Im Konzert mit Dänemark, den Niederlanden und sechs weiteren EU-Ländern will Österreich erreichen, dass der klassische Auspuff von der EU ein Ablaufdatum bekommt.

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Wien – Umweltthemen werden zunehmend zur Belastung für die Koalition. Nach der handstreichartigen Anhebung der Normverbrauchsabgabe im November wurde die ÖVP nun vom Wunsch nach dem Aus für Verbrennungsmotoren kalt erwischt. Zwar wird in dem von Österreichs Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) und acht anderen EU-Ländern nach Brüssel geschickten Begehr nach Festlegung eines konkreten Ausstiegsdatums kein konkreter Vorschlag gemacht.

Allein der Brief zeuge aber von schlechtem Stil, verlautet aus der ÖVP-Fraktion im Nationalrat. Konkret zu Wort melden wollte sich dazu am Donnerstag niemand, man wolle das Klima nicht weiter vergiften, heißt es.

Importeure verärgert

Klarer drückten ihren Unmut die Automobilimporteure aus. Mit Anreizen sei man erfolgreicher als mit Verboten. Außerdem sei es nicht klug, weil noch nicht feststehe, wie künftige Technologien aussähen. Synthetische Kraftstoffe beispielsweise wären CO2-frei, daher sei ein Auslaufdatum für den Verbrennungsmotor nicht sinnvoll, sagte der Sprecher der Automobilimporteure in der Industriellenvereinigung, Günther Kerle. "Die Automobilindustrie ist bestrebt, den CO2-Ausstoß des Verkehrssektors signifikant zu senken", alle Hersteller setzten auf elektrifizierte Antriebe und Zero-Emission, um die strengen CO2-Vorgaben der EU zu erfüllen. Um Innovationen sicherzustellen und den Standort zu stärken, sei vielmehr technologieoffene Forschung und Entwicklung notwendig, schlägt Kerle vor.

Der Brief nach Brüssel wird Verkehrsministerin Leonore Gewessler als schweres Foul angelastet.
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In dem inoffiziellen Papier, einem sogenannten Non-Paper, das die diplomatische Vertretung der Niederlande in Brüssel am Mittwoch veröffentlichte, sind Österreich, Belgien, Dänemark, Griechenland, Malta, Irland, Litauen, Luxemburg und die Niederlande als Absender genannt. Sie appellieren darin an die Europäische Kommission, konkrete Maßnahmen zum Erreichen der Klimaneutralität im Verkehrssektor bis 2050 zu formulieren.

Wunschdatum?

Ein genaues Wunschdatum nennt Gewessler wohlweislich nicht. Sie verweist lediglich auf die Bandbreite zwischen dem Jahr 2025, in dem Norwegen aus dem Verbrennungsmotor raus will, und 2040, das Frankreich anpeilt. "Aus meiner Sicht macht es jetzt Sinn, diese Diskussion auf die europäische Ebene zu heben, um einheitliche Regeln auch hier vorzusehen, und das war die Aufforderung, die wir heute an die Kommission gesendet haben, betonte die Ministerin im Ö1-Mittagsjournal.

Offen ist freilich, ob dieses angepeilte Zulassungsverbot auch den Export von Diesel- oder Benzinaggregaten umfassen soll. Einige US-Bundesstaaten peilen erst 2050 als Ausstiegsdatum aus dem Verbrennungsantrieb an und der große Rest der Welt hat sich bis dato überhaupt nicht festgelegt. In diesem Sinne wird der Vorstoß in der Industrie als Vertreibung der Automobilhersteller bezeichnet. Bis der europäische Fahrzeugbestand von aktuell rund 270 Millionen Kfz geschafft sei, brauche es zur Verbesserung der CO2-Bilanz vor allem effizientere Verbrennungsmotoren und neue Kraftstoffe.

Gewesslers Vorgänger, FPÖ-Chef Norbert Hofer schäumte und verwies ebenfalls auf E-Fuels. "Es wäre ein fataler Fehler, bei einer Perspektive für die Zukunft den Verbrennungsmotor auszublenden", so Hofer. Die CO2-Bilanz könne nur dann verbessert werden, wenn auch die bestehende Fahrzeugflotte des Landes berücksichtigt werde. (ung, APA, dpa, 12.3.2021)