Auf der Website finden sich Beispiele, wie die Animationen aussehen könnten.

Foto: Myheritage

Die Stammbaum-Website Myheritage bietet einen ungewöhnlichen Service an. Mit der Deepfake-Technologie werden Fotos zu bewegten Bildern.

Nostalgie

Den eigenen Stammbau erforschen ist ein spannendes Hobby. Die verstorbene Urgroßmutter noch einmal schmunzeln zu sehen, war bisher jedoch nicht möglich. Die Website Myheritage greift dieses emotionale Thema jetzt mit Hilfe von Deepfakes auf. Mit dieser Technologie lassen sich aus Fotos Bewegtbilder schaffen, was im Internet schon des öfteren für staunende Gesichter gesorgt hat.

Deep Nostalgia nennt Myheritage ihren Dienst und weiß um die Kontroverse, die mit ihrem Angebot entstehen wird. "Einige Leute lieben die Deep-Nostalgia-Funktion und halten sie für magisch, während andere sie für gruselig halten und sie nicht mögen", schreibt Myheritage auf ihrer Seite. Man solle den Dienst einmal ausprobieren, bevor man vorschnelle Schlüsse ziehe.

Es ist beeindruckend, wie ein Schwarz-Weiß-Foto auf einmal zum Leben erweckt wird. Es wird gezwinkert und gelächelt. Auf die Gesten selbst hat man keinen Einfluss, diese werden von der künstlichen Intelligenz bestimmt. Jedes hochgeladene Foto kann so animiert werden. Mit einem Bezahlkonto ist der Upload unlimitiert, wer die Website kostenlos nutzt, ist auf wenige Fotos beschränkt.

Natürlich ist es reizvoll, historische Figuren auf diese Art zu sehen.

Keine lebenden Personen

Zwei Dinge betont die Website nachdrücklich. Man stelle den Dienst nur für Bilder von Verstorbenen zur Verfügung und die Rekontruktion von Sprache sei ebenfalls nicht geplant. Missbrauch wäre in beiden Fällen sonst möglich und das wolle man deshalb gar nicht erst ermöglichen.

Großes Business

Seit Jahren wird die Deepfake-Technologie zunehmend besser, auch weil große Firmen wie Disney viel Geld in die Entwicklung stecken. War man zunächst auf sehr statische Bilder beschränkt, können mittlerweile Gesichter in bewegten Bildern ohne Probleme getauscht werden. Mit der FakeApp konnte man 2018 erstmals Gesichter in Videos tauschen, was schnell zu Missbrauch führte, etwa zu Fake-Pornos von Prominenten. Die App gibt es mittlerweile nicht mehr, aber zahlreiche Nachfolger, etwa Reface, die zahlreich genutzt werden. So kann man mit Reface, das laut Entwickler Neocortext in 100 Ländern unter den Top-5-Apps gelistet war, mit wenigen Klicks ein beliebiges Gesicht in ein vorgefertigtes Video laden. Premium-Nutzer können sogar eigene Videos hochladen, die dann manipuliert werden können.

Wer selbst nicht so achtlos mit Daten umgeht, der kann sich im Internet umsehen. Ein aktuelles Beispiel ist das TikTok-Video eines Users, der sein Gesicht durch jenes von Tom Cruise getauscht hat. Dank öffentlich zugänglicher Apps wie Gif-Maker haben sich zahlreiche Nutzer bereits als Marvel-Held inszeniert und auch Hitler durfte mit Stalin bereits ein Duett singen. Die gesammelten Daten bleiben dabei beim Hersteller.

Channel 4

Zahlreiche Gefahren

Die Gefahren dieser Technologie sind augenscheinlich und wurden bereits oftmals besprochen. Für Politik und Wirtschaft haben Deep Fakes ein hohes Gefahrenpotenzial, etwa wenn politische Gegner hohe Funktionäre plötzlich in täuschend echt wirkendem, manipuliertem Material auftauchen. Wahlmanipulation und Skandale könnten so aus dem Nichts konstruiert werden.

Auch gefälschte Pornographie gehört zu den offensichtlichsten Problemen, die bereits seit Jahren für Kontroversen sorgt. So werden nach mehreren Fällen in Australien Deepfakes dort bereits mit mehrjährigen Haftstrafen geahndet. Auch für Medien wird es zunehmend schwieriger die Echtheit von Material zu prüfen. So sind die großen Tech-Konzerne gefragt, hier Tools zu entwickeln, um Deepfakes entlarven zu können. Die User können mithelfen, indem sie weniger eigene Daten in solche Apps hochladen. (aam, 28.2.2021)