Die Pandemie deckte schonungslos verschiedene Fehler im System auf. Sei es in der Kommunikation, der Politik, dem Gesundheitswesen – und zuletzt auch im Straßenverkehr.

Wegen der Lockdowns und damit verbundener Ausgangsbeschränkungen nahm der Verkehr 2020 in Österreich ab. Damit gingen auch die Todeszahlen bei Verkehrsunfällen zurück. 338 getötete Menschen im Straßenverkehr verzeichnet die Statistik 2020, 18 Prozent weniger als 2019. Gleichzeitig stieg laut Experten aber die Anzahl der Getöteten bei einem Unfall, der auf überhöhte Geschwindigkeit zurückzuführen sei – weil die scheinbar leeren Straßen die Raser lockten.

Genau da setzt das neue Maßnahmenpaket an, das Verkehrsministerin Leonore Gewessler vorgestellt hat, von der Bundesregierung beschlossen wurde und ab Sommer gelten wird. Es gibt deutlich strengere Strafen für unbelehrbare Raser. Nein, es trifft nicht jene, die 130 km/h auf der Autobahn auch einmal 145 werden lassen, nicht jene, die ein bisserl zu flott in den Ort reinfahren. Es trifft genau jene, mit denen niemand eine Freude hat, außer sie selbst. Jene, die Menschen gefährden und die öffentliche Straße für eine wohlfeile Rennstrecke halten.

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Bald soll es deutlich strengere Strafen für Raser geben.
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Da gibt es nichts herumzudeuten. Nicht einmal an Extremsituationen, die einem da einfallen. Wer mehrmals mit 130 km/h in eine Ortschaft einfährt und dabei nicht bemerkt, dass da etwas nicht stimmt, dem muss geholfen werden.

Schon möglich, dass der eine oder andere Hollywoodfilm eine verklärte Romantik vom Rasen auf der Straße vermittelt. Aber als Rechtfertigung, andere Menschen zu gefährden, kann das nicht herhalten. Es ist schon gut, wenn man diese Unverbesserlichen – im wahrsten Sinne des Wortes – auf Schiene bringt und ihnen im Extremfall auch das Auto oder, wenn man es sehr überspitzt ausdrücken will, die Waffe wegnimmt. Ob das Paket der grünen Ministerin reicht, wird sich erst zeigen.

Vorteil für Umwelt

Andere Länder zeigen jedenfalls, dass ein rigoroses Vorgehen gegen Raser im Straßenverkehr wirkt. Die Unfallzahlen sinken, und nebenbei tut dies auch der Umwelt gut. Man denke nur an den erhöhten Spritverbrauch, den Lärm und die Feinstaubbelastung durch Reifenabrieb und geforderte Bremsen.

Dabei spricht kaum etwas dagegen, dass man seinen Boliden auch einmal im Grenzbereich bewegt. Das kann sogar sehr sinnvoll sein, weil man so sein Fahrzeug besser zu beherrschen lernt und in Notsituationen besser reagieren kann. Aber doch bitte nicht auf öffentlichen Straßen.

Dafür gibt es Fahrtechnikzentren im ganzen Land, wo man sich sogar noch Tipps holen kann, wie man noch besser wird. Oder Rennstrecken, in die man sich einmieten kann, wenn man meint, dass man eh schon der schnellste und beste Autofahrer der Welt ist. Dort kann man sich dann gleich mit denen messen, die wirklich etwas vom dynamischen Fahren verstehen. Auf dem Rundkurs wissen alle, worum es geht, es gibt keine Fußgänger oder Radfahrer, dafür Auslaufzonen und Ölbindemittel, falls man doch nicht so gut ist, wie man dachte.

Natürlich, so ein Tag auf der Rundstrecke oder im Fahrtechnikzentrum kostet Geld. Aber er bringt mehr, als er kostet. Und vor dem neuen Maßnahmenkatalog muss man das neu rechnen. Da kommt die Rennstrecke vielleicht doch billiger als die Kombination aus Strafe, Führerscheinentzug und neuem Auto. (Guido Gluschitsch, 10.3.2021)