Aydost Bildik vor dem Wiener Rathaus. Ein Foto, das dort 2012 entstanden ist, soll der Grund sein, warum seine Mutter in Istanbul festgehalten wird.

Foto: Scherndl

Der Fall von Suna Bildik ist ein langwieriger. Seit August 2020 sitzt die österreichische Staatsbürgerin in der Türkei fest, sie darf nicht ausreisen. Im Dezember wurde der Fall publik, doch nach wie vor bewegt sich in der Causa nichts. Die Familie will nun den Druck auf die Behörden erhöhen und startete eine Petition.

Der Anfang dieser Geschichte liegt bei einer 1.-Mai-Demo im Jahr 2012. Dort entstand ein Foto, auf dem Bildik zu sehen ist. Über Spitzel, so vermutet ihre Familie, landete das Bild bei den türkischen Behörden. Und reichte diesen, um Bildik nach einem Arzttermin, für den sie in der Türkei war, am Flughafen festzunehmen. Der Vorwurf: Bildik soll Mitglied einer terroristischen Vereinigung sein.

Warten auf die Anklageschrift

Nun darf Bildik, sie arbeitete zuvor als Pflegerin in einem Wiener Heim, seit über einem halben Jahr nicht mehr aus der Türkei ausreisen, auch wenn sie nach drei Tagen aus der U-Haft entlassen wurde. Eine Anklageschrift gibt es nicht, mehrere Beschwerden gegen das Ausreiseverbot seien abgewiesen worden, sagt die Familie, eine weitere laufe.

Sohn Aydost Bildik startete nun eine Petition, mit der er Bewegung in die Causa bringen will. Sie richtet sich an das österreichische Außenministerium. Alle erhobenen Vorwürfe der türkischen Behörden seien haltlos, heißt es darin, und: "Wir fordern daher mit größtem Nachdruck die sofortige Aufhebung des Ausreiseverbots sowie die Einstellung aller Ermittlungen." Im Gespräch mit dem STANDARD sagt Aydost Bildik: "Meine Mutter ist keine Terroristin. Sie hat nur ihre Meinung geäußert. Wie kann es sein, dass wir da keine Hilfe bekommen?"

Dutzende weitere Fälle

Vom Generalkonsul in Istanbul, Gerhard Lutz, heißt es, die Causa sei bekannt, man unterstütze Bildik "im Rahmen der Möglichkeiten" und sei laufend mit ihr in Kontakt. Bildiks Fall ist jedenfalls kein Einzelfall. Lutz weiß derzeit von elf Österreicherinnen oder Österreichern, denen eine Ausreisesperre auferlegt wurde, allen von ihnen wegen Terrorvorwürfen. Dazu würden sieben Personen mit österreichischer Staatsbürgerschaft in U-Haft sitzen, vorwiegend wegen strafrechtlicher Delikte. Dazu kommt eine unbekannte Zahl an Fällen, von denen der Konsul nicht weiß, entweder weil die betroffene Person das nicht will, oder – im Fall von Doppelstaatsbürgern – weil die Türkei Österreich nicht informiert.

Die Petition, die Suna Bildik betrifft, wurde Stand Mittwochmittag von 280 Unterstützerinnen und Unterstützern unterzeichnet. Darunter sind auch die Grünen-Politikerinnen Berîvan Aslan und Ewa Ernst-Dziedzic, aber auch Politikwissenschafter Thomas Schmidinger und der ehemals in der Türkei inhaftierte Journalist und Aktivist Max Zirngast. Letzterer sagt: "Meiner Erfahrung nach muss man Druck ausüben, um den Prozess zu beschleunigen." Der Steirer Zirngast wurde im September 2018 in der Türkei wegen Verdachts auf Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation festgenommen. Erst ein Jahr später erfolgte der überraschende Freispruch. (Gabriele Scherndl, 3.3.2021)