Die Wirtshäuser warten, wie dieses in der Steiermark, sehnlich aufs Aufsperren. Nun verheißt die Regierung ein Comeback zu Ostern – wenn die Infektionskurve keinen Strich durch die Rechnung macht.

Foto: Gerald John

Frage: Auf welche Lockerungen von den Corona-Beschränkungen dürfen sich die Österreicher einstellen?

Antwort: Ad hoc auf gar keine. Die Regierung stachelt erst einmal nur Vorfreude an. Zu Ostern, so der am Montag von der türkis-grünen Koalition mit den Landeshauptleuten ausgehandelte Plan, sollen die Schanigärten der Wirtshäuser und Cafés aufsperren, konkret ab 27. März. Bereits ab 15. März sollen Kinder und Jugendliche wieder in Vereinen gemeinsam Sport treiben dürfen, sofern dieser im Freien stattfindet. Allerdings sind nur Übungsformen erlaubt, bei denen der Zwei-Meter-Abstand eingehalten werden kann. Fußballmatches etwa dürfen keine stattfinden, auch nicht gruppenintern.

Frage: Ist ein Corona-Test dabei Pflicht?

Antwort: Für den Wirtshausbesuch muss laut Plan ein negativer Corona-Test vorgelegt werden oder eben ein Befund, in den letzten sechs Monaten von Covid-19 genesen zu sein – ganz so, wie es derzeit beim Frisörbesuch vorgeschrieben ist. Selbsttests sollen laut Gesundheitsministerium nur dann genügen, wenn diese unter Kontrolle einer "offiziellen" Person oder eines Labors stattfinden. Der Eigenabstrich im Wohnzimmer gilt nicht.

Ein Impfnachweis soll nach derzeitigem Stand ebenfalls nicht als Eintrittskarte reichen: Erst müsse noch wissenschaftlich geklärt werden, ob Menschen trotz Impfung ansteckend sind oder nicht, heißt es aus dem Ministerium.

Im Fall des Sports steht die Testpflicht offenbar noch zur Debatte, zumal ja ein Zwei-Meter-Abstand gilt. In Volksschulen und der Unterstufe werden Kinder ohnehin laufend getestet.

Frage: Gelten die Öffnungsziele für ganz Österreich?

Antwort: Nein, in Vorarlberg darf es sogar ein bisschen schneller gehen. Im westlichsten Bundesland soll die Gastronomie bereits am 15. März aufsperren, und zwar nicht nur outdoor, sondern auch in Innenräumen. Ein negativer Test wird ebenfalls Pflicht sein.

Ebenfalls ab 15. März will Vorarlberg wieder erste Veranstaltungen und Aktivitäten speziell für Kinder und Jugendliche, etwa im Sport- oder im Musikbereich, zulassen. Was wie genau? Das ist noch unklar.

Frage: Warum darf Vorarlberg, wie es heißt, "Pilotregion" spielen?

Antwort: Weil die Infektionszahlen nirgendwo in Österreich so niedrig sind wie dort: Zuletzt wies Vorarlberg eine Sieben-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohner von 74 auf, der Bundesschnitt liegt mit knapp 161 mehr als doppelt so hoch. Außerdem gilt das Ländle wegen seiner geografischen Lage als prädestiniert für einen kontrollierten Feldversuch. Der Arlberg bildet eine natürliche Barriere, es gibt nur einen großen Verkehrsweg ins restliche Österreich. Dass massenhaft Tiroler zum Wirtshausbesuch ins Nachbarland strömen werden, hält Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) für kein großes Risiko, wie er im Ö1-"Morgenjournal" erläuterte: Laut aktuellen Bestimmungen muss sowieso jeder Tiroler bei der Ausreise einen gültigen negativen Test vorweisen.

Allerdings weiß man aus Vorarlberg auch: Die Lage kann sich rasch drehen. Vor ein paar Wochen verbuchte der Westen noch die höchste Inzidenzzahl von ganz Österreich.

Frage: Ist die Entwicklung denn jetzt stabil?

Antwort: Nicht wirklich. Auch in Vorarlberg sind wie in ganz Österreich die Fallzahlen zuletzt gestiegen, doch vor allem ein Umstand lässt das Land besser dastehen: Die ansteckendere britische Virusvariante B.1.1.7 ist hier am wenigsten verbreitet. Vor dem Arlberg beträgt der Anteil an den Gesamtinfektionen nur 32,6 Prozent, im Burgenland und in Salzburg liegen die Werte hingegen bereits bei über 75 Prozent.

Doch auch die Vorarlberger rechnen mit weiter steigenden Zahlen, weshalb die Öffnungsschritte keineswegs in Stein gemeißelt sind. Wenn die Zahlen dramatisch steigen, stellt Wallner klar, werde man die Pläne überdenken müssen. Das gilt, so bestätigt das Gesundheitsministerium, für ganz Österreich: Bei einem massiven Wachstum der Infektionsraten werden die Schanigärten wohl auch zu Ostern zubleiben. Fix ist de facto wohl nichts.

Frage: Spricht denn angesichts der Zahlen überhaupt etwas für Öffnungen?

