Eine der Bestimmungen im geplanten Transparenzpaket ist die Ausweitung der Prüfungsbefugnis des Rechnungshofs.

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Eine der Bestimmungen im geplanten Transparenzpaket ist die Ausweitung der Prüfungsbefugnis des Rechnungshofs (RH). So sieht der Ministerialentwurf für die Änderung des Rechnungshofgesetzes (RHG) vor, dass auch Unternehmungen der RH-Kontrolle unterliegen sollen, an denen der Bund allein oder gemeinsam mit anderen öffentlich-rechtlichen Einrichtungen mit mindestens 25 Prozent statt bisher 50 Prozent beteiligt ist.

Diese Neuerung hat einen interessanten vergaberechtlichen Aspekt: Der Kreis der öffentlichen (Sektoren-)Auftraggeber, welche die strengen Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2018 (BVergG) einhalten müssen, könnte erheblich ausgeweitet werden.

Öffentliche Auftraggeber sind neben dem Bund, den Ländern, den Gemeinden und den Gemeindeverbänden auch Einrichtungen, die

  • zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen,
  • zumindest teilrechtsfähig sind und
  • hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht durch öffentliche Körperschaften unterliegen.

Nach mittlerweile gesicherter Rechtsprechung erfüllt eine Unterwerfung unter die Prüfkompetenz des RH das Tatbestandsmerkmal der "Aufsicht" im Sinne der Gesetzesbestimmung. Durch die Ausweitung dieser Prüfkompetenz könnte die Zahl der Unternehmungen, die als öffentliche Auftraggeber im Sinne des BVergG gelten, wachsen.

Eine Teilrechtsfähigkeit wird in aller Regel anzunehmen sein. Sohin stellt sich nur noch die Frage, ob die betreffenden Einrichtungen auch zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen. Derartige Aufgaben werden dabei relativ weit verstanden, sodass grundsätzlich jede Form der Daseinsvorsorge – z. B. Schulen, Gesundheitseinrichtungen, Verkehrsinfrastruktur – dazuzählt.

Ohne Insolvenzrisiko

Gewerblichkeit liegt im Wesentlichen dann vor, wenn die betreffende Unternehmung voll dem Markt ausgesetzt ist und sie auch ein Insolvenzrisiko trifft. Gibt es hingegen keine private Konkurrenz oder ist damit zu rechnen, dass die öffentliche Hand die Gesellschaft bei Problemen jedenfalls auffängt, handelt es sich in den meisten Fällen um eine nicht gewerbliche Tätigkeit.

Wird eine Einrichtung zu einem öffentlichen Auftraggeber im Sinne des Bundesvergabegesetzes, kann sie nicht mehr – wie bisher – formfrei ihre Beschaffungen durchführen, sondern muss vielmehr die strengen Bestimmungen des BVergG beachten.

Das Transparenzpaket könnte daher massive Auswirkungen auf Einrichtungen haben, an denen die öffentliche Hand zwar nur eine Minderheitsbeteiligung hält, die aber im Allgemeininteresse gegründet worden sind. Zu denken ist dabei etwa an (Träger-)Gesellschaften von Technologieparks, Kompetenzzentren, aber auch Umweltkooperationen, an denen Bund, Länder oder Gemeinden beteiligt sind, die bisher die Vergaberegeln nicht einzuhalten hatten.

Verträge ohne Ausschreibungen

Werden von diesen Einrichtungen in der Folge Verträge ohne Ausschreibung geschlossen, können diese Verträge nachträglich für nichtig erklärt werden. Ein Nachteil besteht aber auch dann, wenn die öffentliche Hand aus Betreibergesellschaften öffentlicher Infrastruktur (z. B. Autobahnen) teilweise aussteigen, aber einen Anteil von zumindest 25 Prozent behalten will.

Hätte dies in der Vergangenheit die teil-privatisierte Gesellschaft aus den Fängen des Vergaberechts befreit, würde das in Zukunft nicht ausreichen. Eine mehrheitlich private Betreibergesellschaft, die den Einschränkungen des BVergG unterliegt, wird es schwerer haben, private Investoren anzulocken. (Manfred Essletzbichler, Wolfgang Lauchner, 8.3.2021)