Diese Darstellung zeigt, wie es auf dem Exoplaneten Kepler-1649c möglicherweise aussehen könnte – er liegt in der habitablen Zone.
Illustration: Nasa / Ames Research Center / Daniel Rutter

Wenn Lisa Kaltenegger nachts in den Himmel blickt, zählt sie gerne die Sterne ab. Die Reihenfolge ist dabei beliebig, die Zählung geht jedenfalls immer bis fünf. Schon frühere Hochkulturen haben den Nachthimmel akribisch beobachtet. Und immer wieder hat die Menschheit die Frage umgetrieben, ob es da draußen noch andere Planeten wie den unseren gibt. Vielleicht besitzt jeder millionste Stern einen Planeten? Vielleicht jeder tausendste? Die Wissenschaft geht heute davon, dass jeder Stern mindestens einen Planeten besitzt. Und jeder fünfte Stern im Universum wird von Planeten genau in jenem kritischen Abstand umkreist, der als habitable Zone bezeichnet wird. Blickt man also nachts hinauf, ist jeder fünfte Stern die Sonne einer lebensfreundlichen Welt.

Lisa Kaltenegger ist Exoplanetenforscherin an der Cornell-Universität in Ithaca im US-Bundesstaat New York und leitet das dortige Carl Sagan Institute, das sich der Suche von habitablen Planeten und Monden außerhalb unseres Sonnensystems verschrieben hat. Vor wenigen Jahrzehnten galt dieses Vorhaben noch eher als Science-Fiction denn als Science, doch seit den 1990er-Jahren ist die Exoplanetenforschung förmlich "explodiert", sagt Kaltenegger.

4.352 bestätigte Exoplaneten

Beginnen wir mit den Basics: Als Exoplaneten bezeichnet man jene Planeten, die um einen anderen Stern als unsere Sonne kreisen. Forscher gehen seit langem davon aus, dass es Exoplaneten gibt, doch ihr Nachweis ist ungemein schwierig, strahlen sie doch bei weitem weniger Licht ab als ihre Muttersterne. So sind die ersten gesicherten Beobachtungen von Exoplaneten erst in den frühen 1990er-Jahren gelungen. Doch je länger Forscher nach fremden Welten suchen, umso ergiebiger sind ihre Funde. Stand 1. März sind es 4.352 bestätigte Exoplaneten und 5765 Kandidaten, die von der US-Weltraumagentur Nasa gelistet werden.

Das klingt zwar bereits nach ziemlich viel. Wenn man aber bedenkt, dass es allein in unserer Galaxie 200 Milliarden Sterne gibt, wird schnell klar, wie viele fremde Welten uns bislang verborgen geblieben sein dürften. Kaltenegger ist in ihrer Forschung auf ganz besondere Exoplaneten spezialisiert: jene in der habitablen Zone, auf denen es theoretisch Leben geben könnte. "Es ist möglich, dass es im Universum von lebensfreundlichen Planeten wimmelt", sagt Kaltenegger "wir wissen aber nicht, ob Leben immer entsteht, wenn es die Möglichkeiten dazu gibt."

Um herauszufinden, ob prinzipiell bewohnbare Planeten auch tatsächlich bewohnt werden, suchen Forscher sogenannte Biosignaturen. Es handelt sich dabei um spezielle Moleküle in der Atmosphäre, deren Entstehung nur durch Lebewesen und nicht etwa durch geologische Prozesse wie Vulkane erklärt werden kann. Mit leistungsstarken Teleskopen wie dem James-Webb-Weltraumteleskop, das am 31. Oktober starten soll, oder dem Extremely Large Telescope in Chile, das 2025 in Betrieb gehen soll, kann die Atmosphäre von vielversprechenden Exoplaneten gezielt nach Biosignaturen abgesucht werden.

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Das James-Webb-Weltraumteleskop soll am 31. Oktober nach mehrfacher Verzögerung endlich starten.
Illustration: Ap/Nasa/Northrop Grumman

Personalausweis eines Planeten

Das Prinzip dahinter basiert auf einer Entdeckung von Albert Einstein, wonach Licht mit Materie interagiert: Wenn Licht ein Molekül richtig trifft, fängt dieses zu schwingen an. Unterschiedliche Moleküle reagieren auf bestimmte Lichtfrequenzen – und diese fehlen dann in jenem Licht, das die leistungsstarken Teleskope einfangen. "Das ist wie ein Stempel im Pass, der mir sagt, welche Moleküle in der Atmosphäre vorhanden sind", sagt Kaltenegger. Leben auf der Erde hätte man mit dieser Methode seit rund einer Milliarde Jahren feststellen können.

Kürzlich stellte sich Kaltenegger in einer Publikation mit Kollegen die Frage, von wie viel bewohnbaren Exoplaneten aus es möglich wäre, Leben auf der Erde mittels Biosignaturen festzustellen. Die Forscher nahmen dabei an, dass die potenziellen außerirdischen Zivilisationen dieselben Technologien zur Verfügung haben wie wir in den kommenden Jahren mit dem James-Webb-Weltraumteleskop und dem Extremely Large Telescope. Zusätzlich wurde angenommen, dass die Erde aus Blickrichtung unserer außerirdischen Beobachter auf ihrer Bahn vor unsere Sonne vorüberzieht. Die Antwort: 1.000 ferne Zivilisationen könnten uns mit den uns demnächst vorhandenen Technologien aufspüren.

"Ich will einfach wissen, ob wir allein im Universum sind, ich finde, das ist einer der coolsten Jobs der Welt", sagt Kaltenegger. Genauso wichtig sind ihr aber die Einblicke der Exoplanetenforschung für unseren Planeten. "Durch diese Forschung können wir unsere Erde in den gesamten Kosmos einbetten." Immer wieder lege die Exoplanetenforschung Wissenslücken betreffend unsere eigene Welt frei. Weder wissen wir, wie sich Leben auf der Erde entwickelt hat, noch, was diese Entwicklung antreibt. "Bei erdähnlichen Exoplaneten könnten wir uns ansehen, wie schnell sich dort Leben entwickelt hat und wie die Entwicklung weitergeht." (Tanja Traxler, 1.3.2021)