Dauerläufer Pichler.
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FK Austria Wiens Benedikt Pichler

Benedikt Pichler lehnt Selbstmitleid strikt ab. Sollte sich der 23-Jährige dabei ertappen, Trübsal zu blasen, "könnte ich mich im nächsten Moment abwatschen. Andere verlieren ihre Existenzen. Ich darf hingegen tun, was ich liebe: Fußball spielen." Pichler ist Austrias Marathonmann, von Tormann Patrick Pentz abgesehen, aber der muss aufgrund seiner Position die Kilometer nicht fressen. Der Stürmer (linke Seite) hat es in den bisher 19 Runden auf 1614 Einsatzminuten gebracht. Das Vertrauen von Trainer Peter Stöger "ehrt mich".

Es ist ja nicht so, dass die Austria der Liga den Stempel aufdrückt, sie ist Achter, bangt um die Teilnahme an der Meistergruppe der besten sechs. Die Vorsaison könnte sich wiederholen, was Pichler vermeiden will. "Ich möchte die Austria endlich oben sehen." Der gebürtige Salzburger kam im Sommer 2019 von Zweitdivisionär Austria Klagenfurt nach Favoriten, sammelte Erfahrung bei den Amateuren, den Young Violets – nahezu unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Sechs Tore, vier Assists

Corona hat dafür gesorgt, dass dieser erbärmliche Zustand geblieben ist und verschärft wurde. Denn das "nahezu" ist weggefallen. Pichler hat sich in der Stille trotzdem gemausert. Er hält bei sechs Toren und vier Vorlagen, selbstkritisch merkt er an: "Es müssten mehr sein." Die Unruhe im Verein, die sich mit dem neuen Investor vielleicht entschärft hat, halte er aus. "Ich war noch nie bei einem Klub, bei dem es ruhig war." Als er bei Grödig engagiert war, "hat sich der Verein aufgelöst. Aber nicht wegen mir".

Pichler hat seinen Karriereplan allgemein gehalten. "Ich will das Maximale aus mir rausholen. Damit ich nicht als alter Mann sagen muss, es wäre mehr möglich gewesen." Man müsse Rückschläge verkraften. "Auch wenn Gegenwind herrscht, kannst du das zum Positiven wenden. Wie ein Skispringer, der weiter fliegt. Oder ein Vogel, der abhebt."

Vorbild Haaland

Pichler sagt, gute Stürmer seien Egoisten. "Natürlich ist der Erfolg der Mannschaft das Wichtigste. Aber ich brauche den Torerfolg." Als Vorbild nennt er Erling Haaland. "Wahnsinn, was er aus sich gemacht hat. Es begann in unserer Liga."

Am Sonntag bestreitet Pichler sein drittes Derby. Für die Austria ist es ein "Muss-Sieg", wobei in der aktuellen Lage "jedes Spiel für uns ein Muss- Sieg ist. Es gelingt halt nicht. Konstant ist nur unsere Inkonstanz." Aufgrund der Gesetzmäßigkeit sei alles möglich. "Obwohl Rapid eine starke Saison spielt. Aber in einer Partie können die ärgsten Sachen passieren, es ist 50 zu 50."

Benedikt Pichler – er steht bis 2023 unter Vertrag, sein Marktwert beträgt rund eine Million Euro – wird den 1614 Minuten weitere hinzufügen, Wie viele es sind, hängt von Stöger ab. "Ich bin für alles bereit, werde hoffentlich treffen." (Christian Hackl, 5.3.2021)

Dauerläufer Ullmann.
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SK Rapid Wiens Maximilian Ullmann

Maximilian Ullmann lehnt Pausen strikt ab. Sollte er sich einmal müde und ausgelaugt fühlen, würde er es Trainer Didie Kühbauer zwar mitteilen, aber die Gefahr sei gering. "Ich habe Lust am Laufen", sagt der 24-Jährige. "Die linke Seite gehört mir. Defensiv und offensiv." Ullmann ist Rapids Marathonmann, der gebürtige Linzer stand in 19 Ligapartien 1710 Minuten auf dem Platz. "Ich könnte auch jeden zweiten Tag spielen."

