Die ökosoziale Steuerreform sollte die Krönung des Besten aus beiden Welten sein. Doch die Umsetzung der türkis-grünen Klimapläne geht nur schleppend voran. Zwar wurden im Vorjahr schon erste Schritte gesetzt, um Österreichs Steuersystem nachhaltiger zu gestalten, insgesamt hinkt die Umsetzung aber deutlich dem ursprünglichen Plan hinterher. Dabei steht das wahre Mammutprojekt, die CO2-Steuer, noch aus. Bis Jahresende will die Regierung eine Kostenwahrheit beim Treibhausgasausstoß schaffen. Wie weit die Pläne dazu fortgeschritten sind, ist nicht bekannt.

Wie ein CO2-Preismodell aussehen könnte und wie hoch der Preis sein müsste, überlegt sich seit mehr als einem Jahr die "Taskforce Ökosteuerreform". Über das Gremium, dem Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) und Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) vorsitzen, ist kaum etwas bekannt: Mehrere Anfragen des STANDARD zu Arbeitsprozessen und Protokollen aus den Sitzungen blieben erfolglos. Nun hat die SPÖ zwei parlamentarische Anfragen an die zuständigen Minister eingebracht, um mehr über das Vorgehen der Arbeitsgruppe in Erfahrung zu bringen.

Kaum Einsicht

Doch auch die Antworten aus den Ministerien bringen kaum Transparenz. Die Fragen nach der Anzahl der bisherigen Sitzungen, deren Teilnehmern oder den dort bisher erteilten Umsetzungsaufträgen blieben unbeantwortet. Blümel brachte zu Protokoll, dass die Taskforce sich laufend ihrer Aufgabenstellungen widme – und zwar "in unterschiedlicher Zusammensetzung und unter Beiziehung verschiedenster Organisationseinheiten".

Auch Gewessler wurde nicht konkreter: Der ursprünglich vorgesehene Arbeitsmodus mit physischen Treffen sei Corona-bedingt nicht möglich, man habe dafür "einen flexiblen Austausch adaptiert". Wie oft, in welcher Konstellation und zu welchen Inhalten sich die Gruppe dabei austauschte, ließ die grüne Politikerin offen.

Sie sind für die Taskforce verantwortlich: Gernot Blümel und Leonore Gewessler.
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Auch die Beteiligung externer Experten hat laut Gewessler Corona-bedingt nur in eingeschränkter Form stattgefunden. Ideen seien allerdings in bilateralen Gesprächen ausgetauscht worden, heißt es weiter. Dass es informelle Gespräche gab, kann Johannes Wahlmüller, Klimasprecher der Umweltorganisation Global 2000, bestätigen. Aber: "Es gab keinen transparenten, öffentlichen Beteiligungsprozess."

Kritik an der mangelnden Transparenz kam auch von Julia Herr, die die parlamentarischen Anfragen eingebracht hat. Die SPÖ-Politikerin ortet einen "Stillstand" in Sachen Ökosteuerreform und kritisiert die mangelnde Einbindung von Stakeholdern und der Zivilgesellschaft. Die Zuständigkeit würde hin- und hergeschoben werden und sei "völlig diffus", meint die rote Klimasprecherin. "Von einem ‚Gemeinsam gegen die Klimakrise‘ kann bisher keine Rede sein."

Neue Studie statt Liste

Auch die nach wie vor ausstehende Liste klimaschädlicher Subventionen und Förderungen, wie zum Beispiel das Dieselprivileg, wurde in den Anfragen thematisiert. Die Auflistung hätte eigentlich von der ÖVP-FPÖ-Regierung bis Juli 2019 vorgelegt werden sollen, wurde aber nie veröffentlicht.

Spätestens 2040 soll Österreich laut Regierungsabkommen klimaneutral sein. Die Ökosteuerreform soll das Land auf den Weg dorthin bringen, doch deren Umsetzung geht nur langsam voran.
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Dabei geht es um Milliarden: Das Wirtschaftsforschungsinstitut errechnete vor fünf Jahren, dass klimaschädliche Subventionen in Österreich pro Jahr bis zu 4,7 Milliarden Euro ausmachen. Rund zwei Drittel davon seien auf nationaler Ebene gestaltbar, heißt es in der Studie. Die Zahl sei nach wie vor eine solide Grundlage, meint Studienautorin Angela Köppl. Allerdings wurden in jener Auflistung einige Bereiche, wie etwa die Land- und Forst- oder die Abfallwirtschaft nicht berücksichtigt. Insgesamt dürfte der Wert also viel höher sein, wie auch mehrere mit der Materie Vertraute dem STANDARD bestätigten.

Und dennoch hat Türkis-Grün nach wie vor keine Liste vorgelegt. Die Regierungsparteien haben sich die Frist vielmehr verlängert: ÖVP und Grüne wollen bis Juli 2021 – und damit zwei Jahre nach dem ursprünglichen Datum – eine entsprechende Studie vorlegen. Darin soll nicht nur Eurobeträge enthalten sein, sondern auch die mögliche Emissionsreduktion durch die Abschaffung der Förderungen. (Nora Laufer, 16.3.2021)