Welche Dinge machen eine Stadt für Sie besonders lebenswert?

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Kerstin Krellenberg ist Stadtforscherin und seit Oktober 2020 Universitätsprofessorin für Urban Studies an der Universität Wien.

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Was bedeutet der globale Umweltwandel für unser Leben in der Stadt? Schon heute müssen wir in vielen Städten mit Hitzewellen, Starkregenereignissen und Trockenperioden leben. Das trifft auch auf Wien zu, und die Herausforderungen steigen. Wächst der urbane Bevölkerungsanteil weiter, ohne dass den negativen Auswirkungen der Urbanisierung auf die Umwelt entgegengewirkt wird, werden auch die globalen Umweltprobleme weiter zunehmen.

Was können Lösungsansätze sein?

Mehr Grün in der Stadt nutzt dem Klima, kann Kühlung verschaffen und bei Starkregen das Wasser in den Untergrund leiten. Zunehmend wird jedoch auch auf technische Lösungen gesetzt.

Digitalisierung kann begeistern

Man denke beispielsweise an smarte Straßenlaternen, die "Licht nach Bedarf" bereitstellen, indem untereinander vernetzte LED-Leuchten angepasst an Tageszeiten und vorherrschende Witterungsverhältnisse nur dann "erscheinen", wenn wir tatsächlich durch die Straßen gehen. So lässt sich Strom einsparen und die Ressourceninanspruchnahme reduzieren. Installiert man weitere Sensoren in den Laternen, kann die Parkplatzsuche intelligent unterstützt werden, WLAN-Router können den Bürgern und Bürgerinnen drahtlosen Internetzugang bereitstellen, und "Tankstellen" für E-Bikes und Elektroautos können integriert werden. Auch Messinstrumente zur kleinräumigen Erfassung von Umweltdaten wie zum Beispiel Feinstaub- oder Lärmbelastung lassen sich aufnehmen und können mehr Daten für beispielsweise optimierte Verkehrsleitsysteme zur Verfügung stellen. Aber technische Lösungen können auch negative Auswirkungen auf die Umwelt haben. Und was passiert, wenn das vernetzte System nicht funktioniert und es gegebenenfalls zu einem Totalausfall der Straßenlaternen kommt? Je vernetzter wir sind, umso anfälliger werden die Systeme gegen Störungen.

Mehr Grün in der Stadt – unverzichtbar, nicht nur in Zeiten wie diesen

Im Homeoffice, beim Homeschooling und beim Onlineshopping sind wir derzeit quasi rund um die Uhr vom Funktionieren intelligenter Systeme abhängig. Und dann, plötzlich, bricht das WLAN wieder einmal mitten im Onlinemeeting zusammen. Wir sind genervt, die Wohnung wird uns zu eng, und wir wollen einfach nur raus ins Grüne und das möglichst schnell. Aber wie kommen wir dahin, wenn wir den öffentlichen Personennahverkehr meiden wollen, da dort das Abstandhalten, das oberste Gebot in der Pandemie, nicht möglich ist. Eine Parkanlage direkt vor der Tür wäre die optimale Lösung, und so manche ungenutzte und derzeit versiegelte Fläche ließe sich vielleicht sogar umfunktionieren.

Die Realität sieht oft anders aus

Grünflächen fallen immer wieder dem Bauboom zum Opfer und sind oftmals nicht gleichmäßig in der Stadt verteilt. Wo neue innerstädtische Grünflächen errichtet werden, sind vielerorts steigende Mieten in den angrenzenden Straßenzügen die Folge. Grün ist nicht immer für jeden da, wo es gut und wichtig wäre.

Ziel einer nachhaltigen Stadtentwicklung muss es sein, die vielschichtigen ökologischen, sozialen und technischen Aspekte so in Einklang zu bringen, dass unsere Städte lebenswert für alle Bürger und Bürgerinnen sind. Nicht nur für die, die digital vernetzt sind und die nötigen Mittel fürs Wohnen mit privatem Grün mitbringen. Um das zu unterstützen, wurde im Jahr 2015 von den Vereinten Nationen die Agenda 2030 mit den 17 Nachhaltigkeitszielen, den Sustainable Development Goals (SDGs), als globales Aktionsprogramm verabschiedet. Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig zu gestalten wird mit SDG 11 verfolgt, kann aber nur in Verbindung mit den anderen SDGs, die einen städtischen Bezug aufweisen, erreicht werden. Richten wir unser Handeln danach aus, können wir dazu beitragen, unsere Städte und unsere Welt nachhaltiger zu gestalten. (Kerstin Krellenberg, 16.3.2021)

Welche Dinge machen eine Stadt für Sie besonders lebenswert?

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