Der Wirtschaft geht es in China gut, der Meinungsfreiheit weniger. Ein Security deutet an, keine Fotos zu machen, als die Abgeordneten des Volkskongresses den Saal verlassen.

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Peking – Trotz der globalen Rezession durch die Corona-Pandemie will China in diesem Jahr ein starkes Wirtschaftswachstum von "mehr als sechs Prozent" erreichen. Um unabhängiger vom Ausland zu werden, unterstrich Regierungschef Li Keqiang am Freitag zur Eröffnung der Jahrestagung des Volkskongresses in Peking, dass der Entwicklung der heimischen Wirtschaft "Vorrang gegeben" werden müsse. Auch solle die eigene Innovation viel stärker als früher gefördert werden.

Damit soll die technologischen Abhängigkeiten verringert werden. Im Mittelpunkt der Plenarsitzung des chinesischen Parlaments stehen die Wirtschaftsziele und der Haushalt für dieses Jahr, der neue Fünfjahresplan von 2021 bis 2025 sowie eine umstrittene Wahlreform für Hongkong. Damit will Peking die ohnehin begrenzte Demokratie in der chinesischen Sonderverwaltungsregion weiter beschneiden. Die Sitzung der 3.000 Delegierten ist heuer kürzer als sonst und wird nur bis zum Donnerstag dauern.

Mehr fürs Militär

Vor dem Hintergrund der wachsenden Spannungen mit den USA, Indien und Taiwan sowie im umstrittenen Südchinesischen Meer wird China seine Militärausgaben in diesem Jahr um 6,8 Prozent steigern. Damit wachsen die Ausgaben für das Militär wieder schneller als der Gesamthaushalt. Im Vorjahr hatte die Steigerung trotz der Corona-Krise auch schon 6,6 Prozent ausgemacht. "Die strategischen Fähigkeiten des Militärs, die Souveränität, Sicherheit und Entwicklungsinteressen unseres Landes zu schützen, werden ausgebaut", sagte Premier Li in seiner Rede.

Als wichtigen Teil der "großen Erneuerung" treibt Staats- und Parteichef Xi Jinping die Modernisierung der Streitkräfte massiv voran. "Das beinhaltet, ein Führer in der Welt hinsichtlich internationalem Einfluss zu sein und ein erstklassiges Militär zu haben, das Kriege kämpfen und gewinnen kann", sagte die Expertin Helena Legarda vom China-Institut Merics in Berlin.

Konjunkturprogramm gegen Krise

Das Wachstumsziel von mehr als sechs Prozent für die zweitgrößte Volkswirtschaft war eine Überraschung. Im Vorjahr hatte Premier Li wegen der Unsicherheit durch die Pandemie noch davon abgesehen, eine solche Vorgabe zu machen. 2020 waren trotz des Einbruchs der Wirtschaft besonders zum Jahresbeginn aber noch 2,3 Prozent Wachstum erreicht worden. Während die Welt eine Rezession erlebt, war China die einzige große Volkswirtschaft, die Wachstum verzeichnete.

Mit einem massiven Konjunkturprogramm hat Peking auf die Krise reagiert. So erwartet der Internationale Währungsfonds in diesem Jahr in China sogar 8,1 Prozent Wachstum. Wegen der laufenden Milliardenausgaben kündigte der Premier an, dass der Anteil des Haushaltsdefizit an der Wirtschaftsleistung in diesem Jahr mit 3,2 Prozent doch wieder über der als kritisch geltenden Marke von drei Prozent liegen wird. Im Vorjahr waren es 3,6 Prozent.

Konzept der "zwei Kreisläufe"

Eine wichtige Neuausrichtung ist das Konzept der "zwei Kreisläufe", mit der die wirtschaftliche Inlandszirkulation gefördert werden soll. Damit will sich China wegen der US-Sanktionen und der globalen Krise selbstständiger machen. Im Rahmen des Fünfjahresplans soll die Strategie verfolgt werden, "die Binnennachfrage auszubauen, die strukturellen Reformen auf der Angebotsseite zu intensivieren und mit innovationsgetriebener Entwicklung und qualitativ hochwertigen Angeboten neue Nachfrage zu generieren", sagte Li.

Innovation bleibe das Herzstück der Modernisierungsoffensive. "Wir werden unsere Wissenschaft und Technologie stärken, um die Entwicklung Chinas strategisch zu unterstützen", gab Li in seinem einstündigen Bericht vor. Auch die Digitalisierung solle beschleunigt werden. Man werde "schneller daran arbeiten, eine digitale Gesellschaft, eine digitale Regierung und ein gesundes digitales Ökosystem zu entwickeln". (APA, 5.3.2021)