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Der Haussegen bei Google hängt weiter schief.

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Bei Google hängt der Haussegen schief. Die Kündigung von KI-Forscherin Timnit Gebru und die Entlassung der Personalmanagerin April Curley hat intern die Wogen hoch gehen lassen. Der IT-Riese, der sich nach außen als vielfältige Firma mit hoher Wertschätzung seiner Mitarbeiter präsentiert, sieht sich nun Vorwürfen weiterer Angestellter ausgesetzt, berichtet NBC.

Da wäre etwa der Fall von Benjamin Cruz, einem Amerikaner mexikanischer Abstammung, der als Designer in der Cloud-Abteilung gearbeitet hat. Eine Kollegin hatte ihm mitgeteilt, dass seine Hautfarbe viel dunkler sei, als sie es erwartet hatte. Er meldete den Kommentar, den er als verletzend empfand, der Personalleitung, die jedoch nicht einmal ein Gespräch mit der Mitarbeiterin angestrebt haben soll, sondern ihm nur ausrichtete, er solle "gute Absichten" annehmen.

Auf weiteres Drängen seinerseits wurde ihm angeraten, sich krank zu melden und eine Therapie in Anspruch zu nehmen, um danach eine neue Stelle innerhalb des Unternehmens anzutreten. Cruz meldete sich krank, doch nach seiner Rückkehr wurde jede Bewerbung für eine neue Position abgelehnt. Nach seiner Beschwerde sei ihm immer mehr Verantwortung entzogen worden, während sein Team so tat, als wäre alles in Ordnung, beklagt er.

Zahlreiche Mitarbeiter melden Fälle

Dokumentiert werden auch andere Fälle. Einem ehemaligen Mitarbeiter schwarzer Hautfarbe, der sich über Rassismus beklagt hatte, wurde nach eigener Aussage ebenfalls angeraten, sich krank zu melden. Das sei seiner Erfahrung nach zum Standard geworden, er wisse alleine von zehn Leuten, die im letzten Jahr in Krankenstand gegangen waren, nachdem sie schlecht behandelt worden waren.

Ähnlich erging es einer dunkelhäutigen Frau, die 2020 auf einem internen Treffen war, wo es um die Unterstützung von Frauen im Konzern ging. Dort seien auch Daten gezeigt worden, aus denen hervor geht, dass Mitarbeiter, die schlecht repräsentierten Minderheiten angehörten, vermehrt das Unternehmen verließen. Sie merkte dazu an, dass schwarze Frauen oder solche lateinamerikanischer oder indianischer Abstammung in der Firma ganz andere Erfahrungen machten, als ihre weißen Kolleginnen, und Google sich diesem Problem widmen sollte. Ihr Manager habe ihr daraufhin mitgeteilt, dass ihr Vorschlag irrelevant sei. Auch ihre Beschwerden bei der Personalabteilung endeten mit einer Empfehlung, sich krank zu melden und in Therapie zu begeben.

Nach den Fällen Gebru und Curley gingen alleine neun ehemalige und aktuelle Angestellte mit Vorwürfen an die Öffentlichkeit. Zwölf weitere Mitarbeiter bestätigten Gegenüber NBC, dass das Vorgehen seitens Human Resources gängige Praxis sei.

Google selbst wollte keine einzelnen Fälle kommentieren, erklärte aber, sich der Unterstützung von Mitarbeitern, die sich Sorgen um den Umgang in ihrem Arbeitsumfeld machen, verpflichtet zu fühlen. Man habe "einen gut definierten Prozess, wie Angestellte ihre Sorgen deponieren können und gehen extrem transparent damit um, wie wir diese Beschwerden handhaben", so eine Sprecherin. Jede Meldung werde "rigoros überprüft" und man setze "entschlossene Maßnahmen" gegenüber jenen, die gegen interne Richtlinien verstoßen.

Auch weiße Mitarbeiter betroffen

Allerdings berichten auch weiße Mitarbeiter, die Probleme mit Diskriminierung aufgrund von Hautfarbe oder Geschlecht aufzeigen, von ähnlicher Behandlung. 2018 organisierte Claire Stapleton einen "Walk-out", nachdem bekannt geworden war, dass Android-Erfinder Andy Rubin, der sexueller Übergriffe beschuldigt worden war, bei seinem Abschied aus dem Unternehmen 90 Millionen Dollar ausbezahlt bekommen hatte – obwohl eine interne Untersuchung den Vorwurf als glaubwürdig eingestuft hatte.

Nach dem Walk-out war sie von ihren Vorgesetzten degradiert worden und wandte sich an die Personalabteilung, in der Hoffnung auf eine Mediation. Auch ihr wurde letztlich Krankenstand angeraten. Ein weiterer, weißer Mitarbeiter, der auf Gehaltsunterschiede zwischen weißen und schwarzen Mitarbeitern aufmerksam machte, wurde nach eigener Aussage vor die Wahl gestellt, entweder mit einer Abfindungszahlung aus dem Unternehmen auszuscheiden oder sich krank zu melden.

Im Februar hatte Google zudem Margarget Mitchell entlassen. Sie war die Vizechefin von Googles Abteilung für KI-Ethik und hatte in einem Blogeintrag den Umgang mit ihrer ehemaligen Kollegin Timnit Gebru kritisiert und geschrieben, dass diese eine Entschuldigung von Google verdiene. Als Grund für die Entlassung wurde angegeben, dass sie unerlaubt Dokumente und Mitarbeierdaten von internen Systemen entfernt hätte. Die beiden Fälle führten mittlerweile dazu, dass Google als Sponsor einer wichtigen KI-Ethik-Konferenz nicht mehr erwünscht ist. (gpi, 8.3.2021)