Ein laufendes Compliance-Verfahren gegen "Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt wurde vom Springer-Konzern bestätigt.

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Berlin – Der Medienkonzern Axel Springer hat gegenüber seinen Mitarbeitern ein laufendes Compliance-Verfahren gegen "Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt bestätigt. Im Firmenintranet teilten Springer-Chef Mathias Döpfner und Vorstand Jan Bayer am Dienstag mit: "Es ist für uns schwer, zu diesem Zeitpunkt im Detail Auskunft zu geben. Das können und dürfen wir bei einem laufenden Compliance-Verfahren auch nicht."

Eine Compliance-Untersuchung in einer Firma zielt darauf ab zu prüfen, ob das Verhalten regelkonform war und die Richtlinien einer Firma eingehalten worden sind. In dem Intranet-Eintrag, der der Deutschen Presse-Agentur wie auch anderen Medien vorlag, hieß es zudem: "Die Untersuchung ist noch nicht abgeschlossen. Das bedeutet: Es liegt bisher kein Ergebnis vor, weder in die eine noch in die andere Richtung. Julian Reichelt bestreitet die Vorwürfe." Man wolle so viel Transparenz wie möglich. Man wolle, dass jeder ohne Angst auf mögliche Missstände und Fehlverhalten hinweisen könne. "Wir werden aber keine Form der Vorverurteilung zulassen."

Worum geht es, was wird dem Chef der großen deutschen Boulevardmarke vorgeworfen?Wie berichtet soll mit mehreren Mitarbeiterinnen Beziehungen gehabt haben. Der "Bild"-Chefredakteur soll diesen Mitarbeiterinnen während dieser Beziehungen Vorteile verschafft haben, Jobs etwa oder Aufträge für Reportagen und größere Storys. Sobald Reichelt diese Beziehungen beendet habe, seien die Mitarbeiterinnen aus seiner Umgebung entfernt worden und die Bevorzugung sei, so der Vorwurf, in Mobbing umgeschlagen.

Andeutungen von Jan Böhmermann

Der Medienkonzern äußert sich offiziell nach außen auf Anfragen nicht zu dem Verfahren. Losgetreten hatte das Ganze Jan Böhmermann in seiner Satireshow im ZDF am Freitagabend, in der er Andeutungen auf ein Verfahren gemacht hatte. Danach folgten Medienberichte. Der "Spiegel" berief sich am Montag auf Informationen, wonach es Vorwürfe von mehreren Beschäftigten gegen den 40 Jahre alten Reichelt gegeben haben soll.

Das Magazin schrieb von Machtmissbrauch und Ausnutzung von Abhängigkeitsverhältnissen. Im Intranet betonten Döpfner und Bayer, dem Konzern sei daran gelegen, eine unabhängige Aufklärung sicherzustellen. "Daher haben wir auch externe Experten hinzugezogen, die den Vorwürfen nachgehen." Der Eintrag schließt mit dem Satz: "Für uns ist wichtig, dass wir bald Klarheit haben."

Seit fast 20 Jahren bei Springer

Reichelt ist seit 2002 und damit seit fast 20 Jahren beim Konzern Axel Springer in unterschiedlichen Funktionen tätig. Im Februar 2017 wurde er neben seinem Posten als Chefredakteur Bild Digital zusätzlich Vorsitzender der "Bild"-Chefredaktion und trägt die übergeordnete redaktionelle Verantwortung der Bild-Marke. 2018 übernahm er dann zudem den Posten des Chefredakteurs Bild Print. (APA, dpa, red, 11.3.2021)