Die ersten Sperren vor einem Jahr waren von der Versicherung gedeckt, die späteren Maßnahmen nicht mehr.

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Fast auf den Tag genau ein Jahr nachdem in Österreich die ersten bestätigten Corona-Fälle aufgetreten sind, hat der Oberste Gerichtshof (OGH) in einem richtungsweisenden Urteil die Klage eines Vorarlberger Hotelbetreibers abgewiesen: Das Covid-19-bedingte Betretungsverbot für Hotels begründet im Gegensatz zu einer angeordneten Betriebsschließung keinen Anspruch auf Versicherungsleistung aus der Betriebsausfallversicherung (OGH, 24.2.2021, 7 Ob 214/20a).

Der Hotelbetreiber hatte bereits vor einigen Jahren eine Betriebsausfallversicherung abgeschlossen, mit der auch eine 30-tägige "Betriebsschließung infolge Seuchengefahr aufgrund des Epidemiegesetzes" bis 100.000 Euro gedeckt war. Nachdem die Bezirkshauptmannschaft Bregenz auf Basis des Epidemiegesetzes durch Verordnung mit Wirkung vom 16. März 2020 die Schließung von Beherbergungsbetrieben angeordnet hatte, schloss der Hotelbetreiber sein Hotel.

40.000 Euro für die erste Zeit

Am 27. März erließ der Landeshauptmann von Vorarlberg dann auf Basis des neuen Covid-Maßnahmengesetzes ein Betretungsverbot für Beherbergungsbetrieben zu touristischen Zwecken, und die zuvor verordnete Schließung von Beherbergungsbetrieben wurde aufgehoben. Der Hotelbetreiber hielt sein Hotel aber wegen des Betretungsverbots darüber hinaus geschlossen. Den daraus resultierenden Schaden machte er gegenüber seinem Versicherer geltend – mit mäßigem Erfolg: Nach anwaltlicher Intervention erhielt er zwar 40.000 Euro für den Zeitraum der behördlich angeordneten Betriebsschließung bis 27. März, eine darüber hinausgehende Versicherungsleistung für den Zeitraum des Betretungsverbots lehnte die Versicherungsanstalt jedoch ab.

Der Hotelbetreiber zog vor Gericht. Sowohl das Erstgericht als auch das Berufungsgericht entschieden zu seinen Gunsten, weil das Betretungsverbot für touristische Zwecke einer behördlichen Schließung des – in einer ländlichen Gemeinde befindlichen – Hotels des Hotelbetreibers gleichzusetzen sei.

Kein völliger Betriebsstillstand

Anders der OGH: Für den Zeitraum nach dem 27. März 2020 bestehe kein Versicherungsschutz. Das Betretungsverbot richte sich an Touristen und nicht den Unternehmer selbst, sodass ein unmittelbarer Bezug zu einem Betrieb fehle. Das Betretungsverbot sei überdies schon begrifflich etwas anderes als eine nach den Versicherungsbedingungen erforderliche Betriebsschließung nach dem Epidemiegesetz, so der OGH. Letztere müsse zu einem gänzlichen Betriebsstillstand führen, während bei einem Betretungsverbot dem Wortlaut nach grundsätzlich kein solcher Betriebsstillstand eintrete, weil weiterhin die teilweise Aufrechterhaltung des Betriebs möglich sei, zum Beispiel durch Online-Bestellungen, Abholungen, Zustellungen, Beherbergung von Geschäftsreisenden. Das Risiko einer bloß faktisch als Nebenwirkung des Betretungsverbots eintretenden Betriebsschließung sei von den Versicherungsbedingungen nicht gedeckt.

Höheres Risiko für Versicherer

Schließlich würden die Versicherungsbedingungen vorsehen, dass der Anspruch des Versicherungsnehmers auf Entschädigung gegen den Bund aufgrund einer Betriebsschließung nach dem Epidemiegesetz auf den Versicherer übergeht, sodass sein Risiko kalkulierbar sei. Das Covid-19-Maßnahmengesetz sehe dagegen keine Ersatzleistungen des Bundes vor. Das Risiko des Versicherers durch ein Betretungsverbot habe sich daher gegenüber einer Betriebsschließung deutlich erhöht, was einen fortbestehenden Versicherungsschutz ausschließe, so der OGH.

Die Entscheidung des OGH ist für die von der Corona-Krise ohnehin besonders hart getroffene Hotelbranche ein weiterer Schlag ins Gesicht. Insbesondere für die Ferienhotellerie hat ein Betretungsverbot für touristische Zwecke faktisch dieselben Auswirkungen wie eine Betriebsschließung. (Clemens Lanschützer, Helena Neuner, 10.3.2021)