Der ehemalige Präsident von Transparency International in Österreich, Franz Fiedler, sieht ein Muster der zu engen politisch-wirtschaftlichen Verflechtung hinter den vielen Verdachtsmomenten der Korruption

Screenshot: TvThek

Der ehemalige Rechnungshof-Präsident Franz Fiedler hat am Freitagabend im "ZiB 2"- Interview massive Kritik an der "Verfilzung" zwischen politischen und wirtschaftlichen Eliten geübt. Die Beziehungen seien jedenfalls zu eng, sagte Fiedler, der lange auch Präsident von Transparency International in Österreich war. Man solle aus den aktuellen Causen – etwa Blümel und Brandstetter, es gilt die Unschuldsvermutung – die Konsequenz ziehen, dass die Verflechtung "aufhört oder zumindest transparent gemacht wird". Ansonsten würden immer wieder neue Verdachtsmomente auftauchen, die zu Strafermittlungen führen – unabhängig davon, wie sie letztlich ausgehen.

Den Befund, dass in der jüngsten Vergangenheit unüblich viele Fälle mit Korruptionsverdacht an die Öffentlichkeit geraten, führt Fiedler – wohl in Anspielung auf publik gewordene Chatprotokolle aus Handyauswertungen – darauf zurück, dass "Transparenz in einer anderen Weise hergestellt wurde als es sich die Beschuldigten wünschen". Zudem führe der vermehrte Aufdeckungsjournalismus dazu, dass die Behörden geradezu gezwungen seien, aufgezeigten Verdachtsmomenten nachzugehen.

Was sagt der Bundespräsident dazu?

"Überraschend" findet Fiedler, dass Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter weiterhin als Richter am Verfassungsgerichtshof (VfGH) bleibt, obwohl von der Staatsanwaltschaft Wien gegen ihn ermittelt wird. Es sei auffällig, dass Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek sofort suspendiert wurde, Brandstetter bei ähnlicher Verdachtslage jedoch nicht. (Für eine Absetzung Brandstetters bräuchte es am VfGH übrigens eine Zweidrittelmehrheit der Richterinnen und Richter, die ihren Kollegen für des Amtes unwürdig befinden müssten.)

ORF

Wenig Verständnis hat der Ex-Rechnungshof-Chef auch für den Umgang mit den Korruptionsvorwürfen gegen Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP). Da es bei einem Minister keine übergeordnete Disziplinarbehörde gibt, die eine Suspendierung auszusprechen vermag, könne man nur auf oberster politischer Ebene ansetzen. "Was sagt denn die höchste moralische Autorität im Staate, was sagt denn der Bundespräsident dazu? Stört es ihn, dass eine Bundesregierung besteht, in der ein Minister einer Straftat verdächtig ist?" , fragte Fiedler. Van der Bellen habe die Möglichkeit, hier einzugreifen und den Bundeskanzler zu sich zu rufen, um Blümels Rücktritt zu erzwingen – nötigenfalls per Drohung, die Regierung zu entlassen.

Die unentwegten Attacken der ÖVP auf die gegen Blümel ermittelnde Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hält Fiedler – weiland selbst im ÖVP-Klub tätig – für "unüblich, untunlich" und "unklug", zumal sie der Atmosphäre zwischen dem Beschuldigten und der Behörde schaden. Daraus einen türkisen Angriff auf den Rechtsstaat abzuleiten, hält Fiedler indes für "überzogen." (ta, 27.2. 2021)