Lenzing hat die Ermittlungen bei ihrer Tochter Hygiene Austria wieder eingestellt. Aber "Internal Investigations" sind unverzichtbar.

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Die Staatsanwaltschaft ermittelt im Fall Hygiene Austria. Die Mehrheitsgesellschafterin Lenzing AG hat daraufhin angekündigt, die Vorfälle im Unternehmen selbst mit einem Prüfungsteam zu untersuchen. Inzwischen hat die Lenzing AG die Ermittlungen eingestellt. Aber kann sich ein Unternehmen durch eine interne Untersuchung überhaupt rechtlich absichern oder handelt es sich dabei nur um eine Alibiaktion?

Die Ankündigung der Mehrheitsgesellschafterin Lenzing AG, eine interne Untersuchung in der Hygiene Austria durchzuführen, hat medial für Aufsehen gesorgt und vielerorts die Frage aufgeworfen: Warum werden parallel zu den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft auch private Ermittlungen durchgeführt? Tatsächlich müssen Unternehmen sogar eine interne Aufklärung betreiben, wenn mögliche Gesetzesverletzungen bekannt werden. Denn Manager sind gesetzlich dazu verpflichtet, alle Gesetze, die das Unternehmen betreffen, einzuhalten. Dazu gehört auch, dass sie gesetzeskonformes Verhalten durch Konzerngesellschaften und Mitarbeiter entsprechend sicherstellen.

Deshalb muss im Unternehmen auch ein Risikomanagement installiert werden. Solche Compliance-Systeme umfassen vor allem vorbeugende Maßnahmen, um Gesetzesverstöße zu verhindern. Es muss aber auch für den Fall der Fälle vorgesorgt werden. Sobald ein konkreter Gesetzesverstoß im Raum steht, muss im Unternehmen Aufklärungsarbeit geleistet werden, damit der Verstoß sofort abgestellt und weitere Schäden abgewendet werden können.

Zur Aufklärung verpflichtet

Interne Untersuchungen, oft auch "Internal Investigations" genannt, dienen der Aufklärung von Regelverstößen im Unternehmen. Sie sind funktionell Teil des Risikomanagements. Die Aufklärungsarbeit kann von den unternehmensinternen Kontrollinstanzen wie der internen Revision durchgeführt werden. In der Praxis werden aber häufig externe Rechtsanwalts- und Wirtschaftsprüfungskanzleien mit der Durchführung der Internal Investigations betraut. Dafür gibt es gute Gründe.

Zunächst ist die Aufgabe oft sehr umfangreich. Im Rahmen der unternehmensinternen Untersuchung wird viel Material gesammelt, ausgewertet und analysiert. Wer rechtswidriges Verhalten aufdecken will, muss meist lange suchen. Die zeitlichen und personellen Ressourcen für eine umfassende interne Untersuchung kann und will nicht jedes Unternehmen aufwenden. Werden externe Profis beauftragt, kann sich das Unternehmen auch darauf verlassen, dass die Untersuchung objektiv und professionell abläuft.

Diese Objektivität und Professionalität der Aufklärung transportiert das Unternehmen mit der Beauftragung externer Untersuchungsteams auch nach außen. Das ist ein wichtiges Signal, weil insbesondere strafrechtliche Vorwürfe für das betreffende Unternehmen einen wesentlichen Imageschaden verursachen, auch wenn sich diese Vorwürfe im Laufe der Ermittlungen oft aufklären und das Verfahren eingestellt wird. Die schnelle und professionelle Aufarbeitung von Vorfällen durch ausgewiesene Experten kann jedenfalls dabei helfen, das Vertrauen der Öffentlichkeit zurückzugewinnen.

Vorteil von externen Experten

Ein weiterer Vorteil der Beauftragung externer Experten liegt in der Absicherung des im Rahmen der Untersuchung gesammelten Materials. Werden Unterlagen in der beauftragten Rechtsanwaltskanzlei aufbewahrt, sind sie dort weitgehend vor dem Zugriff staatlicher Ermittler geschützt. Das Unternehmen wird die Ergebnisse seiner Ermittlungen nicht in allen Fällen mit den Strafverfolgungsbehörden teilen wollen, und das muss es auch nicht. Die Entscheidung, ob bzw. wann die internen Ermittlungsergebnisse den Strafverfolgungsbehörden zur Verfügung gestellt werden, bleibt bei Beauftragung externer Kanzleien in der Hand des Unternehmens.

Unternehmen, die selbst rasch aufklären und ihre internen Ermittlungsergebnisse mit den Strafverfolgungsbehörden teilen, dürfen auch auf Vorteile in einem allfälligen Strafverfahren hoffen. Wenn Führungskräfte oder Mitarbeiter gegen Strafgesetze verstoßen, drohen nämlich auch dem Unternehmen selbst Geldstrafen nach den Bestimmungen des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes. Diese können deutlich niedriger ausfallen, wenn das Unternehmen bei der Wahrheitsfindung kooperativ ist. Tragen die privaten Ermittlungsergebnisse erheblich zur Aufklärung der Tat bei, kann die Staatsanwaltschaft sogar vollständig von der Verfolgung des Unternehmens absehen.

Kooperation zahlt sich aus

Im Ergebnis heißt das: Ergeben sich konkrete Verdachtsmomente, sind Unternehmen immer verpflichtet, diese intern zu untersuchen. Vor allem bei (potenziell) strafrechtlich relevanten Vorgängen ist es empfehlenswert, externe Experten mit der Prüfung zu beauftragen. So kann nicht nur Professionalität und Objektivität der privaten Ermittlungen sichergestellt, sondern auch Kontrolle über das Schicksal der Ermittlungsergebnisse bewahrt werden. Auch eine Kooperation mit den staatlichen Ermittlern kann sich für das Unternehmen auszahlen, weil dadurch (höhere) Strafen vermieden werden können. (Juliana Sepasiar, Martin Kollar, 10.3.2021)