Ein Drittel aller Gasthäuser und Gastrobetriebe in Vorarlberg (wie am Bild in Schruns) öffnet an diesem Montag.

Foto: JOHANN GRODER

Wer sich zur Wiedereröffnung der Gastronomie im Ländle schon auf ein kühles Bier in der Frühlingssonne gefreut hat, wurde am Montag enttäuscht: Fast im ganzen Land fiel Schnee oder Regen, dazu gab es grauen Himmel und kalten Wind. Für die Gastronomiebetriebe zwar ärgerlich, aber dennoch kein Totalausfall: Immerhin dürfen sie sowohl die Gastgärten als auch den Innenraum für Gäste öffnen. Die guten Zahlen im Ländle machen die Einrichtung der "Modellregion" möglich, die erst am Freitag mit allen Details feststand.

Auf dem Blauen Platz im Zentrum der Gemeinde Lustenau hält auch das schlechte Wetter die Menschen nicht vom Getränk im Freien ab, Heizstrahler sei Dank. Schon am späten Vormittag trudeln immer wieder Gäste bei der Pizzeria Azzura und der Bar Italy direkt daneben ein. Draußen sind neben den Heizstrahlern auch ein paar Stehtische aufgestellt, drei Gäste rauchen eine Zigarette, die Stimmung ist gelöst. Drinnen läuft Rihanna und Fußball, verstreut sitzen Gäste an Tischen, Kaffee oder Bier vor sich.

"Teilweise halten uns die Gäste schon beim Eingang den Zettel mit dem Testergebnis hin, mit einem Grinsen im Gesicht", sagt Kellnerin Andrea Petrunic, und lächelt dabei selber. Nach dem Vorzeigen des negativen Ergebnisses müssen sich die Gäste am Platz noch registrieren, entweder mittels QR-Code, wer lieber ein analoges Formular ausfüllt, hat auch diese Möglichkeit. Petrunic ist gut drauf, der Schmäh mit den Stammkunden läuft schon wieder, als hätte es nie eine Pause gegeben. Dabei waren die Lokale jetzt über vier Monate geschlossen. Und die strikten Regeln, sind die nicht zu mühsam? Petrunic schüttelt den Kopf. "Immer nur schnorra und nix tua" – schimpfen und nichts ändern – das gehe auch nicht.

Mehrheit der Gastrobetriebe bleibt geschlossen

Das sieht auch ihr Chef, Marcel Lerch, so. Er betreibt nicht nur die Pizzeria und die Bar, sondern noch drei weitere Lokale in ganz Vorarlberg, die alle seit Montag geöffnet sind. "Ich will zeigen, dass eine vorsichtige Öffnung funktionieren kann." Lerch ist in der Minderheit. Einer Umfrage der Wirtschaftskammer zufolge sperrt nur etwa ein Drittel der Gastrobetriebe auf. Gerade kleinere Betriebe stoßen aufgrund der Vorgaben an räumliche oder betriebswirtschaftliche Grenzen.

Auch Lerch gibt zu, dass das Aufsperren wirtschaftlich "uninteressant" sei. "Aber ich will nicht nur an die Zahlen denken. Mir ist es einfach wichtig, dass das Personal wieder arbeiten kann, denen ist die Decke auf den Kopf gefallen."

Die Vorgaben sind klar: Zwei Meter Abstand zwischen den Tischen, an denen maximal vier Erwachsene aus maximal zwei Haushalten Platz nehmen können. Es besteht Maskenpflicht auf dem Weg zum Platz, die Gäste müssen sich registrieren und negativ getestet sein – mit PCR- oder Antigen-Test. Ein Wohnzimmer-Test ist nicht ausreichend, obwohl es sich Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) ursprünglich so gewünscht hatte. Bei zähen Verhandlungen mit dem Bund musste Wallner schließlich aber einlenken.

Im Foyer Reichshofsaal in Lustenau werden die "Wohnzimmertests" ausgehändigt.
Foto: Miro Kuzmanovic

Dennoch wurden am Wochenende hunderttausende Selbsttests ins Ländle geliefert. Denn für Trainings, den Besuch von Jugendzentren und Selbsthilfegruppen oder einer Veranstaltung reicht auch der selbst durchgeführte Test aus, er gilt 24 Stunden. Das Ergebnis muss mittels QR-Code hochgeladen und dann vorgezeigt werden.

Wie die Tests an den Mann oder an die Frau gebracht werden, konnte man Montagfrüh beispielsweise im Lustenauer Reichshofsaal beobachten. Pünktlich um acht Uhr stehen schon die ersten Leute vor der Tür. Karin Gauweiler vom Bürgerservice der Gemeinde erklärt geduldig das Prozedere: "Ja, man kann für die ganze Familie Tests mitnehmen. Nein, mit denen kann man nicht ins Gasthaus." Viele, die kommen, denken aber ohnehin nicht an den Wirtshausbesuch – so auch Sigrid Weber, die eine große Tasche mit Tests für die ganze Familie befüllt. "Die Kinder werden in der Schule am Vormittag getestet, und am Nachmittag brauchen sie einen neuen Test für den Hallensport – das versteht doch kein Mensch", sagt sie kopfschüttelnd.

Chaotischer Neustart für die Kultur

Neben Gastronomie und Sport betreffen die Öffnungen auch den Vorarlberger Kulturbetrieb. "Chaotisch" schaue es derzeit noch aus, sagt Sabine Benzer vom Theater am Saumarkt in Feldkirch, "wie bei allen vermutlich". Das Team der Kulturinstitution in Feldkirch darf nun unter Beweis stellen, wie flexibel es auf die eben in Kraft getretenen Öffnungsschritte reagieren kann. Aber das hängt eben nicht nur von ihm ab: "Viele Bands haben schon abgesagt, weil sie es mit den Proben nicht mehr schaffen." Das abgeblasene Kulturprogramm muss jetzt wieder rasch auf die Beine gestellt werden, "aber mit den ganzen Auflagen fragen wir uns einfach, was überhaupt Sinn macht". Benzers vorläufige Antwort: Kinderveranstaltungen am Wochenende sowie Lesungen am Sonntagvormittag, unter der Woche sei es mit der 20-Uhr-Ausgangssperre schwierig.

Das Café Zanona in Feldkirch wird auch weiterhin Takeaway anbieten.
Foto: Elisa Tomaselli

Wie viele Vorarlberger die Öffnungsangebote überhaupt annehmen, wird sich erst im Laufe der Woche zeigen. Am Montagvormittag sind im Feldkircher Café Zanona jedenfalls die Stühle noch leer. Die dreiköpfige Familie, die gerade frühstückt, ist darüber regelrecht verärgert. "Ich hätte mir schon mehr Solidarität von der Bevölkerung erwartet", sagt der Mann. Besitzerin Martina Häusle zeigt sich geduldiger: Über Mittag seien sie schon gut gebucht, auch für den (frühen) Abend und die restliche Woche gebe es einige Reservierungen. Dennoch glaubt sie nicht, dass der Andrang groß sein wird. "Die meisten wollen sich einfach nicht jeden zweiten Tag testen lassen." (Lara Hagen, Elisa Tomaselli, 15.3.2021)