"Nach außen schaut alles in Ordnung aus", warnt Vergaberechtlerin Kathrin Hornbanger.

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Am Montag veröffentlicht die Medienbehörde die letzten Daten über Werbebuchungen öffentlicher Stellen 2020, im Jahr eins der türkis-grünen Regierung. 73 Millionen Euro addierte die SPÖ aus parlamentarischen Anfragen im Corona-Jahr. Im Hintergrund sucht die Regierung gerade Agenturen für ein noch größeres Werbevolumen.

Es geht um bis zu 210 Millionen Euro für Regierungswerbung über vier Jahre, davon 180 Millionen für Medienbuchungen. Das Auswahlverfahren für das größte Werbebudget der Republik und jedenfalls eines der größten in der Republik läuft gerade. Vergaberechtlerin Kathrin Hornbanger (Baker McKenzie) sieht daran einiges zu verbessern.

Die Regierung sucht über die Bundesbeschaffung GmbH (BBG) Media- und Werbeagenturen für Informationskampagnen. Den eindrucksvollen Rahmen von 180 Millionen für Medialeistungen und 30 Millionen für Kreation über vier Jahre erklärte man etwa mit dem insbesondere durch die Pandemie drastisch höheren Informationsbedarf. Und man betonte: Es geht um zwei Rahmenvereinbarungen mit jeweils drei Unternehmen von bis zu 180 plus 30 Millionen als Maximalvolumen. Die Opposition kritisierte den Werbegroßauftrag bis zum nächsten regulären Nationalratswahltermin scharf.

Rechtsanwältin und Vergabeexpertin Kathrin Hornbanger hat sachliche Bedenken: Die Bundesbeschaffung neige zur Vereinfachung bei ihren Ausschreibungen, beobachtet sie, wie etwa in den vergangenen Monaten auch bei der Anschaffung von Schutzausrüstungen gegen Covid-19 und Tests.

"Sehr simplifizierte" Vergaben

Folge der laut Hornbanger "sehr simplifizierten" Vergaben: Innerhalb einer Rahmenvereinbarung würde dann mit wenigen Ausnahmen – wohl auch weil bei den Anwendern das entsprechende Wissen nicht vorhanden sei – nur noch jener Anbieter beauftragt, der mit dem günstigsten Preis ins Rennen ging; andere kämen dann auch mit Rahmenvereinbarung kaum oder gar nicht mehr zum Zug, ein konkretes Angebot abzugeben.

"Nach außen, für den Laien, schaut das alles in Ordnung aus", erklärt Hornbanger: "Es wurde ja ausgeschrieben, es gibt mehrere Anbieter in der Rahmenvereinbarung. Aber das Ergebnis ist nicht, was das Vergaberecht verlangt." Leistungen seien auf Basis der Rahmenvereinbarung häufig nicht so einfach vergleichbar, bevorzugt würde damit im Ergebnis der Billigstbieter und nicht der Bestbieter, im Blick wären nicht die Gesamtkosten für ein konkretes Projekt.

So werden beim Abschluss der Rahmenvereinbarung etwa die Schaltkosten und Kosten für die Werbemittel nicht berücksichtigt, auch der tatsächliche Aufwand lässt sich erst beim konkreten Projekt feststellen. "Grundsätzlich sollte man Leistungen nach dem Bestbieterprinzip vergeben und nicht nach dem günstigsten Preis. Wenn praktisch nur der Preis ausschlaggebend ist – wie etwa nun bei den Mediaagenturleistungen –, umgeht das das Bestbieterprinzip."

Qualifikation durch Größe

Eine Rahmenvereinbarung will die Republik laut Ausschreibung nämlich auch mit den drei in der laufenden Vergabe bestgereihten Mediaagenturen schließen. Sie qualifizieren sich in diesem Verfahren zunächst vor allem durch die Größe (Buchungsvolumen), zudem mit Referenzaufträgen und Fachpersonal. Dann legen sie allgemeine Anbote, die zu 90 Prozent nach dem Preis (den Stundensätzen der Agentur) ausgewählt werden, zu zehn Prozent nach der garantierten Reaktionszeit der Agentur für Anfragen des Auftraggebers.

