Wer viel erbt, hat Schwein gehabt. Wer einmal viel vererben will, muss sein Sparschwein erst füllen. Junge Menschen haben es beim Vermögensaufbau weniger leicht als ihre Eltern. Aber möglich ist es allemal, etwas zur Seite zu legen, sagen Experten.

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Als sich Anna vor ein paar Jahren eine Wohnung am Grazer Stadtrand kaufte, staunten nicht wenige in ihrem Umfeld. Die Kärntnerin, die ihren richtigen Namen nicht in der Zeitung lesen will, war nach dem Schulabschluss zum Arbeiten in die Stadt gezogen, in eine Wohnung, die "alt und teuer" war, wie sie sagt. Dass man Monat für Monat Miete zahlt, wenn man genauso gut Raten für Eigentum abzahlen könnte, wollte ihr nicht in den Kopf. Also nahm Anna einen Kredit auf und kaufte eine Wohnung: Mit 21 Jahren nannte sie 74 Quadratmeter ihr Eigen.

Es gab viel Anerkennung von Freunden und Verwandten, erzählt sie. Dass eine 21-Jährige eine Eigentumswohnung besitzt, ist nämlich alles andere als üblich, wie ein Blick in die Statistik zeigt. Laut Zahlen der Nationalbank liegt das mittlere Nettovermögen bei unter 24-Jährigen bei knapp über 10.000 Euro. Wie können junge Menschen heute noch Vermögen aufbauen?

Erbe hilft

Annas Wohnung kostete etwas mehr als 130.000 Euro. Den Kredit konnte sich die Büroangestellte leisten, weil sie ein geerbtes Grundstück als Sicherheit hinterlegte. Nicht alle waren davon begeistert. Annas Großeltern etwa konnten nicht nachvollziehen, dass man sich in so jungen Jahren schon derart verschuldet. Manche wunderten sich aber auch darüber, dass man sich in diesem Alter so fest an einen Ort bindet. Viele ihrer Altersgenossen würden lieber flexibel sein, sagt Anna.

Wer sich eine Luxusvilla am Meer leisten will, braucht einiges an Kapital. Wie vermögend Sie im Österreichischen Vergleich sind, können Sie hier auf der Website der Arbeiterkammer nachsehen.
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Warum sie statt in eine Wohnung nicht in Aktien investierte, erklärt sie so: "Dafür bin ich ein viel zu großer Schisser." Mit dieser Einstellung steht sie nicht allein da.

Auch für Martin B. waren Aktien kein Thema, als er sich vor zwei Jahren – mit finanzieller Hilfe seiner Eltern – eine fast 80 Quadratmeter große Eigentumswohnung im sechsten Wiener Gemeindebezirk zulegte. "Damit kenne ich mich zu wenig aus", sagt er. Ein Einstieg wäre ihm damals zu riskant gewesen. Zwar hat der heute 25-jährige TU-Student mittlerweile auch etwas Geld in Aktienfonds gesteckt, ganz sicher fühlt er sich dabei allerdings noch immer nicht.

Angst vor Aktien

Doch auch wenn Betongold gemeinhin als sichere Anlage gilt – auch der Immobilienbesitz geht mit Risiken einher. Ökonomen sprechen von einem Klumpenrisiko, wenn man alles in eine Anlageform steckt. Was passiert, wenn die Zinsen steigen oder teure Reparaturen notwendig werden? Dafür braucht man einen zusätzlichen Kapitalpolster oder muss sich tiefer verschulden. Selbst wenn die Wohnungspreise steigen, können einzelne Viertel oder Gemeinden auf der Strecke bleiben.

In Ländern, in denen sich viele die Finger mit Immobilien verbrannt haben, ortet man einen Sinneswandel, wie der Ökonom Atanas Pekanov vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) sagt. "Junge Amerikaner ticken ganz anders als die Jungen in Europa. Die Erfahrung der Immobilienkrise hat ihnen gezeigt, dass Immobilien gar nicht so frei von Risiko sind. Sie investieren deshalb verstärkt in Aktien."

