Wien – Die ORF-Streamingplattform "ORF-Player" soll auch ohne gesetzliche Erleichterungen für Onlineangebote mit drei Modulen starten: "Newsroom" – laut ORF-Chef Alexander Wrabetz im ORF-Publikumsrat am Donnerstag – sowie "Sound" und "Live". Dieses Modul soll "sehr stark auch auf Interaktion mit dem Publikum der klassischen Sender setzen", sagte Wrabetz. Das Publikum solle "mitreden und sich mit den Programmmachern austauschen".

Als weiteres Modul für 2021 wurde bisher – jedenfalls ORF-intern – Sport kommuniziert, abhängig von den Großevents (Fußball, Olympische Spiele). Sport war in Wrabetz' Präsentationsteil zum Player am Donnerstag kein Thema.

Die am Donnerstag genannten drei ersten Module stellt sich der ORF auf Smartphones in etwa so vor, zeigte Wrabetz' Präsentation vor dem Publikumsrat:

Visualisierung von ORF-Player-Modulen für Smartphones.
Foto: ORF Visualisierung / Publikumsrat

Der ORF wünscht sich seine Streamingplattform ORF-Player – hier in einer Visualisierung für den Publikumsrat – auf Augenhöhe mit Netflix und Co auf Tablet und Co:

ORF-Player-Logo neben Netflix und Co.
Foto: ORF Visualisierung / Publikumsrat

Die ORF-Streamingplattform ist ein zentrales Projekt des ORF, das etwa auch 24-Stunden-Streaming der klassischen ORF-Programme bringen dürfte. Eine Gesamtschau der Player-Vorhaben präsentierte Wrabetz im Publikumsrat neuerlich:

Projekte für den ORF-Player, (neuerlich) präsentiert im Publikumsrat des öffentlich-rechtlichen Unternehmens.
Foto: ORF/Publikumsrat

Jugend erreichen

Schwerpunktthema im ORF-Publikumsrat am Donnerstag war Jugend, im Grunde die Frage: Wie erreicht der ORF das junge Publikum unter 30 Jahren? Nicht allein auf eigenen Angeboten, signalisierten Salvan Joachim vom Bayerischen Rundfunk und die ORF-Referentinnen Lukas Klingan (ORF-Player) und Irina Oberguggenberger (ORF 1) sowie Vanessa Peiker (ORF-Player). Auch wenn der ORF jeden Tag mit zumindest einem Angebot 76,5 Prozent der Menschen zwischen 14 und 30 Jahren erreiche, wie Wrabetz berichtete.

"TV wurde schon neu erfunden und heißt Youtube"

"Das Fernsehen wurde schon neu erfunden und heißt Youtube", erinnerte Oberguggenberger, die bei ORF 1 etwa "Fannys Friday" verantwortet; die Google-Plattform sei die am schnellsten wachsende und relevanteste Videoplattform.

"Fannys Friday" testet seine Zugänge und Beiträge in jungen Fokusgruppen im Vergleich mit erfolgreichsten Youtube-Beiträgen ab, und das sehr erfolgreich. Und doch laufen diese Beiträge im klassischen Fernsehen und nicht auf Youtube (wo sich die Zielgruppe bewegt). Beiträge allein für Online zu produzieren verbietet bisher aber das ORF-Gesetz.

Oberguggenbergers Schluss: "Wir haben bei diesem Produkt kein Content-Problem, sondern ein Distributionsproblem. Wir befüllen eine Fernsehsendung mit Online-Content." Ihr Trost: "Wir wissen schon, wo wir hinmüssen, wenn wir dürfen, und können dann einen Stapel an Onlineprodukten rausstellen."

Der ORF brauche aber auch eine "Online-Dachmarke für jungen Online-Content". Nachdrücklicher Schlusssatz: "Es geht um die 1,8 Millionen Menschen zwischen zwölf und 29, die wir auf ihren primären Ausspielkanälen nicht erreichen können – obwohl das unser Auftrag ist."

Dafür müsse auch ein ORF-Player auf Social Networks wie Instagram, Youtube, Tiktok, Spotify oder Facebook zurückgreifen, sagte Lukas Klingan, Büroleiter von Player-Geschäftsführer Roland Weißmann.

ORF-Player soll auf Social Media ausstrahlen (ORF-Visualisierung).
Foto: Screenshot ORF/Publikumsrat

"Wir müssen ausstrahlen auf die Plattformen und unsere Inhalte in die richtige Auslage hängen, nur so können wir neue Touchpoints für junge Menschen erzeugen, um sie auf unsere Plattformen zu holen." Denn, so Klingan: "Wir können nur an einer Straßenecke stehen, wo sie nie vorbeikommen", um die ORF-Inhalte zu bewerben. "Wir müssen auf die Straßen gehen, wo die jungen Zielgruppen jeden Tag spazieren gehen."

"Der größte Longtail"

ORF-Chef Wrabetz verwies in seiner Präsentation etwa auf rund 1,2 Millionen tägliche Kontakte mit dem "ZiB"-Angebot auf Facebook und 357.000 auf Instagram sowie auf fast 1,2 Millionen Kontakte mit Ö3 via Facebook sowie 69.000 auf Instagram. "Starmania" wiederum sei ein erster Versuch auf Tiktok.

Das gesetzliche Verbot für den ORF, Inhalte allein und zuerst für das Web zu produzieren, sei überholt, auch den Zugang zu Social Media habe der ORF erst über den Verfassungsgerichtshof erkämpfen müssen.

Aber auch die Sieben-Tage-Begrenzung für die meisten Video- und Audiobeiträge im Web sei obsolet, etwa für grundlegendere, zeitlosere Beiträge.

Wrabetz: "Wir haben den größten Longtail, also das größte Archiv der Welt, wir Öffentlich-Rechtlichen." Dieses Material müsse der ORF auch zugänglich machen können. (fid, 4.3.2021)