulande aus: klar messbar, im Osten nun stärker als im Westen, inklusive Tirol.

Nüchtern betrachtet geben die Zahlen also wenig Anlass zur Rücknahme von Pandemiemaßnahmen oder gar zur allgemeinen Öffnung der Gastronomie. "Das muss man offen sagen", sagt sogar Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker. Und das heißt etwas: Er war von jeher im Zweifel immer gegen Corona-Restriktionen, gegen die App, gegen Lockdowns. Nun ist Hacker vorsichtiger geworden. Er hat recht.

Behutsame Erleichterungen sollten nicht vor Ostern kommen – wie 2020. Ein Blick zu EU-Nachbarn zeigt: Dies ist nicht die Zeit für Übermut. Wer jetzt das Risiko einer dritten Infektionswelle eingeht, schadet am Ende auch der Wirtschaft.

Das ist für uns alle sehr schwer. Wer verspürt nicht diese tiefe Sehnsucht, die Dinge nicht nüchtern zu betrachten, endlich wieder einmal ins Gasthaus zu gehen, sich mit Freunden zu vergnügen, ins Theater, ins Kino abzutauchen, so richtig unvernünftig zu sein? Das ist nur allzu menschlich – und wäre doch ein Fehler, solange so wenige Menschen geimpft sind. (Thomas Mayer, 27.2.2021)