Foto: RTL

Mein erstes Mal war mit Sebastian Pannek. Er hatte schöne grüne Augen und entzückende Grübchen, wenn er lachte. Ich war über einen Monat lang wie gebannt von ihm – genau wie 22 weitere Frauen und rund drei Millionen Zuseher, denn: Sebastian Pannek war mein erster Bachelor und der Beginn meiner Liebe zum sogenannten "Trash-TV".

Was anfangs noch On-off-Charakter hatte, wurde im letzten Jahr zu etwas Ernstem. Es begann zu jener Zeit, als es sich anfühlte, als würde die dystopische Serie Black Mirror plötzlich im ORF gezeigt. Nur dass der Cast der neuen Staffel unserer Regierung aufs Haar glich und wir alle zu unfreiwilligen Beobachtern geworden waren.

Gruselige Pressekonferenzen

Die täglichen Folgen, gezeigt unter dem Titel "Pressekonferenz der Regierung", verursachten mir zunehmend Herzrasen, obwohl immer in etwa dasselbe passierte. Da fiel mir ein, dass das durchaus Markenzeichen solider Trash-Unterhaltung sind. Ich beschloss, jede beunruhigende Einlage der Regierung künftig mit einer Trash-Tirade zu kontern.

Je mehr ich die Quotenkönige des Corona-Trios mit Reichweitenhelden des Reality-TV verglich, desto mehr Parallelen fielen mir auf. Beide agieren nach dem Motto, dass gut geteasert halb gewonnen ist. Wer schon einmal eine Folge Bachelor gesehen hat, kennt es: Das in der Vorschau versprochene Drama hat meist so viel Substanz wie eine wissenschaftliche Arbeit der unehrenhaft ausgeschiedenen Arbeitsministerin Christine Aschbacher. Ein ähnlicher Verdacht beschlich mich zusehends bei den Pressekonferenzen der Regierungsspitze. Alles Spannende sickerte bereits vorab an die Öffentlichkeit – nur dass die Spoiler hier nicht auf Promiflash, sondern als Push-Meldungen auf meinem Smartphone lauerten.

Meine tägliche Dosis an Stehsätzen bekam ich ebenfalls von beiden Seiten. Der Gesundheitsminister wurdenicht müde zu betonen, dass "die nächsten Wochen" entscheidend würden. Für die Kandidaten in der Realityshow Love Island auf der Suche nach Liebe zählten dagegen stets "innere Werte, Humor und Ehrlichkeit". Seltsamerweise konnte ich mich auf beide Versprechen nicht verlassen. Aus Rudolf Anschobers Wochen wurden Monate – und die Liebesinsulaner setzten am Ende doch eher auf Hülle als auf Fülle.

Auf den "Bachelor" zählen

Wer sich jetzt fragt, ob ich noch alle Babyelefanten beisammenhabe, dem sei versichert: Ich möchte die Regierungskommunikation in der Pandemie nicht leichtfertig ins Lächerliche ziehen. Doch dass ich das Corona-Quartett nicht mehr hören kann, dem Bachelor aber nach wie vor an den Lippen hänge, liegt auch an seiner Verlässlichkeit. Wann uns die nächste Mutation, Impfverzögerung oder noch ein Lockdown blüht, steht in den Sternen. Auf den Bachelor kann ich dagegen zählen. Jeden Mittwoch bringt er mir Rosen, Zerstreuung und zwei Stunden Normalität.

Natürlich würde ich lieber bei grenzgängerischen Gebirgsläufen oder beim Bananenbrotbacken zur Ruhe kommen können als beim Bachelor-Bingen. Doch in einem Jahr, das mir so viel Disziplin und Verzicht abverlangt hat, ist es mit der Selbststrenge irgendwann genug. Immer mehr junge Menschen brechen unter dem Druck der Pandemie zusammen. Ich habe meine Strategie zum Abschalten gefunden: einschalten! (Antonia Rauth, 7.3.2021)

Lust auf Serien?