Kollegen und Kolleginnen, die ihr Gehalt vergleichen? Das ist in Österreich eine Seltenheit.

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Verdienen die Kollegen womöglich mehr als die Kolleginnen? Diese Frage sollte sich in Österreich zumindest in größeren Betrieben seit zehn Jahren klären lassen. Seit März 2011 müssen Unternehmen Einkommensberichte vorlegen, die über die geschlechterspezifische Gehaltsstruktur Auskunft geben. Eingeführt wurde diese Regelung gestaffelt nach der Größe der Unternehmen. Seit 2014 sind auch Betriebe ab 150 Beschäftigten aufgefordert, Einkommensberichte zu erstellen. Alle mit weniger Beschäftigten sind davon ausgenommen, obwohl es eine "Verpflichtung" im klassischen Sinn auch für die großen Betriebe nicht gibt.

Geldstrafen für säumige Betriebe

Die grüne Frauensprecherin und Nationalratsabgeordnete Meri Disoski will das ändern: Auch Betriebe ab 35 Beschäftigten sollen Einkommensberichte vorlegen. Und es soll Konsequenzen geben, wenn sie es nicht tun. Ziel der damaligen Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) war, mit der Regelung 2011 mehr Lohngerechtigkeit zwischen Männern und Frauen zu erreichen. Heute zeigt sich, dass der Erfolg des Lohntransparenzgesetzes überschaubar ist: Die Lohnkluft hat sich in zehn Jahren lediglich um 3,6 Prozentpunkte verringert. Disoski forderte daher um den diesjährigen Frauentag verschärfende Maßnahmen, dazu müssten auch Geldstrafen für säumige Unternehmen gehören, so Disoski auf Nachfrage des STANDARD.

Meri Disoski will sich am Lohntransparenzgesetz in Dänemark orientieren.
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Derzeit gibt es keine Sanktionen für Betriebe, die keine Berichte vorlegen. In Dänemark hat sich der Gender-Pay-Gap innerhalb von zehn Jahren, zwischen 2007 und 2017, um sieben Prozentpunkte verringert. Diese Verpflichtung heiße aber natürlich nicht, dass an einem schwarzen Brett Gehaltslisten aushängen müssten, meint Disoski. Auch in Dänemark müssen die Einkommensberichte wie in Österreich anonymisiert werden und ausweisen, was weibliche und was männliche Angestellte bekommen. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können diese Informationen einsehen.

Was ist "gleichwertig"?

Doch was ist mit dem schwierigen Vergleich zwischen den Jobs? Was bedeutet "gleichwertige Arbeit"? Auch hierfür nennt Disoski ein Land im Norden als Beispiel. Der isländische Gewerkschaftsbund weise darauf hin, dass ein und derselbe Arbeitgeber etwa die Kindergartenpädagogin nicht schlechter bezahlen dürfe als den Fahrer. Wenn beide zum Beispiel bei derselben Gemeinde angestellt sind, dann müssen sie gleich bezahlt werden, weil sie gleichwertige Arbeit verrichten. Eine Fracht von A nach B zu liefern darf nicht mehr wert sein, als Kinder sicher auf einen Spielplatz zu bringen. "Es geht also um Gehaltsunterschiede bei gleichwertiger Arbeit in ein und demselben Unternehmen", so Disoski.

Die grüne Frauensprecherin erinnert auch an das in der EU seit 1957 gültige Recht auf gleiche Entlohnung für gleichwertige Arbeit. Dass Österreich mit 19,6 Prozent Lohnschere zwischen Männern und Frauen EU-weit an drittletzter Stelle liegt, ist für Disoski "beschämend". Die durchschnittliche Lohnschere in der EU ist mit 14,1 Prozent weit niedriger. (Beate Hausbichler, 13.3.2021)