
Christa Wirthumer-Hoche (Geschäftsfeldleiterin der Ages- Medizinmarktaufsicht), die Leiterin der Impfabteilung im Gesundheitsministerium, Maria Paulke-Korinek, und Katharina Reich, Generaldirektorin für die öffentliche Gesundheit, lieferten am Dienstag einen Überblick zu den Impfungen in Österreich.
Drei Impfexpertinnen haben am Dienstagvormittag einen aktuellen Einblick zu den Impfungen in Österreich gegeben – Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) fehlte. Er sei kurzfristig erkrankt, aber mehrmals negativ auf das Coronavirus getestet worden, gab seine Pressesprecherin Entwarnung. Neben einem aktuellen Überblick waren die Expertinnen auch bemüht, Sorgen bezüglich des Astra-Zeneca-Impfstoffs zu zerstreuen. Wie berichtet sorgt ein Todesfall nach einer Impfung derzeit für Verunsicherung.
Katharina Reich, Generaldirektorin für die öffentliche Gesundheit im Ministerium, lobte zunächst die Fortschritte bei den Impfungen. Aktuell stehe man bei über 800.000 verabreichten Impfungen, die Million erwarte man Ende der Woche. Ein weiterer Grund zur Freude: "Wir sehen, dass die Impfung greift. Es gibt deutlich weniger Erkrankungen in Alters- und Pflegeheimen." Reich zufolge seien deshalb bald lockerere Besuchsregeln möglich.
Kein exponentielles Wachstum
Die Fallzahlen würden aktuell zwar steigen, ein exponentielles Wachstum sei aber nicht erkennbar, sagt Reich. "Wir können den nächsten Lockdown verhindern." Dazu brauche es drei "Waffen": Impfen, Testen und Schützen.
Maria Paulke-Korinek, Leiterin der Impfabteilung im Gesundheitsministerium, lieferte einen Überblick zu den einzelnen Impfstoffen und sprach auch die Nebenwirkungen an. Fieber, Kopfschmerzen, Übelkeit und Schmerzen an der Einstichstelle seien kein Anlass zur Besorgnis.
Es sei jedenfalls "nicht sinnvoll", Zahlenwerte zur Wirksamkeit der Impfungen zu vergleichen. Die Studien seien unterschiedlich aufgebaut, man solle die Impfstoffe nicht untereinander vergleichen. Man sei zu hundert Prozent sicher, dass alle Impfstoffe effizient und wirksam seien. Wer geimpft sei, müsse keine Angst vor Tod oder Krankenhausaufenthalten haben. Komme es trotz Impfung zu einer Covid-Infektion, sei der Verlauf milder.
Zwettl-Todesfall wird weiter untersucht
Was die Expertin hier indirekt anspricht, sind die vermehrten Sorgen, die es nach einem Todesfall im niederösterreichischen Zwettl gab. Mehr als zehn Tage zuvor hatte die Betroffene eine Impfung mit dem Astra-Zeneca-Vakzin erhalten. Zudem hatte eine 35-jährige, ebenfalls am Landesklinikum Zwettl arbeitende Frau eine Lungenembolie entwickelt. Die betroffene Impfstoff-Charge wurde aus dem Verkehr gezogen und die Europäische Arzneimittelbehörde informiert.
"Da sieht man, wie gut Europa funktioniert", sagt Christa Wirthumer-Hoche vom Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG). Die Charge habe eine Million Dosen ausgemacht und wurde an 17 Länder ausgeliefert. Die Expertin, die auch Leiterin des Bereichs Medizinmarktaufsicht an der Ages und Vorsitzende des Verwaltungsrates der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) ist, betont, dass es bisher keinen kausalen Zusammenhang zwischen Todesfällen und Impfungen gegeben habe. Der aktuelle Fall werde genauestens untersucht.
Man werde europaweit genau evaluieren, ob ein derartiges "Signal" – bei den beiden Betroffenen in Zwettl waren Gerinnungsstörungen aufgetreten – auch in anderen Ländern zu sehen ist. Allgemein liegen Hinweise auf schwere Gerinnungsstörungen bei Astra-Zeneca bislang nicht vor.
Weiterer Fall in der Steiermark
Am Dienstag wurde in der Steiermark allerdings ein weiterer Fall einer Krankenschwester, bei der nach der Impfung schwere Nebenwirkungen aufgetreten sind, bekannt: Zehn Tage nach der Verabreichung des Astra-Zeneca-Wirkstoffes hatte sich eine Lungenembolie entwickelt, und die 51-jährige Frau musste zwei Wochen am LKH-Uniklinikum Graz behandelt werden, bestätigte der Sprecher der Kages am Dienstag.
Die Krankenschwester, die am LKH Graz arbeitet, wurde bereits am 11. Februar geimpft. Danach traten zuerst "die üblichen Nebenwirkungen" auf. Zehn Tage später war sie jedoch so schwer erkrankt, dass sie stationär behandelt werden musste: Es hatte sich eine Lungenembolie entwickelt und die Leukozytenwerte waren stark erhöht. Laut dem Sprecher war sie jedoch nicht auf der Intensivstation. Am Dienstag wurde sie aus dem Krankenhaus entlassen. Ob ein direkter Zusammenhang mit dem Impfstoff besteht, ist noch offen.
Impfreaktionen seien normal, betont Wirthumer-Hoche. Man solle sie dem BASG, das einen wöchentlichen Bericht über Nebenwirkungen erstelle, melden. Bisher würden die Impfreaktionen zu den Ergebnissen aus den Studien passen. Sie und auch die anderen beiden Impfexpertinnen betonten, dass der Astra-Zeneca-Impstoff ein wichtiger Bestandteil der Impfstrategie sei und es wichtig sei, hier Vertrauen zu haben. Die Prüfverfahren in Europa seien genau.
Welche Impfstoffe bald kommen
Der nächste Impfstoff in der Pipeline sei jener von Johnson & Johnson, in zwei Tagen werde ein positives Gutachten erwartet, sagt Wirthumer-Hoche. Hier reicht bereits eine Dosis aus, beim Alter gebe es keine Einschränkungen (ab 18). Danach sollen zwei weitere Impfstoffe folgen: Das "Rolling Review" für Curevac und Novavax wurde bereits gestartet, die Zulassung wird für Juni erwartet, also noch vor dem Sommer. Damit könne Schritt für Schritt weitergeimpft werden.
Geplant ist, dass der US-Hersteller der EU 55 Millionen Impfstoffdosen im zweiten Quartal liefert. Allerdings hat Johnson & Johnson in der vergangenen Woche mitgeteilt, dass das Unternehmen wegen Problemen bei der Versorgung mit Impfstoff-Inhaltsstoffen und Ausrüstung "unter Stress" steht, das vereinbarte Lieferziel bis Ende Juni zu erfüllen.
Im "Rolling Review" befindet sich auch der russische Sputnik-Impfstoff. Wann man mit einer Zulassung rechnen könne, kann Wirthumer-Hoche nicht sagen. Das komme darauf an, wann man die Unterlagen bekomme, die Kommunikation mit der estnischen Firma, die den Antrag für Sputnik in der EU gestellt hat, verlaufe eher schwierig. Es würden jedenfalls die gleichen Voraussetzungen wie für alle anderen Impfstoffe gelten. (Lara Hagen, 9.3.2021)