Verkehrsministerin Leonore Gewessler will weniger Verkehrstote in Österreich und geht deswegen mit harten Strafen gegen Raser vor.

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"Härtere Strafen – bis zur Beschlagnahmung des Autos – werden uns helfen, die Gefahr einzudämmen und Leben zu retten", sagte Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) im September – sie wolle die strengeren Regeln für den Straßenverkehr so schnell wie möglich umsetzen. Nun ist es so weit. Die Ministerin präsentierte am Mittwochvormittag die Details.

Abnahme von Autos und bis zu 5.000 Euro Strafe

Fix sind Geldstrafen von bis zu 5.000 Euro – bisher reicht der Strafrahmen bis 2.180 Euro – und eine Verdoppelung der Dauer bei Führerscheinentzug, außerdem werde der Beobachtungszeitraum für wiederholte Geschwindigkeitsübertretungen von zwei auf vier Jahre verdoppelt.

Die Teilnahme an einem illegalen Straßenverkehrsrennen wird zu einem besonders gefährlichen Delikt in der Straßenverkehrsordnung: Hier droht der Entzug der Lenkerberechtigung für mindestens sechs Monate und eine verpflichtende Nachschulung sowie im Wiederholungsfall eine verkehrspsychologische Untersuchung. Und die Beschlagnahme des Fahrzeugs wird möglich werden, nicht nur bei der Teilnahme an illegalen Rennen, sondern auch wenn man mehrmals im Ortsgebiet mit mehr als 80 km/h zu viel erwischt wird – außerorts liegt die Grenze bei 90 km/h zu viel.

Rechtliche Fragen klären

Es gehe bei diesem Paket um eine "äußerst kleine, aber unbelehrbare Gruppe", sagte Gewessler. Die Beschlagnahme werfe natürlich viele rechtliche Fragen auf – was macht man, wenn das Fahrzeug einer dritten Person gehört, unter welchen Bedingungen ist der Eingriff ins Eigentum gerechtfertigt etc.? Diese Punkte wolle man in den kommenden Monaten gemeinsam mit Verfassungsjuristen klären. Dass die Maßnahme möglich ist, habe bereits ein ein Gutachten des Verfassungsdiensts gezeigt.

Umsetzung ab Sommer

Im Vorjahr wurde rund 7.200 Personen wegen Geschwindigkeitsübertretungen von mehr als 40 km/h im Ortsgebiet oder mehr als 50 km/h im Freiland als Hauptdelikt der Führerschein entzogen.

Die bislang "lasche Gesetzeslage" habe dafür gesorgt, dass Raser sogar aus dem Ausland nach Österreich kommen, sagte der Salzburger Verkehrslandesrat Stefan Schnöll (ÖVP), der gemeinsam mit Gewessler das Paket vorstellte. Gelten sollen die neuen Regeln ab Sommer, die Beschlagnahmung von Autos folgt aber erst gegen Jahresende.

Erste Reaktionen

Bei den Experten vom Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) ist man über die strengeren Regeln zwar glücklich, die Maßnahmen würden allerdings noch immer zu kurz greifen, heißt es in einer ersten Reaktion. "Neben einer deutlich längeren Führerscheinentzugsdauer für exzessives Rasen fordert das KFV die Initiierung längst überfälliger Verkehrssicherheitsmaßnahmen für Österreich. Das Minimalprogramm in der Verkehrssicherheit kostet Menschenleben."

"Wir haben immer starke Rechtsfolgen für schwere Verkehrsübertretungen befürwortet. Allerdings dürfen dabei minimale Übertretungen nicht in einen Topf mit 'Rasen' geworfen werden. Hier braucht es klare Abgrenzungen", sagte der Chefjurist des ÖAMTC, Martin Hoffer. Der Mobilitätsclub begrüßt, dass die für Verkehrsrecht zuständige Ministerin diese Überlegungen teile, und will sich bei der Begutachtung konstruktiv einbringen.

Beim Autofahrerclub ARBÖ wurde im Herbst die Ankündigung der Beschlagnahmung von Fahrzeugen als "übertrieben" beschrieben. Das reiche in die Grundrechte der Bürger hinein, sagte damals Pressesprecher Sebastian Obrecht.

Vergleichsweise hohe Todeszahl in Österreich

416 Menschen sind 2019 auf Österreichs Straßen ums Leben gekommen, im internationalen Vergleich eine recht hohe Zahl. Besonders die Schweiz dient der Regierung als Vorbild. Dort kommen nicht einmal halb so viele Menschen im Straßenverkehrs ums Leben wie hierzulande. In Deutschland drohen bei extremer Raserei und illegalen Straßenrennen Haftstrafen – allein in Berlin wurden bisher 400 Autofahrer verurteilt, es gebe kaum Wiederholungstäter, sagte der erste Oberamtsanwalt Andreas Winkelmann im "Morgenjournal".

2020 wurde die niedrigste Zahl an Verkehrstoten seit Beginn der Aufzeichnungen im BMI im Jahr 1950 registriert, hier gab es 338 Verkehrstote. Ursache ist vor allem der Corona-Lockdown im Frühjahr mit weniger Verkehr und somit weniger Unfällen als Folge. Nicht geändert hat sich das zu hohe Tempo als Hauptursache. Der Zielwert des Österreichischen Verkehrssicherheitsprogramms 2011 bis 2020 mit 311 Opfern wurde letztendlich auch 2020 trotzdem nicht ganz erreicht. (lhag, 10.3.2021)