Peter Patzak im Februar 2012 während eines Interviews mit der Austria Presse Agentur.

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Der Gemüsehändler Karl Kassbach gab als Leibspeise Erbsen mit Speck an, "des könnt’ i essen bis zur Vergasung". Aber auch für einen Bauernschmaus nahm er gern einmal einen längeren Weg auf sich. Sein Vorname konnte in Österreich als programmatisch gelten: Karl Kassbach, zuerst eine Figur in einem Roman von Helmut Zenker, dann in der Verfilmung durch Peter Patzak im Jahr 1978, war ein weiterer Herr Karl. Nur mit dem Unterschied, dass bei ihm die Radikalität auch praktisch wurde.

Ein gewaltbereiter Rechtsextremer hinter der Maske eines ganz normalen Österreichers, damit konfrontierte Kassbach seinerzeit ein Publikum, das sich gerade erst auf Herausforderungen in Film und Fernsehen einzustellen begann.

In den 70ern schon legendär

Für Peter Patzak war es der Versuch, sich die höheren Weihen des Kinos zu verdienen. Denn im Fernsehen war er Ende der 70er-Jahre schon legendär: Seit 1976 lief im ORF die Serie "Kottan ermittelt", entwickelt von ihm und Zenker. Mit Ermittlungen, die von größerer Dummheit geprägt waren, als irgendeine Polizeibehörde dieser Welt erlaubt, wurde da das Verbrecherische an Wien freigelegt. Es wurde aber auch ironisch entschärft.

Dass es dagegen Widerstand aus der richtigen Polizei gab, die sich naturgemäß verarscht fühlte, wird gerade Peter Patzak nicht überrascht haben. Er wuchs, geboren in Wien am 2. Jänner des Befreiungsjahrs 1945, als Sohn eines Polizeimajors auf, seine Lebensgeschichte und sein künstlerischer Werdegang sind beispielhaft für die Emanzipationsbewegungen, von denen Österreich seit Mitte der 60er-Jahre für zwei, drei Jahrzehnte geprägt wurde.

Skizziertes Genrekino

Patzak versuchte sich anfangs vor allem als Maler, der experimentelle Film His Bag (1968) entstand quasi nebenbei, trug ihm aber gleich eine Einladung nach New York ein. Zwei Jahre blieb er in den USA. Nach der Rückkehr drehte er in Wien, nach einem Drehbuch des späteren STANDARD-Gründers Oscar Bronner, "Die Situation", einen eigentlich unmöglichen Film, denn damals gab es noch keine Förderung, und die alten kommerziellen Strukturen waren zusammengebrochen. Ein Bankräuberfilm mit dem internationalen Star Rita Tushingham in der Hauptrolle.

Patzak vermochte damals ein Umfeld für Film zu begeistern, es folgten – alles in der Zeit, in der auch Kottan allmählich Gestalt annahm – der hochinteressante Thriller "Parapsycho – Spektrum der Angst" (1975) und ein Jahr später Zerschossene Träume.

Die Nähe der Bilder

Patzak machte damals wohl ein paar Sprünge zu viel, denn für den Typus des internationalen Genrekinos, den er mit den genannten Filmen eher skizzierte als ausarbeitete, fehlte damals in Österreich wie in Deutschland eine tragfähige ökonomische Grundlage. Dass man ihn aber für einen Regisseur mit Potenzial hielt, geht aus einer prestigereichen Literaturverfilmung wie "Das Einhorn" (1978, nach Martin Walser) oder später aus dem Krimi "Der Joker" (1987, mit Peter Maffay in der Hauptrolle) hervor.

Zu dem enormen Arbeitspensum kam ab 1993 auch noch eine Regie-Professur an der Filmakademie hinzu, die er bis 2013 innehatte. In seiner Herangehensweise an das Medium war er sicher eher pragmatisch, eine ausgeprägte Stilistik wird man in Filmen von Peter Patzak nicht leicht finden. Aus seiner späteren Phase wären der Ausstattungsfilm "Hotel Shanghai" (1996, nach Vicki Baum) oder "Schmetterlingsgefühle" (1997, mit Hannelore Elsner) hervorzuheben.

Sein öffentliches Leben

Patzak war aber auch immer eine Person des öffentlichen Lebens, man kannte ihn aus Gastauftritten zum Beispiel in Franz Novotnys "Exit – Nur keine Panik," aber auch aus den Seitenblicken. Wenn man ihn zwischendurch einmal fragte, was ihm künstlerisch am meisten bedeutete, nannte er immer wieder die Malerei: "Ich lebe in der Nähe der Bilder." Im Vorjahr hatte er unter dem Titel "Aus dem Archiv der Bilder" noch eine Ausstellung im Kunstforum Wien, wo er ein Jahr davor auch aus Anlass der großen Schau des Malers Pierre Bonnard gesprochen hatte.

Am Donnerstag ist Peter Patzak im Alter von 76 Jahren nach einer Herzoperation im Krankenhaus Krems gestorben. (Bert Rebhandl, 12.3.2021)