Die eigene Idee zum Geschäftsmodell zu machen und davon auch zu leben: Davon träumen so manche Studierende. Während die einen diesen Traum lange aufschieben oder nie verwirklichen, warten andere nicht lange und machen sich bereits im Bachelor oder Master selbstständig. Immerhin haben die meisten im Studium keine familiären Verpflichtungen und vergleichsweise geringe Risiken. Wer von den Eltern unterstützt werden kann oder noch bei ihnen wohnt, ist finanziell recht gut abgesichert. Auch sonst sind die Lebenserhaltungskosten in Studienzeiten relativ niedrig.

Studium und Gründung können eine Symbiose bilden. Häufig entsteht eine Idee im Studienalltag, wenn man auf ein ungelöstes Problem stößt. Studieninhalte können aber auch für die Gründungsphase wertvolle Informationen liefern oder durch die Erfahrung des eigenen Unternehmertums verständlicher werden. Zudem kann – je nach Studienfach – das eigene Projekt oftmals in Vorlesungen präsentiert oder zur Benotung eingereicht werden und so zum Studienerfolg beitragen.

Laut dem Austrian Startup Monitor (ASM) von 2019 finden 6,7 Prozent aller Gründungen während einer akademischen Ausbildung statt. Knapp die Hälfte dieser Gründer haben bereits einen Masterabschluss, etwas mehr als ein Fünftel haben einen Bachelor und 6,4 Prozent einen Doktortitel. Und 12,8 Prozent der studentischen Gründungen kommen von Studienabbrechern.

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Laut dem Austrian Startup Monitor von 2019 finden 6,7 Prozent aller Gründungen während einer akademischen Ausbildung statt.
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Wie alt die Studierenden dabei sind, ist nicht erhoben. Laut der Wirtschaftskammer wurden im Vorjahr die meisten Unternehmen von 30- bis 40-Jährigen gegründet. Ihr Anteil ist aber nur geringfügig größer als jener der 20- bis 30-Jährigen, die 31,7 Prozent aller Gründer ausmachen. In den vergangenen zwölf Jahren habe der Anteil an Neugründungen von unter 30-Jährigen deutlich zugenommen, heißt es auf Anfrage.

Timing ist entscheidend

Beim Gründen ist das Timing ein entscheidender Erfolgsfaktor. Hat man eine innovative Idee, sei es sinnvoll, nicht zu lange mit der Umsetzung zu warten, rät Rudolf Dömötör, Leiter des Gründungszentrums der Wirtschaftsuni Wien. Eine Lösung für ein Problem zu suchen oder die eigene Idee zu verwirklichen, nennen 91 Prozent der Gründer als wesentliches Gründungsmotiv, ergab eine Befragung des ASM 2018. Nur etwas mehr als ein Drittel gründen aus finanziellen Motiven. Auch soziale und ökologische Ziele bewegen immer mehr Menschen, eine Firma zu gründen. Das entspreche dem Zeitgeist, sagt Florian Schanznig vom [sic!] – Students’ Innovation Centre in Wien, das Studierende beim Weiterentwickeln nachhaltiger Ideen unterstützt.

Neben unabhängigen Anlaufstellen für studentische Unternehmensideen wie dem [sic!] haben viele Unis mittlerweile eigene Gründungszentren. Das Angebot wächst kontinuierlich, mit der Boku:Base bekommt auch die Uni für Bodenkultur 2021 eine Einrichtung für studentisches Gründen. Die diversen Unterstützungen sind in der Regel kostenlos und reichen von der Bereitstellung von Räumlichkeiten, Entrepreneurship-Kursen und Beratungsleistungen bis hin zu Networking-Veranstaltungen. "Primär wollen Anlaufstellen die gründenden Studenten vernetzen: mit Unternehmen, untereinander oder mit anderen Gründungseinrichtungen", sagt Schanznig.

Ziel sei nicht, sind sich die beiden Gründungsberater einig, zwangsläufig profitorientierte Unternehmen aufzubauen. Vielmehr sollten Studierende dazu ermutigt werden, problemorientiert zu denken. Das könne auch bei gemeinnützigen Initiativen oder einem späteren Anstellungsverhältnis nützlich sein.

Finanzielle Unterstützung

Finanzielle Hilfe für Akademiker, wie etwa von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft, sei laut den porträtierten Gründern (siehe unten) leicht zugänglich und laut ASM 2019 von fast der Hälfte der Gründer in Anspruch genommen worden. Ein gewisses Eigenkapital bei der Gründung sollte in der Regel aber vorhanden sein. Um Anreize für Frauen zu schaffen – die unter den Gründern unterrepräsentiert sind –, gibt es oft Zuschüsse für Frauen, die die Leitung übernehmen.

