Bekam Post vom Frauennetzwerk Medien und Presseclub Concordia: Sabine Matejka, Präsidentin der Vereinigung der österreichischen Richterinnen und Richter.

Foto: STANDARD, Fischer

Wien – Nach dem STANDARD-Bericht über einen Wiener Medienmanager, der gegen Vorwürfe der sexuellen Belästigung klagt, richten das Frauennetzwerk Medien und Presseclub Concordia jetzt einen offenen Brief an die Vereinigung der österreichischen Richterinnen und Richter und fordern Sensibilität beim Thema sexuelle Belästigung.

Hintergrund: Während des Prozesses fragte die vorsitzende Richterin Andrea Mayrhofer wie berichtet die Beschuldigte, die mutmaßlich von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz betroffen war, warum sie nicht gekündigt habe, "man wisse doch, wie es im Unternehmen zugehe". Damit suggeriere die Richterin, dass Übergriffe und sexuelle Belästigung normal seien, heißt es in dem Brief. "Solche Aussagen einer Richterin schüchtern nicht nur im konkreten Fall ein, sondern sind auch ein fatales Signal für alle anderen Betroffenen und für die Öffentlichkeit. In unserem Rechtsstaat sollten und müssen alle entschieden gegen sexuelle Belästigung ein- und auftreten."

Brief im Wortlaut

"Sehr geehrte Frau Mag.a Matejka,

wir wenden uns als Vertreterinnen des Frauennetzwerks Medien und des Presseclubs Concordia anlässlich des STANDARD-Artikels "Wiener Medienmanager klagt gegen Vorwürfe der sexuellen Belästigung" vom 2. März 2021 an Sie. Wie DER STANDARD berichtet, fragte die vorsitzende Richterin Andrea Mayrhofer während des Prozesses die Beschuldigte, die mutmaßlich von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz betroffen war, warum sie nicht gekündigt habe, 'man wisse doch, wie es im Unternehmen zugehe'. Damit suggeriert die Richterin, dass Übergriffe und sexuelle Belästigung normal seien.

Als Vertreterinnen der Medienbranche weisen wir nachdrücklich darauf hin, dass ein solches Verhalten in unserer Branche weder die Norm ist noch als Norm betrachtet werden darf. Übergriffe und sexuelle Belästigung sind nicht tolerierbar! Wir gehen davon aus, dass das auch Richter*innen üblicherweise so sehen. Solche Aussagen einer Richterin schüchtern nicht nur im konkreten Fall ein, sondern sind auch ein fatales Signal für alle anderen Betroffenen und für die Öffentlichkeit. In unserem Rechtsstaat sollten und müssen alle entschieden gegen sexuelle Belästigung ein- und auftreten. Richter*innen haben unabhängig und unbeeinflusst zu entscheiden. Umso wichtiger ist es, dies durch eine objektive Verhandlungsführung zu untermauern und ein nötiges Maß an Feingefühl bei der Befragung mutmaßlicher Gewaltopfer walten zu lassen.

Deshalb wenden wir uns mit folgenden Fragen an Sie:

* Stehen die von der vorsitzenden Richterin Andrea Mayrhofer getätigten Aussagen in Einklang mit dem Verständnis der Richtervereinigung, wie man mit mutmaßlich Betroffenen von sexueller Belästigung umgeht?

* Werden Sie das Gespräch mit der Richterin suchen, falls dem nicht so ist?

Wir verbleiben mit der Bitte um eine Stellungnahme. Mit freundlichen Grüßen,

Daniela Kraus, Generalsekretärin Presseclub Concordia

Martina Madner und Alexandra Wachter, Vorsitzende Frauennetzwerk Medien"

(red, 4.3.2021)