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Berlin/Istanbul – Die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG/RSF) hat beim Generalbundesanwalt Strafanzeige gegen Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman gestellt. Er sei mutmaßlich hauptverantwortlich für den Mord an dem Journalisten Jamal Khashoggi und die Inhaftierung von mehr als 30 saudischen Journalistinnen und Journalisten, teilte die deutsche Sektion von Reporters sans frontières am Dienstag mit. Dabei handle es sich um Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Die Anzeige richtet sich außerdem gegen vier weitere hochrangige Vertreter des islamisch-konservativen Königreichs. "RSF fordert den Generalbundesanwalt dazu auf, eine formelle Untersuchung dieser Verbrechen einzuleiten", heißt es in der Anzeige. Die Organisation beruft sich auf das sogenannte Weltrechtsprinzip: Täter sollen nirgendwo Zuflucht finden. Danach verfolgt die Bundesanwaltschaft Verbrechen nach dem 2002 in Kraft getretenen Völkerstrafgesetzbuch (VStGB).

Laut CIA hatte Bin Salman Einsatz gegen Khashoggi "genehmigt"

Khashoggi, der im Exil in den USA lebte, war am 2. Oktober 2018 im saudischen Konsulat in Istanbul von einem Spezialkommando aus Riad getötet worden. Von seinem Leichnam fehlt bis heute jede Spur. Nach einem am Freitag veröffentlichten Bericht des US-Geheimdiensts hatte Bin Salman die Operation zur Gefangennahme oder Tötung Khashoggis genehmigt. Saudi-Arabien wies dies als falsch zurück.

Die deutsche Bundesanwaltschaft hat bei der Ahndung von Kriegsverbrechen in Syrien eine Vorreiterrolle eingenommen. Opfer wie Täter haben hier oft als Flüchtlinge Aufnahme gefunden. Halten sich ausländische Beschuldigte nicht in Deutschland auf, müssen die Ermittler aber nicht tätig werden. Vorrangig zuständig sind dann die Staaten, wo es zu der Tat kam und woher Täter und Opfer stammen. Verbrechen gegen die Menschlichkeit finden laut VStGB "im Rahmen eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs gegen eine Zivilbevölkerung" statt.

In der Türkei läuft derzeit ein Prozess um den Mord an Khashoggi. Ein saudisches Gericht hatte fünf Angeklagte erst zum Tod und dann zu langer Haft verurteilt. RSF kritisierte, die Hauptverdächtigen seien "bis heute völlig straffrei". Die angezeigten Fälle offenbarten ein System, das Leben und Freiheit aller Journalisten bedrohe. (APA, 2.3.2021)