Auf Ibiza sagte der damalige FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache, Novomatic zahle alle – das bestritten er selbst und der Glücksspielkonzern später. Klar ist aber: Novomatic zahlt einige, vor allem Vereine.

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Novomatic möchte nicht, dass Sie diese Geschichte lesen. Als ein Rechercheverbund aus STANDARD, "Profil" und ORF-"ZiB 2" eine Anfrage an den Anwalt des Glücksspielgiganten stellt, reagiert dieser ungewöhnlich – nämlich mit einer Antwort, die per Presseaussendung öffentlich gemacht wird, mitsamt den übermittelten Fragen. Am nächsten Tag folgt dann eine Anzeige, noch bevor dieser Text erschienen ist – Inhalt und Zweck der Anzeige ist unbekannt. Von "konstruierten Vorwürfen" und "falschen Unterstellungen" sprach Novomatic-Verteidiger Peter Zöchbauer; und von der "rechtswidrigen Erlangung von vertraulichen Unternehmensinformationen".

Was die Novomatic offenbar so stört, ist, dass der Rechercheverbund im Besitz einer Liste ist, die enthüllt, wie der Glücksspielkonzern systematisch mit Spenden und Sponsorings Geld verteilt hat. Oft auch an Vereine, in denen Politiker aktiv sind.

Sobotkas Thinktank

Manches ist schon bekannt: Das von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) gegründete Alois-Mock-Institut wurde in den vergangenen sieben Jahren mit Leistungen im Geldwert von über 100.000 Euro unterstützt. Im Gegenzug konnte Novomatic bei der Auswahl der Diskussionsteilnehmer bei Veranstaltungen mitreden und im "Mock-Report" inserieren.

Ebenso bekannt ist, dass die Novomatic mit dem im Zuge der Casinos-Ermittlungen prominent gewordenen "Institut für Sicherheitspolitik" kooperiert hat. Ab dem Jahr 2018 bekam der FPÖ-nahe Verein insgesamt 240.000 Euro. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Von der ÖVP im U-Ausschuss oft ins Feld geführt wurde die Unterstützung des "Maifests" der SPÖ, das damals der Echo-Verlag organisiert hat. 45.000 Euro flossen dafür zwischen 2016 und 2018 als Sponsoringbeitrag.

Der rötlich schimmernde Echo-Verlag

Bislang unbekannt ist aber die Vielzahl an weiteren Vereinen und Kulturveranstaltungen mit Politikerbezug, die oft kleinste Beträge von der Novomatic erhalten hat. Stichwort Echo-Verlag: Dessen Projekte "Christmas in Vienna", "Eine Stadt, ein Buch" und der "Österreichische Vorlesetag" erhielten rund 50.000 Euro. Derartige Veranstaltungen seien ohne Sponsoren "völlig undenkbar", sagt Echo-Geschäftsführer Christian Pöttler. Und: Das Unternehmen sei zu dieser Zeit "einer der wichtigsten Förderer des Kulturbereichs" gewesen.

Ebenfalls rötlich schimmernd: Der FC Purkersdorf. Ehrenpräsident ist Ex-Innenminister und Ex-Bürgermeister Karl Schlögl, der einst im Novomatic-Aufsichtsrat saß. 2.500 Euro erhielt der Fußballverein zumindest im Jahr 2017; als Gegenleistung gab es "Bandenwerbung und eine Flugblatterwähnung". Schlögl sagt, er habe selbst offiziell bei Novomatic um Unterstützung angesucht.

Fußball- und Golfclubs

Ein weiteres Sponsoring, das merkwürdig scheint: Der ASV Draßburg, der gesponsert wurde, als er noch in der burgenländischen Regionalliga spielte. Sein Präsident: Christian Illedits, als er Klubobmann der SPÖ Burgenland war. Sein Anwalt sagt zu STANDARD, "Profil" und ORF-"ZiB 2": "Die jährlichen Sponsoringbeträge waren stets erfolgsabhängig und lagen zwischen 5.000 und maximal 30.000 Euro pro Saison."

War Illedits zu dieser Zeit nicht in Verhandlungen für das kleine Glücksspiel im Burgenland involviert? Ein Zusammenhang könne "definitiv ausgeschlossen werden", Illedits habe einerseits den Sponsoringvertrag "nicht persönlich verhandelt" und sei andererseits nie für die Vergabe von Glücksspiellizenzen zuständig gewesen. Die Novomatic sagt, der ASV Draßburg sei einer von zwei "bekannten Fußballvereinen" im Burgenland, deshalb habe die Novomatic-Tochter Admiral ihn gesponsert. Einen Zusammenhang mit Glücksspiellizenzen weist der Konzern "aufs Schärfste zurück".