Antwort: Ein Argument, das bei der Präsentation am Montagabend nicht nur die Politiker bemühten, sondern das auch ihr Berater Oswald Wagner, Vizerektor der Med-Uni Wien, in den Mund nahm: Ein wachsender Teil der Bevölkerung sei einfach nicht mehr bereit, den Lockdown-Regeln zu folgen. Bevor sich immer mehr Menschen heimlich treffen, sei es klüger, das Bedürfnis nach sozialem Leben mit kontrollierten Öffnungen zu kanalisieren. Andere Experten sind hingegen äußerst skeptisch. Als "hochriskant" bewertet etwa der Komplexitätsforscher Peter Klimek die angekündigten Öffnungen und leistet sich eine Portion Sarkasmus: "Anscheinend ist die Strategie, das Virus mit unvorhersehbaren Öffnungsschritten zu verwirren."

Dem Vernehmen nach herrscht auch im Gesundheitsministerium Zweifel. Vor allem die Ländervertreter sollen aber auf die Öffnung der Gastronomie gedrängt haben.

Frage: Ergreift die Regierung denn neue Mittel, um den Infektionsanstieg zu dämpfen?

Antwort: Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) nennt ein Vier-Punkte-Programm. Erstens Schwerpunktkontrollen an "Hotspots", um die Einhaltung der Regeln sicherzustellen. Zweites die Ausweitung der FFP2-Masken-Pflicht auf Bereiche, wo derzeit nur ein Mund-Nasen-Schutz vorgeschrieben ist – etwa an Arbeitsplätzen. Drittens Präventionskonzepte für Betriebe. Viertens "Schutzkonzepte" für Bezirke, wo die Inzidenz über 400 Fällen pro sieben Tage und 100.000 Einwohner liegt, soll etwa heißen: Wer raus will, muss sich – wie derzeit in Tirol der Fall – freitesten. In die Ziehung müssten demnach derzeit Hermagor in Kärnten, St. Johann im Pongau in Salzburg und die Stadt Wiener Neustadt in Niederösterreich kommen – ihre Inzidenz liegt über 400.

Frage: Wo wird es regional strengere Maßnahmengeben?

Antwort: Für die beiden Gemeinden Radstadt und Bad Hofgastein im Salzburger Pongau wird es ab Donnerstag, 24 Uhr, für (vorerst) zwei Wochen eine Ausreisebeschränkung geben. Personen ab 16 Jahren, die das Gemeindegebiet verlassen wollen, müssen dann einen negativen Coronatest vorweisen, der nicht älter als 48 Stunden sein darf, informierte das Land Salzburg am Dienstagnachmittag. Die beiden Orte weisen derzeit eine Sieben-Tages-Inzidenz von 1.042 beziehungsweise 1.168 Neuinfektionen aus.

Frage: Erntet die Regierung für die Öffnungen Applaus?

Antwort: Während Virologen an der Verträglichkeit zweifeln, sind Interessenvertreter abseits von Vorarlberg enttäuscht. Für Gastwirtevertreter Mario Pulker ist die Schanigarten-Öffnung zu Ostern nicht mehr als "ein Tropfen auf den heißen Stein" und "ein Schlag in die Magengrube": Viele Lokale hätten gar keinen oder einen zu kleinen Außenbereich, weshalb sich die begrenzte Öffnung für viele wirtschaftlich nicht auszahle. Abermals gehe ein entsetzter Aufschrei durch die Branche, sagt Pulker und fordert eine Aufstockung der Hilfsgelder.

Frage: Gibt es besondere Hilfe für die Öffnung von Schanigärten?

Antwort: Zumindest Wien hat bereits eine solche Initiative angekündigt. Die Stadt plant auf öffentlichen Plätzen gemeinschaftliche Schanigärten, in denen Wirte ausschenken dürfen, die vor ihrem Lokal keinen eigenen Freiraum haben.

Frage: Wann dürfen Hotels aufsperren?

Antwort: Ab April gebe es Hoffnung auf erste Schritte – Konkreteres lässt sich die Regierung nicht entlocken. Von "Frustration und Enttäuschung" spricht deshalb Hotellerie-Vertreterin Susanne Kraus-Winkler. Mit jeder weiteren Verschiebung würden immer mehr Betriebe samt Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern das Vertrauen in eine planbare baldige Öffnung verlieren: "Je länger eine solche hinausgezögert wird, umso schwieriger wird es auch, Mitarbeiter zu halten oder für die kommende Saison zu finden."

Frage: Und die Kultur?

Antwort: Da ist von Mitte April die Rede – also dem 15. 4. –, mit Ausnahme Vorarlbergs eben, wo Wallner Veranstaltungen speziell für die Jugend in Aussicht stellt. Was und wie genau, ist unklar.

"Das ist albern", reagierte Stephanie Gräve, Intendantin des Vorarlberger Landestheaters, auf Anfrage der APA und zeigte sich "vollkommen überrascht": "Ich weiß noch nicht, was das bedeutet." Sie könne sich nicht vorstellen, dass sie Produktionen nur Schulklassen, nicht aber den Abonnenten des Theaters anbieten dürfe. Zudem sei die kleine Spielstätte des Hauses, in dem vor allem Kinderstücke liefen, unter den derzeitigen Pandemiebedingungen bloß für 28 Besucher zugelassen.

Frage: Unter welchen Umständen dürfen Erwachsene gemeinsam sporteln?

Antwort: Da bleibt es, wie es ist. Hallen bleiben geschlossen, Mannschafts- und Kontaktsport verboten. In Outdoor-Sportstätten gelten ein Mindestabstand von zwei Metern und eine Beschränkung auf eine Person pro 20 Quadratmeter. Freilufttennisplätze dürfen offen haben – an einem Doppel dürfen aber nur Personen aus maximal zwei Haushalten teilnehmen. (Gerald John, 2.3.2021)