Kein Jahr ist es her, da bedachte der deutsche Arachnologe Peter Jäger vom Senckenberg-Forschungsinstitut in Frankfurt die Klimaschutzaktivistin Greta Thunberg mit einer sehr speziellen Ehre: Er taufte eine von ihm auf Madagaskar entdeckte Gattung von Riesenkrabbenspinnen auf den Namen Thunberga, um Gretas Arbeit zu würdigen und auf die Bedrohung der Artenvielfalt durch den Klimawandel aufmerksam zu machen.

Der Name der Riesenkrabbenspinnenart Thunberga malala ehrt gleich zwei bemerkenswerte junge Frauen auf einen Streich.
Foto: Peter Jäger

Vier Arten ordnete er der neuen Gattung damals zu, die sich von anderen Riesenkrabbenspinnen vor allem durch die einzigartige Bezahnung ihrer Kieferklauen und ihre außergewöhnlich gepunkteten Vorderleibe unterscheiden.

Nachtaktive Krabbeltiere

Bei vier Arten sollte es nicht bleiben. Jäger, der im Laufe seiner wissenschaftlichen Karriere schon mehr als 400 neue Spinnenarten beschrieben hat, sorgte nun für üppigen Zuwachs in der Gattung Thunberga. Insgesamt 25 neue Spezies dieser Gattung beschrieb er aktuell im einschlägigen Fachblatt "Arachnology".

Riesenkrabbenspinnen, deren größte Vertreter bis zu 30 Zentimeter Beinspannweite erreichen können, gehören zwar zu den Webspinnen, legen aber keine Netze an. Sie gehen aktiv auf die Jagd nach Insekten und anderen wirbellosen Tieren. Der Arachnologe Jäger hat auch schon einiges über die spezifische Lebensweise der Thunberg-Achtbeiner herausgefunden. Offenbar jagen sie nachts im Blattwerk und lauern ihrer Beute auch in Blüten auf.

Fette Beute für ein Weibchen der Art Thunberga wasserthali.
Foto: L.T. Wasserthal

"Liebesbiss" per Giftklaue

Auch eine andere Besonderheit scheint Thunberga auszuzeichnen: Ausgewachsene weibliche Exemplare von 16 der 25 beschriebenen Arten weisen Narben auf ihren Körpern auf, die bei Jungtieren und Männchen vollständig fehlen. "Liebesbisse" nennt Jäger diese Wundmale – er geht davon aus, dass die Männchen die Weibchen vor oder während des Paarungsakts mit ihren Giftklauen festhalten und es dabei zu den Verletzungen kommt.

"Zum ersten Mal konnten wir die Gattung zudem außerhalb Madagaskars nachweisen: Eine der Neubeschreibungen stammt von Mayotte, einer Inselgruppe zwischen der Nordspitze Madagaskars und dem Norden Mosambiks", sagte der Forscher. Die einzelnen Arten seien meist endemisch und nur in kleinen, begrenzten Gebieten zu finden. "Es zeigt, dass die Thunberga-Riesenkrabbenspinnen wesentlich vielfältiger sind, als wir bislang angenommen haben."

Weitere Namensgeberinnen

Drei der neuentdeckten Arten hat der Forscher zusätzlich zu Thunberg auch anderen Personen gewidmet, die ihn mit ihrem Engagement beeindruckten: Die Spinne Thunberga jyoti heißt nach der indischen Studentin Jyoti Kumari, die ihren verletzten Vater im Vorjahr mitten während eines Corona-Lockdowns mit dem Fahrrad über 1.200 Kilometer in sein Heimatdorf brachte, wo er behandelt werden konnte.

Thunberga boyanslat erhielt wiederum den Namen des niederländischen Umweltaktivisten Boyan Slat, der mit seinem Projekt "Ocean Cleanup" ein System zum Sammeln des in den Meeresströmungen treibenden Plastikmülls entwickelt hat. Und auch Malala Yousafzai, die pakistanische Kinderrechtsaktivistin und Friedensnobelpreisträgerin, ist nun Namenspatin einer Riesenkrabbenspinnenart (Thunberga malala). "Greta befindet sich jetzt also in bester Gesellschaft", sagte Jäger.

Er hoffe, noch mehr Details zur Ökologie und Biologie dieser Spinnen herausfinden – und die Liste der Thunberga-Spinnen vielleicht noch um den einen oder anderen Namen zu ergänzen. (dare, 8.3.2021)