In Krisenzeiten, wenn die Arbeitsplätze knapp und Perspektiven am Jobmarkt für Absolventen eingeschränkt sind, kann ein eigenes Start-up eine Alternative sein. Zudem schaffen erfolgreiche Selbstständige langfristig neue Arbeitsplätze. "Krisen bieten auch immer Chancen, das haben viele nachhaltige Ideen zur Klimakrise in den letzten Jahren gezeigt", sagt Dömötör vom WU-Gründungszentrum. Jetzt sei eine gute Zeit für Studierende, sich diesen Weg bewusst anzuschauen.



Artheca: Pitch im Uniseminar weiterentwickelt

Artheca-Gründerin Denise Steger
Foto: Artheca

Selbst im Kunstbereich tätig, suchte Denise Steger nach einer Möglichkeit, unbekannte Künstler weniger abhängig von Galerien zu machen und online mit potenziellen Käufern zu vernetzen. Daher pitchte die 22-Jährige im Frühjahr 2020 die Idee einer Onlineplattform für Kunsthandel in einer praxisorientierten Lehrveranstaltung. Steger studiert im Bachelor Internationale Betriebswirtschaft an der Wirtschaftsuni Wien. Im restlichen Sommersemester entwickelte sie die Idee mit einigen ihrer Seminarkollegen weiter und gründete im Sommer schließlich mit einem davon Artheca.

Die Südtirolerin ist sich des Risikos einer Gründung "vollkommen bewusst", erzählt sie. Aber sie strebte immer schon die Selbstständigkeit an und sieht eine Gründung als gute Erfahrung: "Es ist wichtig, anzufangen, auch wenn es dann nicht gelingt. In Österreich fehlt die Fehlerkultur." Sie will noch einen Master machen – aber derzeit habe das Start-up Vorrang.



Epiclay: Internationales Team auf Investorensuche

Epiclay-Mitgründer Christoph Hornik
Foto: Epiclay

Wie kann man städtische Hitze und Luftverschmutzung bekämpfen? Das fragten sich der BWL-Student Christoph Hornik und fünf Studierende im Rahmen der Erasmus-Plus-Projektreihe "Build Solutions" im Jänner 2020. Bei dem Gründerprojekt ist die Idee für das Start-up Epiclay entstanden. Damit entwickelt das sechsköpfige, internationale Team aus Studierenden der WU Wien, einer französischen Design-Uni und einer spanischen Architekturhochschule Innen- und Außenfassadenbegrünung für Städte.

Seit einem Jahr finanzieren sich Mitgründer Hornik und sein Team von einem Wettbewerb zum nächsten, aber auch durch öffentliche Gelder der Forschungsförderungsgesellschaft. Der nächste Schritt ist nun die Investorensuche.

Obwohl es zeitaufwendig ist, ist der 24-jährige Hornik froh, im Studium gegründet zu haben: "Nachher hätte ich mich wahrscheinlich zu sicher in einem Job gefühlt, um den Schritt zu wagen."



Studo: Neue Features und Internationalisierung

Valentin Slawicek ist Teil des Gründerteams von Studo
Foto: florianrogner photography

Studo ist eine Organisationsapp für Stu dierende mit Stundenplan, Mails, Chat, Mensa-Menü und Notenübersicht. Seit 2016 ist die App des Grazer Unternehmens erhältlich, über 240.000 österreichische und deutsche Studierende nutzen sie. Entsprungen der Idee des damaligen Bachelor-Informatikstudenten Valentin Slawicek, erweitert das Team die App mit neuen Features, auch mit Hochschulen. Die Unis nutzten die App auch als Infokanal für Neuerungen der Corona-Regeln oder für Corona-Tracking.

Seit 2020 gibt es Studo in Deutschland, nun arbeitet das Team an der Internationalisierung betreffend das nichtdeutschsprachige Ausland. Obwohl das Unternehmen gut läuft, haben die Gründer die Uni nicht abgebrochen. Slawicek schreibt die Masterarbeit, die anderen haben fast alle den Master fertig. Die größte Schwierigkeit stelle der Personalausbau dar, zumal die Chemie gerade in einem kleinen Unternehmen stimmen müsse, um erfolgreich zu sein. (Katharina Nieschalk, 11.3.2021)