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An den Börsen geht es auf und ab. Das muss man als Anleger erst aushalten.
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Gute Nerven gefragt

Wer kurzfristig Aktien handelt, investiert nicht, sondern spekuliert. Auch wer langfristig in Wertpapiere anlegen will, braucht gute Nerven. "Dass viele junge Menschen vor Aktien zurückschrecken, hat mitunter psychologische Gründe. Aktienmärkte bewegen sich ständig auf und ab. Auch wenn große Kursverluste nach Wirtschaftskrisen meist schnell wieder aufgeholt werden, muss man starke Kursschwankungen erst aushalten", weiß Pekanov. Dass in jüngster Zeit doch immer mehr junge Menschen Aktien kaufen, wie der Trend rund um Neobroker fürs Smartphone zeigt, hat einen pragmatischen Grund.

Um Immobilien zu kaufen, braucht man Startkapital, sei es geerbt oder geschenkt, wie die Beispiele von Anna und Martin zeigen. Ein Aktienfonds lässt sich Monat für Monat auch mit kleinen Summen speisen, wie einst ein Sparbuch. Die Zeiten, in denen man Geld risikofrei aber gut verzinst bei der Bank anlegen konnte, sind vorbei.

Nicht zu früh anfangen

"Die beste Idee ist fast immer, in Aktien zu investieren", sagt Pekanov: "ETFs sind relativ risikofrei und bringen über die Jahre fast immer gute Renditen." ETF steht für Indexfonds. Davon gibt es viele, und manche sind komplexe Anlageprodukte. Für risikoscheue Anleger eignen sich daher am besten breit gestreute Fonds, die Anteile der weltweit größten Unternehmen bündeln.

Der Leitindex an der Frankfurter Börse heißt Dax.
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Wer sein Geld vermehren will, steht vor der Wahl: kurzfristig mehr Risiko einzugehen oder langfristig sicherer zu investieren und dafür weniger Rendite zu erzielen. Junge Menschen haben einen längeren Zeithorizont und können somit riskanter anlegen, lautet ein gängiges Argument. Dem widerspricht der Vermögensverwalter Sören Obling, Mitgründer des Wiener Fintechs Finabro. "Wenn Jugendliche nahezu ihr ganzes Erspartes in einen Aktienfonds stecken wollen, rate ich ab."

In sich selber investieren

Denn wer am Beginn oder mitten in seiner Ausbildung stehe, wisse nicht sicher, was in den nächsten paar Jahren anstehe. Will man von zu Hause aus- oder mit jemandem zusammenziehen, braucht man vielleicht eine Kaution und neue Ikea-Möbel. Da wäre ein Kursrutsch an den Börsen ungünstig. Stattdessen rät der Anlageexperte jungen Menschen, in Humankapital zu investieren – sprich: in sich selbst. "Wer zweitausend Euro hat, sollte in den Ferien ein Praktikum machen, sich fortbilden oder Erfahrungen beim Reisen sammeln, statt zu kellnern", meint Obling. Das bringe Lebenserfahrung und mache sich bei künftigen Arbeitgebern gut.

Langsam bahnt sich die Pflanze ihren Weg. Geduld ist auch wichtig, wenn man Vermögen aufbauen will.
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Die beste Chance, etwas Vermögen aufzubauen, habe man mit einem stabilen Einkommen. "Davon sollte man monatlich zehn bis 15 Prozent zur Seite legen." Der Unternehmer umwirbt eher die Eltern oder Großeltern, die ihrem Nachwuchs vor dem Studium oder einer anderen Ausbildung ein Startkapital geben möchten. Bei automatisierten Aktiensparplänen ist man bereits ab 25 Euro pro Monat dabei. Auch Gold, Sparbücher oder schlicht Bargeld bringen über 18 Jahre angespart eine wertvolle Starthilfe.

Unternehmen gründen

Der einfachste Weg zum Vermögen ist ein anderer: Erben. Ein Blick in die Statistik zeigt, welchen Startvorteil Anna und Martin durch die Erbschaft hatten. Laut Zahlen der Nationalbank hat ein Haushalt ohne Schenkung ein mittleres Vermögen von 29.300 Euro, während Haushalte mit Erbschaft mehr als achtmal so vermögend sind.

Experten sehen deshalb auch in niedrigen Studiengebühren eine wichtige Maßnahme, um jungen Menschen den Aufbau von Vermögen zu ermöglichen. Wer sich fürs Studium verschulden muss und nichts erbt, ist gleich doppelt im Nachteil.

Die größten Nettovermögen haben aber Selbstständige – allerdings kann beim Unternehmertum auch mehr schiefgehen als etwa beim Sparen. (Leopold Stefan, Aloysius Widmann, 6.3.2021)