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Foto: Getty Images/Drazen_

Pro
von Andreas Schnauder

Eigentlich bin ich kein schüchterner Mensch, habe seit vielen Jahren mehr publikumswirksame Kontakte und Auftritte, als mir lieb ist. Auch Fernsehinterviews oder Moderationen vor größerem Publikum sind mir nicht fremd: gute Voraussetzungen also, um via Pandemietools wie Teams oder Zoom in voller Pracht zu erscheinen. Doch die Zeiten ändern sich. Erst waren es ebenso wuchernde wie fettige Haare, auf die mich Kollegen hinwiesen, dann auch noch die unangemessene Bekleidung.

Die postulierte Verturnschuhung der Gesellschaft halte ich für eine Untertreibung, ich würde von einer Verpyjamarisierung sprechen, die im Homeoffice um sich greift. Ich bin ihr erlegen.

Meine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen stellen höchste Ansprüche an die Etikette, immerhin putzen sie sich täglich fein für die Meetings heraus. Da wäre mein aktueller Look eine Respektlosigkeit. Ganz abgesehen von den vielen Hoppalas vor laufender Kamera, über die ich in der Öffentlichkeit aber nicht sprechen möchte.

Kontra
von Karin Bauer

Uuuund Kamera läuft! Die Stunde der Rampensau – etwas belesener formuliert: die Stunde der histrionischen Persönlichkeit.

Meistens sind es ja viele Stunden täglich, in irgendeiner Kachel eingeklemmt, befreit nur, wenn man selbst spricht und daher größer aufpoppt bei den anderen.

Es gibt keine bessere Gelegenheit, die optimale Persona aus sich zu machen. Was Licht und Farbe alles können, was der Blickwinkel in diese kleine Kamera alles vermag, herrlich! Da kann man wirklich üben: interessiert schauen, gelassen lächeln, danebenblicken und konzentriert Notizen machen.

Nach einem Jahr Übung in Eigenperformance in der Videokachel ist der Basislehrgang in Mimikkontrolle an der virtuellen Uni für digitale Meetingprofis mit "ausgezeichnet" absolviert.

Jetzt, nach der Selbstbeobachtung, kann Stufe zwei, nämlich die Meisterklasse der Selbstinszenierung, beginnen. Um die Garderobe ist es ja auch schad, wenn sie keiner sieht. (RONDO, 6.4.2021)