In der Regierung sorgt diese Zahl für große Zufriedenheit: In Österreich hat es im Corona-Jahr 2020 trotz des Wirtschaftseinbruchs um 40 Prozent weniger Firmenpleiten gegeben als noch im Jahr davor. Das belege, wie sehr die staatlichen Hilfen für Unternehmen wirken, werden Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck und Finanzminister Gernot Blümel (beide ÖVP) nicht müde zu betonen. Und in der Tat: Umsatzhilfen, Stundungen von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen und Fixkostenzuschüsse haben eine große Zahl an Insolvenzfällen verhindert und unternehmerische Substanz erhalten.

Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) und Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP).
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Während dieser Notfalldienst also grosso modo funktionierte, spielt sich am Arbeitsmarkt ein Drama ab. Dort ist die Lage so schlimm wie noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg: Eine halbe Million Menschen waren Ende Februar arbeitslos gemeldet, das sind 100.000 mehr als vor einem Jahr. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen, die zwölf Monate oder länger nichts finden, ist um 44 Prozent auf 140.000 Menschen gestiegen.

Aus diesen Fakten folgt, dass die milliardenschweren Hilfen für heimische Betriebe nicht ausreichen, um den Arbeitsmarkt zu stabilisieren. Es braucht auch andere, zusätzliche Ansätze. Ein Vergleich zeigt aber auch, dass es eine Schieflage in der Frage gibt, wie viel Hirnschmalz und Ressourcen die Koalition zur Lösung der Probleme von Unternehmen und Arbeitslosen aufwendet. Es gibt mehr als ein Dutzend Hilfsinstrumente für Betriebe – so viele, dass Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) witzelt, dass man sich all die Namen gar nicht mehr merken könne. Parallel gibt es mit der Kurzarbeit ein effektives Programm, um Beschäftigung zu erhalten. Wer aber nicht das Glück hat, in Kurzarbeit zu landen, und arbeitslos wird, schaut durch die Finger. Bis auf eine befristete Erhöhung des Arbeitslosengeldes um 150 Euro im Monat, die im Dezember 2020 ausgelaufen ist, gab es für diese Gruppe kaum zusätzliche Hilfe.

Rekordarbeitslosigkeit

Natürlich gilt es abzuwägen: Mehr Arbeitslosengeld kann ein Anreiz sein, sich nicht um einen Job zu bemühen. Da hat die ÖVP prinzipiell recht. Nur spielten solche Einwände bei Unternehmenshilfen nie eine Rolle. Dort wurden die Prinzipien der Marktwirtschaft in der Krise ausgesetzt. Bei Arbeitslosen nicht.

Nun könnte man sagen: Schwamm drüber. Durch die Impfung dürfte die Pandemie in den kommenden Monaten abebben. Das wird die Wirtschaft beleben. Allerdings spricht viel dafür, dass die Krise am Arbeitsmarkt nicht verschwinden wird, weil viel Jobs nicht zurückkommen – etwa bei Airlines und Restaurants, die wegen mehr Homeoffice mit weniger Kunden rechnen müssen.

Am schlechtesten dran sind die Langzeitarbeitslosen, die aus vielen Gründen nur schwer wieder Arbeit finden. Ihre Zahl wird bis Ende März steigen, denn genau vor einem Jahr haben viele ihren Job verloren. Die Probleme lösen sich nicht von allein auf. Doch von der Koalition kommt aktuell wenig bis gar nichts dazu, wie die Rekordarbeitslosigkeit bekämpft werden kann: keine Vorschläge, keine öffentlichen Debatten zu Programmen. Die Regierung setzt auf Qualifizierung. Das wird helfen, reicht aber nicht.

Mit Martin Kocher hat die ÖVP einen fähigen Minister, der kreative Vorschläge erarbeiten könnte. Dazu müsste ihn die ÖVP ohne ideologische Scheuklappen machen lassen, und die Grünen sollten aufwachen. Auch SPÖ und Neos haben Ideen. Auf all das ließe sich aufbauen.(András Szigetvari, 9.3.2021)