In Österreich weiterhin im Einsatz: Astra Zeneca.

Foto: Imago

Nun gibt es also doch eine neue Unterbrechung in der europäischen Impfkampagne. Dänemark hat am Donnerstag als erstes EU-Land die Immunisierungen mit dem Vakzin von Astra Zeneca ausgesetzt. Grund sind Berichte über Blutgerinnungsstörungen bei Menschen, die das Vakzin erhalten haben. Auch Norwegen und Island zog nach. Österreich und mehrere andere EU-Staaten haben die Verimpfung einer bestimmten Impfcharge vorerst gestoppt.

Insgesamt wollen die österreichischen Behörden aber das Vakzin weiterhin einsetzen, wie am Abend mitgeteilt wurde. Die Arzneimittelbehörde EMA teilte schon am Mittwoch mit, sie sehe vorerst keinen Zusammenhang zwischen der Impfung und den Erkrankungen.

Derweil gibt es aber auch gute Nachrichten: Der Impfstoff von Johnson & Johnson wurde von der EMA zugelassen.

Frage: Wieso hat Dänemark die Verimpfung des Astra-Zeneca-Vakzins gestoppt?

Antwort: Premierministerin Mette Frederiksen spricht von einer Vorsichtsmaßnahme. Nach mehreren Fällen von Blutgerinnungsstörungen bei Geimpften in Europa, auch in Österreich, untersucht man in Dänemark einen Todesfall in diesem Zusammenhang. Dafür, dass die Impfung die Symptome ausgelöst hat, gibt es bisher keine Belege. Grund für die auf 14 Tage begrenzte Vorsichtsmaßnahme ist die zeitliche Abfolge von Impfung und Krankheit.

Frage: Aber ist dieser Impfstoff nicht schon millionenfach verabreicht worden?

Antwort: In Europa sind bisher rund 15 Millionen Dosen verimpft worden, der Großteil davon (9,7 Millionen) in Großbritannien. Dort wird auch sehr genau Buch geführt. Unter der Rubrik "Blutprobleme" finden sich nach der jüngsten Aktualisierung vom 8. März 1.098 Einträge, die meisten betreffen Lymphdrüsenschwellungen (904). Ein einziger Fall einer Thrombozytopenie (das ist ein Mangel an Blutplättchen) verlief tödlich.

Frage: Gibt es eine Reaktion aus Österreich?

Antwort: Bisher ist eine Impfcharge vorläufig aus dem Umlauf genommen worden. Mit weiteren Reaktionen war man am Donnerstag sehr zurückhaltend. Das zuständige Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) teilte mit, man prüfe die Sache. Für Nachmittag war eine Sitzung mit den Landesgesundheitsräten angesetzt. Danach gaben BASG, EMA und das österreichische Gesundheitsministerium gemeinsam bekannt: Man werde hierzulande weiterhin auf das Vakzin setzen. Es habe eine "klare Entscheidung" dafür gegeben, heißt es in einer Aussendung. Der Nutzen der Impfung sei eindeutig belegt, jeder Impfstoff durchlaufe in der EU ein präzises Zulassungsverfahren. Und: "Es gibt keinen Hinweis, dass nach einer Corona-Schutzimpfung mehr venöse thromboembolische Ereignisse auftreten als bei ungeimpften Personen. Die Europäische Arzneimittelagentur hat dies soeben erneut bestätigt", steht dort unter Bezug auf eine entsprechende Mitteilung der EMA. Auch Deutschland wolle das Vakzin weiterhin verimpfen, wird dort festgehalten.

Frage: Was sagen Experten dazu?

Antwort: Ein Zusammenhang werde nicht einfach festzustellen sein, sagt Florian Krammer, Professor für Impfstoffkunde an der Icahn School of Medicine at Mount Sinai in den USA, zum STANDARD. Die Inzidenz bei Blutgerinnungsstörungen in Europa sei hoch, sie liege bei 60 bis 70 Fällen pro 100.000 Menschen im Jahr. Die Erkrankungen können also viele Ursachen gehabt haben. "Die Sache muss jetzt untersucht werden." Währenddessen die Verimpfung des Serums auszusetzen, wie das in Dänemark geschehen ist, sei eine mögliche Reaktion. Für das "ohnehin ramponierte" Image des Vakzins in der EU sei sie natürlich nicht gut. Fakt sei, dass alle Impfungen Nebenwirkungen haben. Die Frage sei, wie häufig sie seien.

Frage: Wie viele Impfdosen wurden insgesamt nach Österreich geliefert?

Antwort: Mit Stand Donnerstag kamen bisher 1,28 Millionen Impfdosen an. Konkret waren es 878.085 Dosen von Biontech/Pfizer, 326.400 von Astra Zeneca und 73.200 von Moderna. Erfreulicherweise werden die Lieferungen größer: Allein in dieser Kalenderwoche 10 (8. bis 14. März) sind es insgesamt 295.080 Impfdosen, wie es zum STANDARD aus dem Gesundheitsministerium heißt. Insgesamt werden für März 750.000 Dosen erwartet. Außerdem hat die EMA am Donnerstag das Vakzin von Johnson & Johnson zugelassen. Dieses muss nur einmal verabreicht werden und kann bei Kühlschranktemperaturen gelagert werden. Erste Lieferungen nach Österreich werden aber nicht vor April erwartet.

Frage: Wie steht es mit der Impfkampagne?

Antwort: Bis einschließlich Mittwoch wurden laut Dashboard des Gesundheitsministeriums rund 887.000 Impfungen im E-Impfpass eingetragen. 631.000 Menschen erhielten den Erststich, 256.000 Personen haben die für einen guten Impfschutz notwendigen Impfdosen erhalten. Das bedeutet aber auch, dass bislang fast 400.000 Impfdosen, die bereits im Land sind, noch nicht verimpft worden sind.

Frage: Hapert es an der Impfgeschwindigkeit?

Antwort: Das Gesundheitsministerium verneint einen Impfstau. Die Lieferung der Impfstoffe erfolge punktuell – "und die Impfungen danach kontinuierlich", heißt es. So wurden erst am vergangenen Dienstag mehr als 190.000 Dosen geliefert. Demnach müssten die durchgeführten Impfungen in den kommenden Tagen in Österreich aber sprunghaft ansteigen – und den bisherigen Rekord pulverisieren. Dieser liegt bei 31.000 Impfungen an einem Tag (5. März). In den kommenden Tagen rechnet das Ministerium auch wieder vermehrt mit Zweitimpfungen, die geplant sind.

Frage: Sind die Bundesländer gerüstet? Kann dort die größer werdende Menge an verfügbaren Impfdosen zeitnah verimpft werden?

Antwort: Laut einer Umfrage der Ärztekammer (ÖÄK) sind mehr als 4.000 niedergelassene Vertragsärzte bereit für die Impfung der Bevölkerung. Dazu kämen noch viele Wahlärzte. "Alles, was wir noch brauchen, ist der Impfstoff, dann schaffen wir die Durchimpfung der Bevölkerung", sagte ÖÄK-Vizepräsident Johannes Steinhart. Die Immunisierungen könnten in Ordinationen, Impfstraßen oder lokalen Impfverbänden wohnortnah stattfinden. Bisher erhielt fast genau die Hälfte aller über 85-Jährigen zumindest den Erststich. (Irene Bricker, Manuel Escher, David Krutzler, Klaus Taschwer, 11.3.2021)