Covid-19-Isolierstation in einem Wiener Krankenhaus. Im Osten des Bundesgebiets könnten vor allem die Intensivstationen rasch wieder am Anschlag sein.

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Einen knappen Monat nach ersten Öffnungsschritten steigt die Zahl der Corona-Neuinfektionen unaufhörlich an. Von Donnerstag auf Freitag sind 2.668 Neuansteckungen gemeldet worden.

Die Zunahme ist mittlerweile auch in den Intensivstationen deutlich spürbar. Aktuell werden 326 Corona-Patientinnen und -Patienten intensivmedizinisch betreut, die meisten davon in Wien. Das Covid-Prognose-Konsortium geht davon aus, dass es bis zum 17. März 420 sein werden, das entspricht einer Auslastung von 20,8 Prozent. In Wien, Niederösterreich und im Burgenland ist eine Überschreitung der Auslastungsgrenze von 33 Prozent möglich.

Ein neuerlicher dynamischer Anstieg der Infektionszahlen könne die Lage in den Intensivstationen zum Zusammenbruch bringen, heißt es im jüngsten Bericht der Corona-Kommission – schließlich dürften für einen Regelbetrieb der Spitäler nicht mehr als zehn Prozent der Intensivbetten mit Covid-Patienten belegt sein. Dazu müsste die Zahl der täglichen Neuinfektionen allerdings bei unter 1.250 liegen. Zudem erfolgt der Anstieg in den Intensivstationen erfahrungsgemäß zeitversetzt zum Auftreten steigender Inzidenzen. Derzeit sind 19 Prozent der über 65-Jährigen geimpft – das reiche nicht aus, um eine Überlastung der Intensivstationen zu verhindern.

Britische Mutante dominiert

Den Hauptgrund für den Anstieg der Fallzahlen sehen die Experten in der Ausbreitung der Virusmutationen. Die britische Variante B.1.1.7 dominiert mittlerweile mit einem Anteil von mehr als 64 Prozent das österreichische Infektionsgeschehen. Sie weist eine effektive Reproduktionszahl von 1,24 auf, so die Schätzung. Sorgen bereitet nach wie vor die Südafrika-Mutante: Neben dem Hotspot Tirol wurde auch eine relevante Zunahme in Wien (46 Fälle), Niederösterreich (zwölf) und Oberösterreich (acht) festgestellt.

Auffällig ist, dass besonders unter Jüngeren steigende Infektionszahlen zu beobachten sind: In den vergangenen Wochen stieg der Anteil der unter 25-Jährigen kontinuierlich an, vor allem der Anteil der unter 14-Jährigen. Das hänge auch mit der Einführung der systematischen Tests in Schulen zusammen, vermutete die Corona-Kommission. Der Altersdurchschnitt bei den Infektionen geht seit Anfang Jänner zurück und liegt derzeit bei knapp 39 Jahren.

Diese Entwicklung sei auch dem Umstand geschuldet, dass es tendenziell weniger hochaltrige und schwer vorerkrankte Infizierte und Hospitalisierte gebe, sagte ein Sprecher des Wiener Krankenanstaltenverbunds. Aus dieser Personengruppe seien immerhin schon die Bewohnerinnen und Bewohner von Alten- und Pflegeheimen durchgeimpft, was den Altersschnitt der Infizierten insgesamt senke. "Auch unter den Covid-Patienten in den Wiener Verbundspitälern ist derzeit kein einziger aus Alten- und Pflegeheimen", sagte er.

Schwerere Verläufe

Zur aktuellen Altersstruktur der Covid-Patientinnen und -Patienten in Wien konnte der Sprecher keine Auskunft geben. Systematisch erhoben werde das nicht – doch es gebe Pläne, es künftig zu tun. Aus den verschiedenen Spitälern sei zuletzt jedoch über Fälle 40-Jähriger ohne Vorerkrankungen berichtet worden, die wegen Covid-19 auf der Intensivstation behandelt werden müssen. Überhaupt: "Es scheint so zu sein, dass mit der britischen Mutante infizierte Personen, deren Zustand sich auf der Normalstation verschlechtert, rascher auf die Intensivstation verlegt werden müssen als Menschen, die sich mit dem Virus-Wildtyp angesteckt haben."

Der deutsche Virologe Christian Drosten befürchtet, dass sich mit steigenden Durchimpfungsraten und zunehmender Präventionsnachlässigkeit besonders viele Menschen mittleren Alters infizieren werden: "Das Virus wird durch die Altersgruppen von 40 bis 60 Jahren dann nur so durchrauschen." Eine solche Entwicklung sieht man in Österreich derzeit nicht; die Impfraten sind noch recht niedrig.

Die Ampelkommission empfiehlt auf alle Fälle, Lockerungsschritte ab einer bundesweiten Sieben-Tage-Inzidenz von mehr als 200 pro 100.000 Einwohner gegebenenfalls zurückzunehmen – derzeit liegt der Wert bundesweit bei 169, mit regionalen Ausreißern nach oben. Laut Prognose der Corona-Kommission wird bereits am 10. März eine Gesamtinzidenz von 228 erreicht. (Karin Krichmayr, Irene Brickner, 5.3.2021)