Das Informationsfreiheitsgesetz soll die Tür zu mehr Transparenz in Vergabeverfahren öffnen. Aber nicht alles muss offengelegt werden.

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Ganz nach dem Motto "Better late than never" schafft die Bundesregierung das Amtsgeheimnis ab und folgt im europäischen Vergleich als Schlusslicht dem Ruf nach mehr Transparenz bei der öffentlichen Hand. Der Entwurf des Informationsfreiheitspakets ist seit zwei Wochen in Begutachtung.

Gedanken über die Auswirkungen der geplanten Änderungen macht sich auch die österreichische Beschaffungspraxis: Schließlich sollen öffentliche Auftraggeber und Sektorenauftraggeber dem geplanten Informationsfreiheitsgesetz (IFG), das umfangreiche Informationspflichten vorsieht, unterliegen. Das Vergaberecht normiert zwar bereits jetzt Transparenzpflichten – so sind Aufträge ab 50.000 Euro nachträglich bekanntzugeben.

Auftraggeber sind aber zugleich auch zur Wahrung des vertraulichen Charakters zahlreicher Informationen rund um Vergabeverfahren verpflichtet – insbesondere von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen. Was muss die öffentliche Hand nun beachten, um gleichzeitig den Vorgaben des Informationsfreiheitsgesetzes und den Anforderungen des Vergaberechts zu entsprechen?

Der IFG-Entwurf beinhaltet für zahlreiche Organe öffentlicher Stellen eine proaktive Veröffentlichungspflicht im Hinblick auf Informationen von allgemeinem Interesse. Im Beschaffungsbereich gilt das für sämtliche Verträge – auch außerhalb des Anwendungsbereichs des Bundesvergabegesetzes – ab einem Auftragswert von 100.000 Euro.

Dazu kommen Gutachten und Stellungnahmen, die etwa im Zusammenhang mit Beschaffungsvorhaben erstellt wurden. Rein zum internen Gebrauch verwendete Informationen liegen laut den Erläuterungen "grundsätzlich eher nicht" im allgemeinen Interesse und sind daher ausgenommen.

Informationen verlangen

Neben der proaktiven Veröffentlichungspflicht kann jede und jeder ein Informationsbegehren an den öffentlichen Auftraggeber stellen und etwa spezielle Informationen zu einem Beschaffungsprozess verlangen. So könnte ein Mitbewerber der Hygiene Austria oder ein Journalist Details zur Ausschreibung und abgeschlossenen Rahmenvereinbarung über FFP2-Masken anfordern.

Damit schafft der Gesetzgeber eine Kontrollmöglichkeit für jede und jeden, während bisher Nachprüfungen nur durch andere Bieter bei Gericht oder durch Kontrollorgane wie den Rechnungshof möglich waren. Die angefragte Information – oder auch die Ablehnung der Anfrage – ist innerhalb von vier Wochen mitzuteilen. Aus besonderen Gründen kann diese Frist um weitere vier Wochen verlängert werden.

Wahrung eigener Betriebsgeheimnisse

Die Transparenzpflicht des IFG ist grundsätzlich umfassend, mit einigen Ausnahmen. Auftraggeber müssen Informationen nicht zugänglich machen, wenn damit etwa personenbezogene Daten oder Berufs-, Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse preisgegeben oder die Vertraulichkeit zur Vorbereitung einer Entscheidung, z. B. einer Zuschlagsentscheidung, verletzt würde (§ 6). Auch Details des Angebots eines Bieters, das Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse oder personenbezogene Daten enthält, müssten und dürften nicht offengelegt werden.

Der Umfang von Informationspflichten wird auch von der Art des Vergabeverfahrens abhängen. Während bei Ausschreibungen von Standardprodukten im offenen Verfahren meist wenige Geschäftsgeheimnisse vorhanden sind, werden bei Verhandlungsverfahren oder wettbewerblichen Dialogen viel mehr vertrauliche Informationen ausgetauscht.

Auch Interessen der öffentlichen Auftraggeber – Wahrung eigener Betriebsgeheimnisse oder Abwendung eines erheblichen wirtschaftlichen oder finanziellen Schadens – können schützenswert sein.

Öffentliche Stellen sind zudem von sogenannten "Querulantenanfragen" geschützt. Erfolgt ein Antrag auf Information offenbar missbräuchlich, müssten sie keine Auskunft erteilen (§ 9 IFG).

Interessenabwägung

Von öffentlichen Auftraggebern wird in Zukunft eine Interessenabwägung verlangt: Sie müssen in jedem Einzelfall einerseits prüfen, ob berechtigte Schutzinteressen bestehen, die eine Weitergabe der Information verhindern könnten, anderseits das öffentliche Interesse an der Veröffentlichung berücksichtigen.

Wichtige Anhaltspunkte für solche Entscheidungen liefert die vergaberechtliche Judikatur zur Geheimhaltung, auch hier werden regelmäßig Interessenabwägungen vorgenommen. Der Balanceakt zwischen der Informationspflicht und dem Schutz der Vertraulichkeit wird jedenfalls nicht einfach. (Karlheinz Moick, Sophie Reiter-Werzin, 8.3.2021)