Das Bündnis "Linz gegen Rechts" bekam vom Obersten Gerichtshof recht.

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Erst kürzlich kam es bei Corona-Demonstrationen in Wien zu Ausschreitungen, Sachbeschädigungen und Körperverletzungen. Aber haften neben den Schädigern auch die Organisatorinnen und Organisatoren für das Fehlverhalten von Demonstrierenden?

2016 hatte das Bündnis "Linz gegen Rechts" zu einer Demonstration gegen den rechtsextremen Kongress "Verteidiger Europas" aufgerufen. Im Zuge der Proteste, die größtenteils friedlich verliefen, warfen einige vermummte Teilnehmerinnen und Teilnehmer Farbbeutel an die Hauswand eines Lokals. Der Betreiber klagte die Veranstalter – und bekam in der ersten Instanz vom Bezirksgericht Linz recht. Die Organisatoren hätten es unterlassen, die vermummten Protestierenden auszuschließen und ihnen die Farbbeutel abzunehmen. Die Sozialistische Jugend Oberösterreich und die Kommunistische Jugend Österreich, die zu einem Schadenersatz in der Höhe von rund 14.000 Euro verurteilt wurden, legten Rechtsmittel ein. Nun entschied der Oberste Gerichtshof (OGH) in der Sache. (OGH 27.1.2021, 9Ob8/20x)

Linke Demonstrierende bekamen recht

Veranstalter von Demonstrationen sind grundsätzlich verpflichtet, alle möglichen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, damit von einer Versammlung keine Gefahr für Teilnehmer oder unbeteiligte Personen ausgeht. Im konkreten Fall schloss der OGH allerdings eine Haftung sowohl des Veranstalters als auch des Leiters der Versammlung aus. Es habe sich um eine angemeldete Demonstration gehandelt, die von ihrer Konzeption her nicht auf Sachbeschädigungen ausgelegt war.

Der Ablauf der Demo sei von den Organisatorinnen mit der Polizei erörtert, die Vorgaben erfüllt gewesen: Die Veranstalter bestellten eine größere Anzahl an Ordnern als erforderlich und engagierten erfahrene Versammlungsleiter. Während der Demonstration wiesen die Ordner bei Durchsagen auch mehrmals auf das Vermummungsverbot hin. Es habe sich laut OGH also um eine friedlich geplante Versammlung gehandelt, im Laufe derer es zu einer Ausschreitung kam. Das allein reiche aber nicht aus, um eine Haftung der Organisatorinnen und Organisatoren zu begründen.

Keine generelle Haftung

2017 hatte der damalige Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) gefordert, für jede Versammlung einen Verantwortlichen zu benennen, der bei schuldhaftem Verhalten für Schäden haftbar sein soll. Ob Leiter und Ordner einer Demonstration auch nach geltender Rechtslage verantwortlich gemacht werden können, ist umstritten. Eine generelle Haftung könnte dazu führen, dass Veranstalterinnen und Veranstalter auch bei angezeigten und zulässigen Versammlungen einem massiven finanziellen Risiko ausgesetzt sind.

Leiter von Demonstrationen haften jedenfalls nicht automatisch für das Fehlverhalten von Protestierenden. Vielmehr muss den Veranstaltern selbst eine schuldhafte Handlung nachgewiesen werden, die der Grund für die Schäden ist. Die Rechtsprechung bejaht eine Haftung etwa dann, wenn die Versammlung nicht ordnungsgemäß bei der Behörde angezeigt wurde. (japf, 10.3.2021)