Spar versichert, man habe noch genügend FFP2-Masken von anderen Herstellern auf Lager.

Foto: APA / HERBERT PFARRHOFER

Wien – Österreichs Handel reagiert auf die Anschuldigungen gegen den Maskenproduzenten Hygiene Austria und zieht die Reißleine. Rewe, Spar, Hofer und DM bieten die FFP2-Masken des Unternehmens nicht mehr an. "Wir stoppen den Verkauf und richten eine Kassensperre ein", sagt Rewe-Sprecherin Ines Schurin. Die Masken seien österreichweit spätestens ab Freitag für Kunden nicht mehr erhältlich.

Schurin betont, dass die betroffenen Masken Schutz gewährleisten. "Es geht nicht um Qualitätsprobleme. Wir reagieren jedoch auf Vertrauensverlust." Kunden, die Masken umtauschen wollen, sollen die Möglichkeit dazu erhalten. Rewe selbst kaufte FFP2-Masken ursprünglich ausschließlich in Österreich ein. Mittlerweile werden sie vorwiegend international beschafft, aus Europa wie Asien. Allein bei Bipa sei der Grazer Produzent Aventrium nun noch vertreten.

China als Alternative

Auch Spar nimmt Masken der Hygiene Austria aus dem Sortiment. "Da wir unseren Kunden nur Ware anbieten möchten, wo das auch drin ist, was draufsteht", begründet Spar-Sprecherin Nicole Berkmann diesen Schritt.

Man habe aber genügend andere FFP2-Masken für Mitarbeiter und Kunden aus europäischer und asiatischer Produktion vorrätig.

Lidl war niemals Kunde der Hygiene Austria, erläutert ein Konzernsprecher. Sehr wohl jedoch Hofer. Hygiene Austria habe versichert, dass es sich bei den gelieferten Masken tatsächlich um österreichische Ware handelt, lässt das Unternehmen auf Anfrage wissen. Die Masken würden nun zusätzlich einer neuerlichen internen Prüfung durch das eigene Qualitätsmanagement unterzogen. Bis zur Klärung des Sachverhaltes nehme man die Masken vorsorglich aus dem Verkauf.

Versorgung sichergestellt

Wie alle übrigen Händler bezieht auch Hofer FFP2-Masken von einer Vielzahl weiterer Lieferanten. Die Versorgung sei daher sichergestellt.

Auch die Apothekerkammer betont, dass es nicht um Qualitätsmängel gehe, sondern um den Vorwurf von Betrug und Schwarzarbeit. Jede Apotheke bestelle Masken freilich auf eigene Initiative hin. Die Kammer habe daher keinen Überblick darüber, wie stark Hygiene Austria in der Branche vertreten ist. Sollten sich die Vorwürfe gegen das Unternehmen erhärten, seien auch die Apotheker betrogen wurden, zieht ein Sprecher Bilanz. "Sie haben die Masken in dem Glauben gekauft, dass es österreichische sind."

Arzneimittelgroßhandel sperrt Bestände

Der Arzneimittelgroßhandel hat sämtliche Bestände der Hygiene Austria mittlerweile gesperrt, bestätigt eine Sprecherin dem STANDARD. Die einzelnen Großhändler seien in Kontakt mit dem Unternehmen, um abzuklären, welche seiner Masken nun tatsächlich aus Österreich und welche aus China stammten. "Ihre Herkunft wird geprüft."

Lenzing beauftragt Forensik

Nach den Ankündigungen der Handelsketten will Mehrheitseigentümer Lenzing nun die Zügel straffer anziehen: Ein externes forensisches Untersuchungsteam werde nun bestellt, erklärte Lenzing am Donnerstag. Eine Zahl, wie viele FFP2-Masken möglicherweise aus China bezogen worden sind, wird noch nicht genannt.

Am Mittwochabend hatte Hygiene Austria mit dem Eingeständnis überrascht, zum Abdecken von Spitzennachfrage auch auf chinesische Lohnfertiger zurückgegriffen zu haben. Davor hatte man sich immer als "Made in Austria"-Produzent dargestellt. Die Vorwürfe von Betrug und Schwarzarbeit, denen die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) nachgeht, hat das Unternehmen am Mittwochabend "klar zurückgewiesen".

FPÖ fordert umfassenden Maskenrückruf

Unterdessen fordert FPÖ-Chef Norbert Hofer einen Rückruf der Masken. Diese sollten sowohl aus dem Handel als auch aus allen anderen Bereichen, wo sie ausgeliefert wurden, eingezogen werden, sagte Hofer am Donnerstag bei einer Pressekonferenz. Zudem müssten die Behörden Stichproben nehmen und die Masken darauf untersuchen, ob sie den Wirkungskriterien entsprechen.

Am Dienstagabend hatten Einheiten des Bundeskriminalamts, des Landeskriminalamts, der Finanzpolizei sowie der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) die Produktionsstätte des Maskenherstellers in Wiener Neudorf und die Büros in Wien untersucht. Der Verdacht lautet auf organisierte Schwarzarbeit und Betrug, es gilt die Unschuldsvermutung. FFP2-Masken sollen aus China importiert und dann umgepackt worden sein. Verkauft worden seien die Masken jedoch unter dem Versprechen "made in Austria". (Verena Kainrath, 4.3.2021)