Gabi Spiegelfeld (links) warb bei Unternehmern für Sebastian Kurz (Mitte).

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Ihren Ruf als gute Lobbyistin hat sich Gabriela, kurz "Gabi", Spiegelfeld im Laufe der Jahre redlich verdient. Da wäre etwa der gemeinsam mit Eva Glawischnig 2003 gegründete "Klub der Frauen", per Eigendefinition eine "überparteiliche Initiative", die für Frauenthemen gezielt das Bewusstsein in der Öffentlichkeit sucht und mobilisieren will.

Anderes gedeiht nicht minder erfolgreich hinter den Kulissen, ergibt sich über das im beruflichen Umfeld wachsende und das private Netzwerk. Manchmal führt auch eins zum anderen, wie ein Beispiel aus der Kunstszene zeigt. Mit Familie Husslein sind der Immobilienmanager Georg und seine aus dem Quester-Clan gebürtige Ehefrau eng befreundet. Im Sommer verbringen sie regelmäßig eine gemeinsame Woche in Pörtschach am Wörthersee, konkret in der Villa der Kulturmanagerin Agnes Arco-Husslein, in gewissen Kreisen als Gräfin Arco geläufig, und ihres Ehemannes Peter Husslein, Vorstand der Universitätsklinik für Frauenheilkunde.

Die Belvedere-Komplikationen

Privaturlaub oder Arbeitstreffen? So genau ließ sich das in der Erzählung der ehemaligen Belvedere-Direktorin nicht mehr trennen, als im Mai 2016 Verstöße gegen Compliance-Richtlinien bekannt werden. Just zu einem Zeitpunkt, als die Verlängerung für Husslein selbst nur noch eine Formsache war. Es kam bekanntlich anders. Allein die Verlegung ihres Dienstortes an den Wörthersee in den Sommermonaten hätte der Genehmigung des Kuratoriums, des Aufsichtsorgans des Museums, bedurft. Dass dafür auch noch satte Spesen angefallen waren und zeitgleich kein einziger Urlaubstag konsumiert wurde, sei erwähnt. Nur ein Beispiel von vielen, die Wirtschaftsprüfer BDO als Verstöße wertete. Husslein gesteht Verfehlungen ein und zahlt eine Wiedergutmachung in der Höhe von 30.000 Euro.

Gabi Spiegelfeld tritt in dieser Phase vorerst nur hinter den Kulissen in Erscheinung. Im Jahr davor war sie von Husslein als einfaches Mitglied in das Kuratorium berufen worden. Vereinzelt beschwert sie sich bei Medien über die kritische Berichterstattung. Etwa, als die Geschichte einer Rechnung für das im Belvedere für einen Enkel Hussleins ausgerichtete Geburtstagsfest publik wurde, die Peter Husslein so umformulieren lässt, dass er sie von der Steuer absetzen kann. Spiegelfeld tritt aus dem Kuratorium zurück.

Interventionen gegen Drozda

Noch bevor der damalige Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ) das Ende der Ära Husslein mit einer Neuausschreibung besiegelt, hatten ihn Interventionen gegen die Handhabung dieser Causa ereilt. Darunter von Thomas Schmid, damals Kabinettschef und Generalsekretär im Finanzministerium (BMF), der zuweilen ebenso an den Ufern des Wörthersees gastierte. Er ist Hussleins Verhandlungspartner, wenn es um das vom BMF als Belvedere-Depandance zur Verfügung gestellte Winterpalais geht. Der Rechnungshof hatte dazu eine kräftige Rüge erteilt: zu teuer. Im Herbst 2016 wird das Palais zur Verhandlungsmasse: Für die Erhöhung des Kulturetats geht es an das Finanzministerium zurück, das eine teils öffentliche Nachnutzung in Aussicht stellt. Gerüchteweise soll das Konzept dafür von Gabi Spiegelfeld kommen. Nein, stellt Sprecher Johannes Pasquali rückwirkend in Abrede. Weder dementieren noch kommentieren wollte man damals die Mutmaßung, dass Agnes Husslein dort eine neue Wirkstätte als Ausstellungsmacherin bekäme.

Konkret ging es um die Präsentation der Kunstsammlung der Milliardärin Heidi Horten, die ein paar ihrer Leihgaben an das Belvedere noch vor Hussleins letztem Arbeitstag abgezogen hatte. Es kam auch hier anders, inklusive einiger Volten, die im Rückblick ein neues Schlaglicht auf bereits bekannte Vorkommnisse und Seilschaften ergeben.

Selbst nach ihrem Abgang aus dem Belvedere weiß Agnes Husslein Gabi Spiegelfeld und Thomas Schmid an ihrer Seite. Im Februar 2017 wird sie vom BMF in den Vorstand der Leopold-Museum-Privatstiftung berufen. Spiegelfeld landet auf der Einladungsliste sämtlicher dort stattfindender VIP-Events. Hussleins Entsendung als Kontrolleurin in ein vom Bund subventioniertes Museum hatte zu diesem Zeitpunkt eine eigentümliche Optik: Denn die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Untreue liefen noch. Sie wurden nach der Nationalratswahl im Dezember 2017 eingestellt, als Husslein für die ÖVP das Regierungsprogramm im Bereich Kunst und Kultur verhandelte. Zeitgleich wird bekannt, dass Heidi Horten im Jahr 2018 erstmals im Leopold-Museum einen Teil ihrer Kunstsammlung zeigen wird. Husslein berät ihre Freundin seit Mitte der 1990er-Jahre bei ihren Kunstkäufen und steht der scheuen Milliardärin sehr viel näher als bekannt.

Die Großspenderin

Die Kaufentscheidungen trifft Horten, wie sie oft betont, zwar selbst, vertraut dabei jedoch stets Hussleins Vorschlägen. Statt Vermögenssteuern zu berappen, würde sie gewiss lieber weiter in Kunst und ihr künftiges Museum investieren. 2018 und 2019 spendet Heidi Horten der ÖVP 931.000 Euro: Rund um den 20. jedes Monats werden 49.000 Euro überwiesen, ab 50.000 Euro hätten sie dem Rechnungshof gemeldet werden müssen.

Gehörte dieser diskret eingefädelte Coup zu jenen, die sich tatsächlich Gabi Spiegelfeld an die Fahnen heften darf? Fakt ist, dass Spiegelfeld rund um die Nationalratswahl 2017 zahlreiche Termine zwischen dem damals frischgebackenen ÖVP-Obmann Sebastian Kurz und Unternehmern organisierte.

Spiegelfeld, die auf eine Anfrage nicht reagierte, ist mit der Öbag im Geschäft, wo sie für Vernetzung zwischen der Staatsholding und Industriellen sorgt. Sie ist also nach wie vor beruflich mit Thomas Schmid, dem Öbag-Chef, verbunden. Ihr Mann Georg Spiegelfeld wurde in den Aufsichtsrat der Bundesforste entsendet, über diese Bestellung wurde auch in ÖVP-internen Chats diskutiert, die in der Causa Casinos/Postenschacher ausgewertet wurden. Am Dienstag fiel ihr Name bei einem Hintergrundgespräch des Kanzlers: Da legte er eine Rechnung vor, der zufolge er nicht in Mallorca bei den Spiegelfelds übernachtet hatte. Am Donnerstag wird Gabi Spiegelfeld ab 9 Uhr im U-Ausschuss befragt. Horten blieb das aufgrund gesundheitlicher Gründe erspart. (Olga Kronsteiner, Fabian Schmid, 4.3.2021)