Er ist die Verlässlichkeit in Person, hat einen Zug nach vorn, ohne hinten Lücken zuzulassen. Schlechte Leistungen sind beim Linksverteidiger seltener als Siege von Rapid gegen Red Bull Salzburg. Im Sommer 2019 ist er vom LASK nach Hütteldorf gekommen, bereut hat er den Wechsel keine Sekunde. "Ich hatte kaum Anpassungsschwierigkeiten, wurde sofort akzeptiert. Wir haben Erfolg, sind eine intakte Mannschaft, die Stimmung ist positiv, wir setzen Matchpläne um."

Kein Vorbild

Ullmann hat weder ein fußballerisches Vorbild noch ein Lebensmotto. Das Zitieren von Kalendersprüchen überlässt er anderen. Okay, der 35-jährige Andreas Ulmer, der in Salzburg quasi der Ullmann ist, sei schon bemerkenswert. "Er bringt seit mehr als einem Jahrzehnt tolle Leistungen."

Ullmann wurde in der Akademie Linz ausgebildet. Er begann im Mittelfeld, kluge Trainer erkannten früh, dass der Bub weiter hinten noch besser aufgehoben ist. Die Träume sind geblieben, und sie sind nicht weltbewegend originell. "Wie jeder österreichische Spieler träume ich vom Ausland und vom Nationalteam." Das Team ist schon recht nahe, Franco Foda berief ihn zu zwei Lehrgängen ein. Gegen Luxemburg wurde Ullmann sogar das Debüt versprochen, Corona hat es verhindert. Aufgrund eines positiven Falls bei Rapid durfte er nicht ausreisen.

Die Sehnsucht

Mit der Pandemie hat sich Ullmann widerwillig arrangiert. "Jammern bringt nichts. Die Geisterspiele sind traurig, gerade wir von Rapid leiden darunter. Meine Sehnsucht nach Normalität ist wie bei jedem groß." Die sozialen Kontakte vermisse er. "Aber solange meine Freundin bei mir ist, ist es in Ordnung."

Am Sonntag bestreitet Ullmann sein viertes Wiener Derby. Er kennt sich mit den eigenen Gesetzmäßigkeiten also nur ein bisserl aus, die Bedeutung ist ihm klar. Der Zustand der Austria interessiere ihn wenig. "Ich glaube, es gibt bei ihnen einen Aufwärtstrend." Rapid habe es in den eigenen Beinen. "Es ist keine g’mahte Wiese. Wenn wir unsere Leistung bringen und die Möglichkeiten ausschöpfen, wovon ich ausgehe, sollten wir gewinnen."

Maximilian Ullmann – er steht bis 2022 unter Vertrag, sein Marktwert beträgt rund drei Millionen – wird den 1710 Minuten wohl weitere 90 hinzufügen. Plus Nachspielzeit. "Ich bin bereit, werde laufen." (Christian Hackl, 5.3.2021)

FK Austria Wien – SK Rapid Wien (Wien, Generali-Arena, 17.00 Uhr). Voraussichtliche Aufstellungen:

Austria: Pentz – Teigl, Handl, Schösswendter, Zwierschitz – Martel – Sarkaria, Fitz, Jukic – Pichler, Monschein

Ersatz: Kos – Madl, Ebner, Wimmer, Grünwald, Zeka, Djuricin

Es fehlt: Suttner (Seitenbandriss im Knie)

Fraglich: Palmer-Brown, Poulsen (beide Muskelfaserriss)

Rapid: Strebinger – Stojkovic, Hofmann, Barac, Ullmann – D. Ljubicic, Petrovic – Schick, Fountas, Arase – Kara

Ersatz: Gartler – Greiml, Grahovac, Ritzmaier, Knasmüllner, Demir, Alar

Es fehlen: Kitagawa, Sonnleitner (beide Wadenverletzung), Schobesberger, Dibon, Velimirovic (alle rekonvaleszent bzw. im Aufbautraining)

Derby-Gesamtbilanz:

  • 331 Spiele: 119 Austria-Siege, 76 Unentschieden, 136 Rapid-Siege
  • Torverhältnis 528:617
  • Bilanz in der Meisterschaft: 298 – 101, 73, 124 – 451:549
  • Bilanz in der Bundesliga: 175 – 63, 57, 55 – 236:232
  • Bilanz in der Generali-Arena/Horr-Stadion: 38 – 14, 16, 8 – 44:37