Österreichs Vorstandsgremien der 50 größten börsennotierten Unternehmen sind nach wie vor weit entfernt von Geschlechterparität. Gerade einmal drei weibliche Vorsitzende sind da zu finden, insgesamt beträgt der Frauenanteil dort nicht einmal neun Prozent, rechnet die Boston Consulting Group BCG anlässlich des Weltfrauentags vor und platziert Österreich damit an die vorletzte Stelle unter den 27 EU-Staaten.

Dazu findet sich unter den 75 Top-Verdienern in diesen Gremien keine Vorständin – wie eine Untersuchung der Uni Salzburg nahelegt –, und zwar deswegen, weil Vorständinnen tendenziell "weibliche" Ressorts wie Personal führen und selten in Vorständen gut vergütender Firmen tätig sind.

In Österreichs Vorständen gibt es nur wenige Frauen. Eine Frauenquote kann das ändern. Personalverantwortliche sprechen sich in einer exklusiven Umfrage des KARRIERENSTANDARD dafür aus.
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In den Aufsichtsgremien liegt der Frauenanteil dieser Top 50 mittlerweile bei 26 Prozent. Hier entfalte die vor drei Jahren eingeführte Frauenquote ihre Wirkung, analysiert die BCG. Mehr als die Hälfte der seither amtierenden Frauen in den Aufsichtsräten verdankt demnach ihr Amt dieser Quotenverpflichtung.

Ein gutes Argument, in Österreich nach deutschem Vorbild auch eine Frauenquote – in welcher Ausgestaltung auch immer – für die operative Führung in Konzernen gesetzlich vorzuschreiben? Die BCG will sich dazu nicht positionieren und setzt auf "mutige Vorstände und Aufsichtsräte, die Frauen entsprechend ihren Potenzialen in verantwortungsvolle Positionen befördern".

Bezeichnung "Quotenfrau" unbeliebt

Radikal anders sieht das der HR Circle, ein Netzwerk, in dem sich über 200 Personalverantwortliche des Landes zusammengeschlossen haben. DER KARRIERENSTANDARD hat dazu innerhalb dieses Netzwerks eine exklusive Umfrage gemacht – das Ergebnis überrascht in seiner Eindeutigkeit: Fast 70 Prozent sind für eine Frauenquote in Österreichs Vorständen. Mehr als zwei Drittel sind überzeugt, dass eine solche Maßnahme die negativen Folgen für Frauenkarrieren, die sich in der Pandemie durch Lockdowns, Homeschooling und verschiedenste Sonderbelastungen ergeben haben, abmildern könnte.

Dieser Text ist Teil des Schwerpunkts zum Frauentag.
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Überraschend sieht im HR Circle auch ein gutes Viertel "echte Wirksamkeit" einer solchen Quote, drei Viertel nehmen "Signalwirkung" oder "minimale Veränderung" wahr. Allerdings: 76 Prozent haben "ein Problem" mit dem Terminus der "Quotenfrau".

Durchgängig wird in diesem Querschnitt der heimischen Human-Resources-Szene eine Quote allerdings als eine von vielen (notwendigen) Maßnahmen gesehen, um Frauenkarrieren voranzubringen und mehr Geschlechterdiversität auch in den obersten Etagen zu erreichen.

Konkrete Maßnahmen

Da wird aufgezählt, was seit Jahren zum State of the Art gehört: verbesserte Infrastruktur in Sachen Kinderbetreuung. Cross-Mentoring-Programme in den Unternehmen und mehr Traineeships für junge Frauen. Role-Models – und zwar nicht nur in der Geschäftsführung, sondern auch in den Ebenen dar unter. Die Ermöglichung von Führung in Teilzeit, Shared Leadership und vor allem Ausschreibungen und ein Recruiting-System, das gezielt Frauen anspricht und in Wort und Bild der Stellenanzeigen dokumentiert, dass Frauen explizit erwünscht sind.

Als größter Brocken nennen die Personalexperten im HR Circle flexible Möglichkeiten der Arbeitsgestaltung, um Vereinbarkeit besser leben zu können. Dass eine Strategie auch männliche Role-Models (etwa Männer in Karenz) sind, wird in den freien Antworten zu den notwendigen Maßnahmen ebenfalls explizit genannt. Frauenförderung wird nicht als Frauensache gesehen, sondern als Managementaufgabe, als Sache der Unternehmensführung. Wichtig ist den Antwortenden, dass der Blick auf Frauenquoten in den obersten Führungsetagen nicht vergessen lassen sollte, dass Arbeit "von unten her" zu tun ist – auch gesellschaftlich. All das ist nicht neu und seit sehr vielen Jahren bekannt, eine lange Reihe von Best-Practice-Beispielen divers aufgestellter Unternehmen liegt vor.

Wenn Human Resources nicht mehr lange überlegen muss, was Wirksamkeit entfaltet – warum geht dann so wenig weiter? Da mag eine (anonyme) Antwort einen Hinweis liefern: "Human Resources sollte mehr Mitsprache in der Unternehmensführung haben." Gute Konzepte, so viel ist bekannt, helfen in Unternehmen wenig, wenn es für die Umsetzung kein Top-down-Commitment gibt. (Karin Bauer, 5.3.2021)