Laut sein, das will Fridays for Future, und Wirbel für eine bessere Zukunft machen. Gar nicht so einfach, wenn sich das soziale Leben größtenteils in den eigenen vier Wänden abspielt, Menschenansammlungen nicht infrage kommen und die Mobilisierung auf der Straße durch die Pandemie verlorengeht. Ein Klimastreik ohne Streikende – ein sonderbarer Gedanke. Statt Transparenten werden Jogginghosen getragen; das Megafon wird durch Slack, Zoom, Telegram und Trello ersetzt. Der Protest der Jungen hat sich in Wohn- und Kinderzimmer verlagert.

Mit nur wenigen Ausnahmen fanden die Klima-Demonstrationen im Vorjahr in sozialen Medien statt: Fotoaktionen, Onlinetreffen gehörten dazu, aber auch sogenannte "Tweet-Storms". Dabei werden etwa Politiker zu einem bestimmten Zeitpunkt mit politischen Botschaften quasi zugespammt.

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Doch ohne die wöchentlichen Streiks konnten die Aktivisten bei weitem nicht so viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen wie in den Jahren zuvor: "Kein anderes Thema konnte neben der Corona-Krise bestehen", sagt die 18-jährige Emilia Wess. "Wir sind eine politische Druckbewegung. Unser Hauptmittel war immer das regelmäßige Auf-die-Straße-Gehen."

"Es war schwierig, den Menschen in Erinnerung zu rufen, dass die Klimakrise nicht pausiert, bis wir mit Corona fertiggeworden sind", meint Emilia Wess.
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Am 19. März soll endlich wieder richtig demonstriert werden. Beim mittlerweile siebenten weltweiten Klimastreik sind Aktionen in ganz Österreich geplant. In Wien soll es unter anderem eine "Menschenkette mit Abstand" um den Ring geben. Den Jungen ist es dabei wichtig, dass Distanz und Hygienemaßnahmen eingehalten werden: "Wir sind die, die immer betonen, dass man auf die Wissenschaft hören muss", sagt Wess, "das gilt auf jeden Fall auch bei Corona."

Keine einfache Planung

Aufgaben zu verteilen gibt es nach wie vor genug: Es müssen Kundgebungen angemeldet und Musiker organisiert werden. Wer zeichnet Plakate? Wer besorgt Kreide, wer eine Schnur? Wer ist vor Ort erreichbar, falls es Probleme geben sollte? Corona macht die Planung noch einmal eine Spur komplizierter.

Wess hat in diesem Semester zu studieren begonnen, nebenbei kümmert sie sich um die Planung des nächsten großen Klimastreiks. "Es war schwierig, den Menschen in Erinnerung zu rufen, dass die Klimakrise nicht pausiert, bis wir mit Corona fertiggeworden sind." Während die öffentliche Klima-Diskussion pandemiebedingt merklich in den Hintergrund getreten sei, wäre das Interesse am Thema unter den Jungen nach wie vor groß, erzählt die Wienerin. Noch immer würden sich viele Freiwillige melden, um bei Fridays for Future mitzumachen.

"Wir sind durch die Pandemie viel strukturierter geworden", ist sich Alena Zöch sicher.
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Die jungen Aktivisten haben das Jahr genützt, um sich breiter aufzustellen und besser zu organisieren, wie sie erzählen. "Wir sind durch die Pandemie viel strukturierter geworden", sagt die 16-jährige Alena Zöch. Sie ist seit 2019 Teil der Klima-Protestbewegung und kümmert sich dort um den Klima-Podcast der losen Organisation oder auch um Design-Vorschläge. Die Grazer Schülerin vermisst zwar die Großdemonstrationen, gegen die Planung im Internet hat sie aber nichts: "Ich finde das Online-Ding echt nicht schlimm."

Viel Disziplin gefragt

Kein Wunder, es geht bei den virtuellen Treffen der Fridays überaus diszipliniert zu: Mehr als 40 Teilnehmer lächeln bei einem Onlinetermin im Februar in ihre Webcams. Zunächst steht der "Check-in" auf dem Programm: Wie geht es euch? Wie war eure Woche? Nach gut einer Viertelstunde haben die Teilnehmer in kurzen Sätzen über ihrem Gemütszustand berichtet: Es geht um Prüfungen, Müdigkeit, um Geschwister, Harry Potter und natürlich um den Protest im März.

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Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind es offensichtlich gewohnt, in den Laptop zu sprechen. Ein bis zwei Stunden täglich wenden sie derzeit für die Planung der Klimademo auf. Im Gegensatz zu so manchem Großunternehmen laufen die Onlinetreffen reibungslos ab: Kein Mikro ist eingeschaltet, außer die Person möchte etwas beitragen. Wer sprechen will, macht ein Sternchen in den Chat. Für Zustimmung, das Melden diskriminierender Sprache oder Diskussionen, die sich nach Ansicht der Teilnehmenden nur noch im Kreis drehen, gibt es eigene Handzeichen.

"Es gibt einem mehr Kraft, wenn man auf die Straße gehen kann", sagt Paula Dorten.
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"Trotzdem ist es derzeit schwierig, unsere Anliegen nach außen zu tragen", erzählt die 15-jährige Paula Dorten. Sie ist seit dem Sommer bei Fridays for Future aktiv und kümmert sich dort um Medienarbeit. Außerdem ist sie beim Debattierklub dabei, bei dem jeden Sonntag per Video-Chat geübt wird, wie man Klimaskeptiker argumentativ überzeugt. Die junge Niederösterreicherin bringt sich aber auch in anderen Arbeitsgruppen ein.

Doch die vielen Dinge, die zu erledigen sind, schmälern die Aussicht nicht: Die Vorfreude, endlich wieder draußen demonstrieren zu können, ist riesig: "Es gibt einem mehr Kraft, wenn man auf die Straße gehen kann", sagt Dorten. "Wenn man sieht, wie viele dabei sind, und man nicht allein ist." (Nora Laufer, 9.3.2021)