Reis ist aus der weltweiten Ernährung kaum wegzudenken, zwei Drittel aller Menschen ernähren sich davon. Umso wichtiger wäre es laut Experten, ihn klimafreundlicher anzubauen.

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Bei der Kombination von Reis und Fisch denken die meisten wohl an Sushi oder eine asiatische Curry-Pfanne, aber eher nicht an ein Rezept zur Bekämpfung des Klimawandels. Trotzdem kann es eines sein. Hierzulande werden pro Person im Schnitt jedes Jahr fünf Kilogramm Reis konsumiert. In China und Indien, wo Reis das Hauptnahrungsmittel ist, werden pro Kopf und Jahr durchschnittlich mehr als 100 Kilogramm Reis vertilgt. Reis ernährt zwei Drittel der Weltbevölkerung und macht insgesamt sogar ein Fünftel der weltweiten Kalorienzufuhr aus.

Der Reisanbau hat selbstverständlich einen ökologischen Fußabdruck – und wider Erwarten keinen guten. Zwar schneidet Reis bei den Emissionen pro Kalorie um ein Vielfaches besser ab als etwa Fleisch, Gemüse oder Weizen, die gewaltigen Mengen der Produktion machen den Vorsprung in absoluten Zahlen aber wieder wett. Wir konsumieren viel, also müssen wir uns auch der Folgen bewusst sein.

Jahrtausendalte Praxis

Das Methangas etwa, das aus den gefluteten Reisfeldern dünstet, ist in seiner Wirkung rund 25-mal stärker als Kohlendioxid. Zwischen zehn und 20 Prozent des Methans in unserer Atmosphäre entspringen dem Reisanbau. Nicht zuletzt deshalb experimentieren Forschende seit Jahren mit Methoden, wie Reis klimafreundlicher angebaut werden könnte. Genau hier kommen die Fische ins Spiel. Sie sollen auf den gewässerten Reisplantagen ausgesetzt werden, Plankton fressen und so indirekt die Methanemissionen senken.

Auf die Idee, Reis und Fische gemeinsam zu züchten, kam man schon früher. In China etwa setzen Landwirte seit Jahrtausenden auf diese Symbiose. Während der Reis Karpfen Unterschlupf bot, futterten diese lästige Insekten, Seegräser und Krankheitserreger aus dem Weg. Das brachte größere Erträge, mehr Einkommen, weniger Pestizide und zusätzliche Lebensmittel.

Plankton für den Barsch

Der Klimaaspekt war lange nicht so bekannt. Die US-amerikanische NGO Resource Renewal Institute schickt sich nun aber seit rund fünf Jahren an, das zu ändern. Gemeinsam mit dem Ökologen Shawn Devlin, der in einer mehrjährigen Studie herausgefunden hat, dass die Zugabe von Barschen in einem finnischen See die Methanemissionen um ein Vielfaches reduzieren konnte, startete man erste Tests.

Die Forschungen in Finnland hatten gezeigt, dass Barschen vor allem das Zooplankton mundet. Dieses ernährt sich für gewöhnlich wiederum von kleinen Bakterien, die sich wiederum von Methan ernähren. Indem die Bakterien weniger Fressfeinde hatten, stieg ihre Population an, und gleichzeitig erhöhte sich die Menge an "vertilgtem" Methan.

Durch die Manipulation der Nahrungskette stieg letztlich weniger umweltschädliches Methan in die Atmosphäre auf. Ein Trick, so genial wie banal, könnte man zunächst meinen.

Mehr Einkommen für Landwirte

Devlin und die NGO testeten die Methode seither auf dutzenden Reisfeldern im US-Bundesstaat Kalifornien – auch mit Goldbrassen. Aber nicht nur mit Fischen, sondern auch mit Krabben, Flusskrebsen, Shrimps und Enten gab es weltweit Experimente. Weil das mit der Nahrungskette aber immer so eine Sache ist, müssen vielerorts Netze die Reissee-Bewohner vor hungrigen Vögeln schützen.

Im US-Experiment sollen die Methanemissionen jedenfalls um mehr als die Hälfte reduziert worden sein. Nicht nur der Methan-, sondern auch der CO2-Gehalt in der Luft ließ sich damit verbessern: Denn das Plankton, das den Fischen als Futter dient, nimmt CO2 aus der Atmosphäre auf und dient so als Kohlenstoffspeicher, so die NGO.

Wie profitabel das Fisch-Reis-Konzept sein kann, zeigte sich in Bangladesch. Dort konnten sich Farmer über 50-prozentige Einkommenszuwächse freuen.

Viele kritische Stimmen

Noch sind die Forschenden aber weit davon entfernt, die Methode weltweit zum Einsatz zu bringen. Von den rund 20 Millionen Hektar, die für eine Reis-Fisch-Kultivierung in Indien geeignet wären, werden gerade einmal 0,23 Millionen Hektar entsprechend genutzt. Werden hier also Ressourcen verschwendet?

Diese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten. Nicht wenige Expertinnen und Experten stehen der Idee sogar ziemlich skeptisch gegenüber. "Die Anbaufläche der Reis-Fisch-Systeme ist global sehr begrenzt", sagt Reiner Wassmann, emeritierter Wissenschafter am Internationalen Reisforschungsinstitut. So würden Studienergebnisse zeigen, dass viele Landwirte bei der Reisproduktion statt auf Fische auf weit günstigere Pestizide zurückgreifen. Der sich akut verschärfende Wassermangel in vielen Reisanbauregionen komme als weiteres Problem hinzu.

Problematische Zusätze

Die bisher erfolgreichsten Strategien zur Reduzierung von Emissionen seien deshalb jene, die auf kürzere Flutungsperioden abzielen, so der Experte. Dabei werden die Felder abwechselnd getrocknet und geflutet, was die Methanemissionen annähernd halbiere.

"Die Kultivierung von Fischen zusammen mit Reis ist sicher nicht der große Gamechanger für den Klimawandel", sagt Steven Weiss, Biologe an der Universität Graz. Viel hänge davon ab, wie die Fische gezüchtet werden und was sie zu fressen bekommen. "Es ist nicht auszuschließen, dass manche Landwirte noch mehr Fische züchten werden, um den steigenden Bedarf zu befriedigen, und diese dann mit Zusätzen wie Fischmehl füttern, was für das Klima wieder ein Blödsinn wäre", sagt Weiss.

Es mangelt an Geld

Ein weiteres Problem: Bis die Fisch- und Reisproduktion perfekt auf die Region und ihre klimatischen Bedingungen abgestimmt sei, dauere es Jahre, so der Experte. "Die meisten Landwirte können sich eine solche Auszeit vom Normalbetrieb schlicht nicht leisten." Um mit den neuen Methoden zu experimentieren, brauche es daher neue Unterstützungs- und Finanzierungsmodelle für Landwirte.

Es wäre fast zu schön, wenn ein jahrtausendealtes Konzept plötzlich eine simple Lösung im Kampf gegen die Klimaerwärmung brächte. An den Folgen für das Klima hängen aber mindestens so viele Parameter, wie es Glieder in der tierischen Nahrungskette gibt. Das heißt nicht, dass die alten Chinesen nicht doch schon eine geniale Vorahnung hatten. Richtig eingesetzt, könnte es zu einer lebenswerten Umwelt für Mensch, Fisch und Reis beitragen. (Jakob Pallinger, Fabian Sommavilla, 7.3.2021)