Die BBG hat schon im Frühjahr 2020 eine erste Rahmenvereinbarung abgeschlossen, auch hier stellte die Ausschreibung auf die günstigsten Agentursätze ab. Wavemaker aus der marktführenden Group M machte wie berichtet das Rennen bei den großen Corona-Kampagnen ("Schau auf dich, schau auf mich").

Die neue Ausschreibung verweist auf schon abgeschlossene Media-Rahmenvereinbarungen über Schaltleistungen – hier würde es in der aktuellen dann allein noch um Beratung gehen. "Das erklärt das bloße Abstellen auf die Stundensätze der Agentur", erklärt Hornbanger.

Aufruf zum Wettbewerb

Aber das neu ausgeschriebene Volumen geht deutlich darüber hinaus, also geht es auch um Buchung. Die Vergabeexpertin: "Hier wäre nach meiner Einschätzung dann die Durchführung eines Aufrufes zum Wettbewerb erforderlich, um das Bestangebot zu ermitteln." Das würde bedeuten, für konkrete Kampagnen innerhalb der großen Rahmenvereinbarungen noch einmal konkrete Angebote bei den drei Mediaagenturen einzuholen, um das "wirtschaftlich günstigste Angebot anhand des konkreten Projektes zu beurteilen". Also: Wer erreicht das Kommunikationsziel der konkreten Info-Kampagne mit seinem Medienschaltplan am besten und günstigsten?

"Die Kosten für die Mediaschaltung sollten berücksichtigt werden, darum geht es ja eigentlich", sagt die Juristin. Die Schlüsselfrage sei: "Wer bietet mir das beste Ergebnis mit einem Schaltvolumen von 180 Millionen Euro?"

Dagegen spreche auch nicht, dass sich die Republik die Letztentscheidung vorbehalte, welche Medien konkret wie gebucht würden. "Wenn Sie einen Arzt konsultieren, wollen Sie die beste fachliche Beratung über die Behandlung. Ob Sie sich dann operieren lassen, entscheiden aber Sie."

Wenig aussagekräftige Zuschlagskriterien

Die Ausschreibung über Kreativleistungen von bis zu 30 Millionen über vier Jahre verlangt die Erstellung eines Konzeptes, das 70 Prozent der Auswahlentscheidung ausmacht. "Allerdings ist das natürlich nur ein abstraktes Konzept", wendet Hornbanger ein. Die Zuschlagskriterien seien ihr zufolge hier "zu wenig aussagekräftig und eröffnen mit einem einmaligen abstrakten Konzept einen einfachen Weg zu wohl sehr diversen auch mehrstelligen Millionenaufträgen".

Sie hat hier "vergaberechtliche Bedenken": "Nach meiner Einschätzung kann auf der Basis der Rahmenvereinbarung kein Direktabruf erfolgen, da sich die Angebotspreise für ein konkretes Projekt und auch die konkreten Leistungen nicht aus der Rahmenvereinbarung ableiten lassen." Sie bezweifelt, dass ein Direktabruf auf Basis der Rahmenvereinbarung funktionieren könne. Für konkrete Kampagnen würden die wiederum drei für die Rahmenvereinbarung ausgewählten Kreativagenturen voraussichtlich "drei unterschiedliche Konzepte mit unterschiedlichem Zeitaufwand und unterschiedlichen Werbemittelkosten vorlegen".

Die Medienstelle der Bundesbeschaffungsagentur reagierte bisher nicht auf mehrere STANDARD-Anfragen nach dem Stand der Ausschreibungen. Die Ausschreibung des Mediaetats dürfte nach STANDARD-Infos zügiger vorangehen. Letzte Anbote sollten nach den Ausschreibungsunterlagen bis Mitte April vorliegen, Anfang Juni sollte die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden. (Harald Fidler, 12.3.2021)