Damit aus einer Idee auch ein innovatives Projekt werden kann, braucht es Freiräume zum Entfalten. Gesellschaftliche Herausforderungen können nur gemeinsam gelöst werden.

Foto: imago images/Westend61

Lösungsvorschläge für gesellschaftliche Herausforderungen anzubieten ist von jeher Kernaufgabe von SOS-Kinderdorf. "Um als Organisation relevant zu bleiben, war SOS-Kinderdorf schon immer gefordert, die gesellschaftlichen Veränderungen und Problemstellungen anzunehmen", sagt Johannes Völlenklee, seit eineinhalb Jahren Innovationsbeauftragter bei SOS-Kinderdorf. Durch die aktuelle Krise hätten aber die Problemstellungen eine neue Dynamik bekommen und auch den Druck verstärkt, ständig neue Lösungen zu entwickeln.

Um innovative Angebote entwickeln zu können, braucht es – und darin unterscheiden sich Non-Profit-Unternehmen (NPO) nicht vom Profit-Bereich – vor allem Freiräume. Und hier sind NPOs besonders gefordert, denn das finanzielle Korsett ist bei vielen sozialen Einrichtungen sehr eng. "Wir bei SOS-Kinderdorf haben dafür immerhin ein kleines Budget", ergänzt Völlenklee. Die Mitarbeiter seien in der Organisation auch wichtige Treiber für soziale Innovationen. "Sie sind nah dran und bekommen direkte Rückmeldungen."

Sei es in einer der 247 SOS-Kinderdorf-Familien, in betreuten Wohngruppen für Kinder und Jugendliche, in denen 2019 mehr als 1500 Kindern und Jugendlichen ein Zuhause fanden, oder in den SOS-Ambulatorien in Wien und Kärnten. Daneben bietet SOS-Kinderdorf auch mobile Hilfe für Familien in besonders belastenden Lebenssituationen an. 2019 wurden mehr als 1550 Personen mobil betreut. Auch der Notruf Rat auf Draht gehört zum Angebot von SOS-Kinderdorf. Mehr als 87.000-mal wurde 2019 auf den unterschiedlichen Kanälen mit dem Notruf Kontakt aufgenommen.

Neue Angebote

In den letzten Jahren sind durch Initiativen der Mitarbeiter neue Betätigungsfelder von SOS-Kinderdorf entstanden. Als Beispiel nennt Völlenklee die "Rat auf Draht Elternseite". Das Angebot von "Rat auf Draht" für Kinder und Jugendliche, als Teil von SOS-Kinderdorf, wurde um eine Elternplattform erweitert. Auf unterschiedlichen Kanälen können sich nun auch Eltern umfassend und professionell beraten lassen. Innovation sei bei SOS-Kinderdorf sehr dezentral verankert, sie kommen beispielsweise von den Mitarbeitern der Wohnangebote.

"Viele Ideen sind es wert, weitergedacht zu werden. Man muss aber auch kleine Schritte ermöglichen." Jeder Mitarbeiter könne neue Projekte einreichen, sagt Völlenklee. Im nächsten Schritt werde dann gemeinsam mit dem Vorgesetzten überlegt, wie diese Idee operativ umgesetzt werden können – von der Unterstützung bei Förderungen und Ähnlichem, aber auch bei der Kommunikation. Dann heißt es ausprobieren. "Wenn, so wie jetzt im Lockdown, eine mobile Betreuung nicht mehr möglich ist, müssen andere Wege ausprobiert werden, um Kontakt halten und Unterstützung anbieten zu können."

Für den Erfolg essenziell sei, dass neue Angebote von innen entwickelt werden – für SOS-Kinderdorf heißt das, dass auch Kinder und Jugendliche von Anfang an miteinbezogen sind – und sie nicht erst dann abgeholt werden, wenn das Projekt schon vor der Umsetzung steht.

Unternehmerisches Denken gehöre – und auch darin unterscheiden sich Innovationen aus dem Non-Profit-Bereich nicht wesentlich von denen aus dem Profit-Bereich – bei der Weiterentwicklung dazu. "Die Elternseite soll sich mittelfristig selbst tragen, oder auch unser Secondhand-Online-Shop Babäm! soll sich selbst finanzieren."

Stärker zusammenarbeiten

Neben den Innovationen, die der eigenen Organisation neue Möglichkeiten erschließen, können gesellschaftlichen Herausforderungen nur gemeinsam gelöst werden. Eine Herausforderung dabei sei, sich als Organisation zu öffnen und noch stärker mit anderen NPOs zusammenzuarbeiten und gemeinsam Projekte zu initiieren. Ein solches Projekt hat SOS-Kinderdorf mit dem Social Innovation Lab gestartet. Gemeinsam mit der Innovationsplattform Setup arbeiten zehn Teams an sozialen Innovationen von der Klimaschutz-App bis zur Werkstatt, in der Senioren und Kinder gemeinsam basteln. Die Teams bekommen Unterstützung von Social-Business-Experten bei der Weiterentwicklung ihres Geschäftsmodells sowie für die Unternehmensgründung. (Gudrun Ostermann, 16.3.2021)