In Niederösterreich verhandelte die Glücksspielgesetzgebung der ÖVP-Klubobmann Klaus Schneeberger mit. Unabhängig davon erhielt der Golfclub Föhrenwald zwischen 2009 und 2019 jährlich 5.000 Euro von der Novomatic, deren Logo dann auf den Golfcaddys des Clubs landete. Auch 16 Tagespässe erhielt der Konzern. Präsident des Golfclubs Föhrenwald: Klaus Schneeberger. Auf der internen Liste der Novomatic scheint er als "Auftraggeber" auf, auch bei einem Kunst- und Filmfestival in Wiener Neustadt, wo er Bürgermeister ist. Schneeberger sagt, er sei "jedem Sponsor dankbar, der Kulturveranstaltungen in Wiener Neustadt möglich macht". Novomatic sei "einer von vielen Partnern", einen Zusammenhang zwischen Sponsorings und seiner politischen Arbeit gebe es nicht.

Inserate beim ÖVP-Wirtschaftsbund

Auch Parteiorganisationen erhielten Geld; der Wirtschaftsbund Niederösterreich beispielsweise 10.000 Euro für zwei Inserate. Die Kommunikationsabteilung des Wirtschaftsbunds habe der Kommunikationsabteilung der Novomatic einen Vorschlag unterbreitet, danach wurde gebucht, sagt der Wirtschaftsbund. Wie passt das damit zusammen, dass die ÖVP im Bund keine Spenden aus der Glücksspielbranche annimmt? "Der Wirtschaftsbund Niederösterreich ist ein rechtlich selbstständiger Verein und eigenständiger Rechtsträger und verfolgt seine eigene Medien- und Inseratenstrategie."

Der sozialdemokratische Wirtschaftsverband in Niederösterreich erhielt für seine Bälle insgesamt 7.000 Euro; dessen Vizepräsident Ernst Riedl war bis 2014 im Spieleapparatebeirat der Stadt Wien, der das Automatenglücksspiels kontrolliert. Stichwort Wien: Der "Verein Puls zur Bekämpfung des plötzlichen Herztodes" bekam zwischen 2016 und 2018 insgesamt 28.500 Euro; sein Präsident ist der Wiener Landtagsabgeordnete und einstige Landtagspräsident Harry Kopietz. Novomatic sei dort ein Sponsor unter vielen – genau wie beim Kulturfestival "Wir sind Wien", das allein 2016 bis 2018 rund 85.000 Euro bekam. Geschäftsführerin Monika Erb verweist auf "Sponsorverträge, die die Leistungen der Partner sehr genau definiert haben".

"Machts es einmal mit dem und einmal mit dem"

Viel Unterstützung für die Kulturlandschaft gab es auch in Niederösterreich. Eine Gesellschaft, die sich dem eher unbekannten Komponisten Ignaz Joseph Pleyel verschrieben hat, bekam 40.000 Euro. Bekannter als Pleyel sind, zumindest heutzutage, die Ehrenpräsidenten des Vereins: Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und ihr Vorgänger Erwin Pröll (beide ÖVP). Insgesamt 55.000 Euro bekam das Festival Schloss Weitra, 61.000 die niederösterreichischen Tonkünstler. 8.000 Euro flossen an das Kammerorchester Waidhofen an der Ybbs, bei dem gern Wolfgang Sobotka dirigiert.

Wie kommt Novomatic auf solche Initiativen? Auf Oe24.tv erklärte Sobotka unlängst: "Das Land Niederösterreich berät die Novomatic und sagt: Machts es einmal mit dem und einmal mit dem."

Novomatic "nimmt gesellschaftliche Verantwortung wahr"

Festzuhalten ist, dass diese Spenden und Sponsorings oft eine gute Sache unterstützen – und dass sich viele andere Unternehmen ebenfalls für Vereine, Initiativen und Kulturveranstaltungen engagieren. Als Glücksspielkonzern ist Novomatic allerdings auf besondere Art und Weise von der Politik abhängig, da Glücksspielgesetze oft verändert und Lizenzen vergeben werden. Novomatic-Anwalt Peter Zöchbauer sagt, die Novomatic "nimmt ihre gesellschaftliche Verantwortung insofern wahr, indem sie ohne politischen Hintergrund die für sie sinnvollen Projekte und Sponsorings nach objektiven Kriterien auswählt".

Der Konzern "schließt ausdrücklich aus und verwehrt sich gegen die Unterstellung, dass die (...) genannten Kooperationen, Sponsorings oder Unterstützungsleistungen mit irgendwelchen etwaigen politischen Gegenleistungen in Verbindung gestanden sind oder stehen". (Fabian Schmid, 27.2.2021)