Leere Friseurläden. Die Einkommensdifferenzen bei Selbstständigen könnten noch größer werden.

Foto: Robert Newald

Über die finanzielle Lage von unselbstständig beschäftigten Frauen geben Arbeitslosenzahlen und der Gender-Pay-Gap Auskunft. Nicht so bei selbstständig tätigen Frauen mit ihren oft sehr kleinen Betrieben.

STANDARD: Wie geht es selbstständig beschäftigten Frauen in Österreich?

Mayrhuber: 2019 hatten wir bei den selbstständig Beschäftigten rund 56 Prozent Einpersonenunternehmen, davon rund 44 Prozent Frauen. Über ihre veränderte Einkommenslage wissen wir bisher nicht viel, die konkreten Zahlen stehen immer erst im Nachhinein fest, auch und besonders im Krisenjahr 2020. Noch nicht alle Unterstützungsleistungen sind abgerechnet. Repräsentative Umfragen der Uni Wien zeigen, dass Soloselbstständige durch den Härtefallfonds einen Ausgleich ihres persönlichen Einkommensverlusts von nur 20 Prozent erwarten.

Christine Mayrhuber ist Ökonomin am Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo). Ihre Schwerpunkte: Einkommen und soziale Sicherheit.
Foto: Wifo

STANDARD: Was heißt das für die Einkommen dieser Frauen?

Mayrhuber: Die Einkommen bei den Selbstständigen waren schon vor der Krise ungleicher verteilt als bei den unselbstständig Beschäftigten. Es gibt viele Selbstständige mit geringen Einnahmen, in der Mitte der Einkommensverteilung gibt es wenige Selbstständige, und bei den hohen Einkommen gibt es wieder viele. Dort finden wir auch mehr Männer als Frauen. Der Lockdown traf besonders Bereiche, in denen die Selbstständigeneinkommen gering sind, beispielsweise im Bereich der Dienstleistungen wie Friseurinnen oder Kosmetikerinnen. Es dürfte sich daher die Einkommenskluft innerhalb dieser Gruppe durch die Krise vergrößert haben. Und die fehlenden Sicherungsinstrumente könnten auch die Armutsgefährdung im unteren Bereich vergrößert haben.

STANDARD: Wissen wir zu wenig über die Effekte der Hilfspakete?

Mayrhuber: Es ist Gesetz, dass jährlich bei der Budgeterstellung eine Wirkungsfolgenabschätzung durchgeführt werden muss. Das heißt, dass auch das Ziel der De-facto-Gleichstellung zwischen Frauen und Männern bei allen Maßnahmen mitgedacht werden muss. Dass das in Zeiten von Krise und Notfallbudgets nicht gemacht wurde, ist verständlich. Dennoch ist das eine Vorgabe, die sich der Gesetzgeber selbst gegeben hat und die jetzt einzufordern ist. Es braucht gezielte Maßnahmen, die die ökonomische Stellung der Frauen adressieren. Im Budget des Arbeitsmarktservice wurde lange Zeit festgelegt, dass 50 Prozent für Frauenförderung verwendet werden müssen – das wurde jetzt wieder beschlossen. In diese Richtung könnten auch die anderen Maßnahmen gehen. Eine Möglichkeit wäre, dass es im Bereich des Härtefallfonds auch die Vorgabe gibt, dass ein bestimmter Prozentsatz der Gelder explizit für selbstständige Frauen reserviert ist (Beate Hausbichler, 8.3.2021)